Studentenexperimente gingen in die Luft
Redaktion
/ Pressemitteilungen des DLR astronews.com
12. Oktober 2009
Am Wochenende starteten vom europäischen Raketen- und Ballonstartplatz
Esrange bei Kiruna in Schweden zwei Forschungsballons mit
Studentenexperimenten an Bord. Ein Experiment der Universität Rostock nahm
dabei fast den gesamten Platz in der Gondel des Ballons BEXUS 8 ein. Mit ihm
sollten Turbulenzen in der Atmosphäre untersucht werden.
Der BEXUS 8-Ballon hebt vom Boden ab.
Bild: DLR |
Am Samstag startete der Forschungsballon BEXUS 8 vom europäischen
Raketen- und Ballonstartplatz Esrange bei Kiruna in Schweden. In seiner
Gondel befand sich ein Experiment von Studenten der Universität Rostock
zur Messung atmosphärischer Turbulenzen. BEXUS 8 ist der erste von zwei
Ballons der diesjährigen BEXUS-Studentenkampagne des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Schwedischen Nationalen
Raumfahrt-Behörde SNSB (Swedish National Space Board) in Zusammenarbeit
mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Auch der Start von BEXUS
9 war für das Wochenende geplant.
Die beiden Ballonflüge sind die Höhepunkte des Studenten-Forschungsprogramms
BEXUS (Ballon-EXperimente für Universitäts-Studenten), auf die die teilnehmenden
Studenten seit fast einem Jahr hingearbeitet haben. BEXUS 8 landete nach fast
dreieinhalbstündigem Flug 153 Kilometer entfernt in Finnland und erreichte eine
Flughöhe von etwa 27.600 Metern. Für BEXUS 9 wurde ein ähnliches Flugprofil
erwartet.
Via Telemetrie überwachen fast alle Studententeams ihre Experimente während
des Flugs und erhalten so umgehend die ersten Daten. Nach der Landung am
Fallschirm werden die Ballongondeln mit den Experimenten geborgen und zurück zum
Startplatz und den Studenten gebracht. Erst jetzt können sie herausfinden, ob
Geräte und Ausrüstung, die sie für die Auswertung benötigen, die Landung gut
überstanden haben.
Für die diesjährige BEXUS-Forschungskampagne haben sich sechs Studententeams
von sieben europäischen Universitäten qualifiziert. Sie untersuchen
Atmosphären-Phänomene oder führen Technologietests durch. Während des gesamten
Projekts erhalten sie technische und organisatorische Unterstützung durch
Experten der Swedish Space Corporation (SSC), des DLR und der ESA.
MATI (Measurement of Atmospheric Turbulence with combined Instruments),
ein Experiment des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik an der Universität
Rostock (IAP), füllt mit seinen 32 Kilogramm fast die gesamte BEXUS-Gondel aus.
In dem Experiment werden drei unterschiedliche Methoden verwendet, um während
des Ballonaufstiegs kleinsträumige Turbulenzen der oberen Atmosphäre zu
untersuchen. Dazu werden kontinuierlich kleinste Unterschiede in der Temperatur
sowie die Windgeschwindigkeit gemessen.
Turbulenzen werden durch Scherwinde erzeugt, reichen bis weit in die
Stratosphäre und beeinflussen den Energiehaushalt der Erde. Die Messvorrichtung
und die Sensoren sind an filigranen Strukturen an der Außenseite der Gondel
montiert. In ihrem Innern befindet sich die vor der Außenkälte isolierte
Elektronik für Experimentsteuerung und Datenaufzeichnung. Neben MATI blieb auf
der Ballongondel, die insgesamt ungefähr 40 Kilogramm tragen kann, zusätzlich
noch Platz für zwei Technologieexperimente des DLR zur Antennenentwicklung im
Gigahertz-Bereich und zur Untersuchung des Einflusses von energiereicher
Höhenstrahlung auf die Qualität optischer Fasern.
Auf der größeren BEXUS-9-Gondel befinden sich fünf Experimente von Studenten
aus schwedischen, belgischen, dänischen, italienischen und tschechischen
Universitäten. Das komplizierteste Experiment ist reel.SMRT (Space Masters
Robotic Team). Es testet die Möglichkeit, auf Ballonflügen Experimente in
Schwerelosigkeit durchzuführen. Eine Experimentkapsel fällt dazu mehrfach an
einem Seil über eine Angelrolle (englisch: reel) aus der Gondel. Untersucht
werden die durch Luftwiderstand und Reibung des Seils auftretenden Störungen des
"freien Falls".
COMPASS (Calculating and Observing Magnetic Polar field intensities At
StratoSphere) vermisst Richtung und Stärke des Erdmagnetfelds während des
Ballonaufstiegs. Ein Vergleich mit dem gängigsten theoretischen Modell
ermöglicht Aussagen zur Genauigkeit der Höhenbestimmung durch magnetische
Messungen. Mit dem bildgebenden 3D-Detektor des CRIndIons (Cosmic Ray
induced Ionization) Experiments lässt sich die Ionisation durch kosmische
Strahlung in Abhängigkeit von der Flughöhe bestimmen. Mit NAVIS (North
Atlantic Vessel Identification System) wird ein selbst entwickelter
Empfänger zur automatischen Identifizierung von Schiffen für den Einsatz auf
Kleinstsatelliten getestet. Das SO-hIgh-Team (SOI: Silicon On Insulator)
erprobt ein selbstentwickeltes Miniatur-Wettermessystem, das auf Ballonen wie
BEXUS einsetzbar ist.
Im Juni 2007 riefen DLR und SNSB das Programm REXUS/BEXUS ins Leben
(astronews.com berichtete wiederholt). Sie stellen darin Studenten jährlich zwei
Forschungsballons und zwei Forschungsraketen für die Durchführung eigener
Experimente zur Verfügung. Die Studenten sollen dabei eigene praktische
Erfahrungen in der Vorbereitung und Durchführung von Raumfahrtprojekten
gewinnen. Durch die Kooperation von SNSB mit der ESA ist das Programm für
Studenten aller ESA-Mitgliedsstaaten offen.
Die Ballon- und Raketenstarts werden von EuroLaunch, einer Kooperation
zwischen DLR und SSC, ausgeführt. Der diesjährige Ideenwettbewerb des
REXUS/BEXUS-Studentenprogramms für Experimentvorschläge läuft seit Anfang
September 2009. Bis zum 16. November 2009 können noch Experimentierschläge für
Ballons im September 2010 und Raketen im März 2011 eingereicht werden. Die für
die Bewerbung notwendigen organisatorischen und technischen Informationen und
Formulare sind auf der DLR-Infoseite für Teilnehmer zu finden.
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