Arbeit in Materiallabor hat begonnen
Redaktion
/ Pressemitteilungen des DLR astronews.com
11. November 2009
Im materialwissenschaftlichen Labor MSL an Bord der Internationalen
Raumstation ISS wurden Anfang November erfolgreich die ersten beiden
Experimente durchgeführt. Das Labor befindet sich seit Ende August im All.
Kontrolliert und gesteuert wird das MSL vom Nutzerzentrum für
Weltraumexperimente (MUSC) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) in Köln. Das wissenschaftliche Bodenbegleitprogramm wird vom
DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum durchgeführt.
Idealer Ort für Forschung in
Schwerelosigkeit: die ISS.
Foto: NASA |
Im Materials Science Laboratory (MSL) können in
verschiedenen Öfen Proben aus Metallen, Halbleitern oder Gläsern bei bis
zu 1400 Grad Celsius unter genau kontrollierten Bedingungen
aufgeschmolzen und erstarrt werden. Ziel der Forschung ist - vor allem
später im industriellen Maßstab - Werkstoffe mit verbesserten
Eigenschaften oder zu geringeren Kosten herstellen zu können. Die
Besatzung der ISS ist neben der Wartung auch für das Einsetzen
beziehungsweise das Austauschen von Kartuschen, in denen die Experimente
enthalten sind, und die Anschlüsse an die Messelektronik zuständig.
Das MSL ist ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Weltraumorganisation
ESA und der amerikanischen Weltraumbehörde NASA: Die MSL Anlage ist in dem
Materials Science Research Rack (MSRR-1) der NASA integriert und befindet
sich im Destiny Modul der ISS. Entwickelt und gebaut wurde MSL von
Astrium in Friedrichshafen.
MSL wurde im Rahmen der STS-128 Mission am 29. August 2009 mit dem Space
Shuttle Discovery zur ISS transportiert und in das Destiny
Modul überführt. Im Oktober 2009 wurden MSRR-1 und MSL zum ersten Mal aktiviert
und stellten ihre Funktionalität unter Beweis. Anfang November konnten die
ISS-Astronauten die ersten beiden Experimente erfolgreich durchführen - ein
Meilenstein für die materialwissenschaftliche Nutzung der ISS.
Im Rahmen des Bodenbegleitprogramms werden die Experimente der
wissenschaftlichen Teams vom DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum
getestet, um die Experimentabläufe und Parameter den wissenschaftlichen
Anforderungen optimal anzupassen. Dazu werden dutzende Testläufe in
Bodenreferenzanlagen durchgeführt. Die Experimente werden mit modernsten
Softwaretools numerisch simuliert und in entsprechenden operationellen Abläufen
geplant und umgesetzt. Die Experiment-Proben werden mit der Shuttlemission
STS-129 zurück zur Erde gebracht und anschließend von den beteiligten
Wissenschaftlern ausgewertet. Im ersten Halbjahr 2010 werden die restlichen elf
Proben der ersten Experimentreihe (Batch-1) prozessiert. Weitere Experimente
befinden sich bereits in der Planung (Batch-2).
Die ersten MSL-Experimente wurden im Rahmen des ESA MAP (Microgravity
Application Programms) durchgeführt. Die ESA MAP Projekte sind
Public-Private Partnerships zwischen Industrie, Universitäten,
Forschungseinrichtungen und nationalen Agenturen. Die Projekte CETSOL (Columnar
to Equiaxed Transition in Solidification Processing) und MICAST (Microstructure
Formation in Casting of Technical Alloys under Diffusive and Magnetically
Controlled Convective Conditions) untersuchen verschiedene
Wachstumsstrukturen und die Entwicklung der Mikrostruktur während der Erstarrung
von Aluminium-Legierungen. Ziel ist ein besseres Verständnis der Parameter und
Prozesse, welche die Erstarrung von Metallschmelzen beeinflussen. Mit Hilfe der
Ergebnisse sollen numerische Modelle zur Vorhersage der inneren Struktur von
Gussteilen überprüft und weiter entwickelt werden. Dies dient der Optimierung
bisheriger Gießprozesse, um schließlich Produkte mit besseren und gezielt
eingestellten Materialeigenschaften zu erhalten.
Das Experiment CETSOL befasst sich mit der Erforschung grundlegender
physikalischer Phänomene bei der Erstarrung von Metallschmelzen und deren
Auswirkungen auf die Materialeigenschaften. Das vom DLR-Institut für
Materialphysik im Weltraum geleitete Projekt MICAST untersucht die Entstehung
und Entwicklung von Mikrostrukturen bei der Erstarrung von technischen
Aluminium-Legierungen unter dem Einfluss von Strömungen, wie sie beispielsweise
beim Giessen auftreten. Im Experiment werden die Strömungen durch ein
rotierendes Magnetfeld simuliert und die Ergebnisse mit in Schwerelosigkeit,
strömungsfrei erstarrten Proben verglichen.
Diese Experimente können ausschließlich auf der ISS durchgeführt werden, da
nur hier ausreichend lange Schwerelosigkeit zur Verfügung steht, um die
Fragestellungen zu untersuchen. Die Forschung auf der ISS ermöglicht
kontrollierte und genau definierte Experimentabläufe, ohne den störenden
Einfluss der Schwerkraft und bietet somit ideale Bedingungen für die
Grundlagenforschung.
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