Materialwissenschaftliches Labor im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
7. September 2009
Noch bis morgen wird die Discovery an die Internationale
Raumstation ISS angedockt sein. Mit der Raumfähre wurde auch das europäische
Labor für materialwissenschaftliche Experimente unter Schwerelosigkeit zur
ISS geliefert. Das Labor wird vom Nutzerzentrum für Weltraumexperimente
(MUSC) des DLR in Köln gesteuert.
Mit dem MPLM (Multi-Purpose Logistics Module)
Leonardo wurde auf der STS-128 Mission ein
Großteil der Fracht und wissenschaftlichen
Experimente an Bord der ISS gebracht. Das Bild
zeigt das Herausheben von Leonardo aus der
Ladebucht des Shuttle. Es wurde dann zum Entladen
an die ISS montiert.
Foto: NASA |
Mit dem europäischen Labor für materialwissenschaftliche Experimente unter
Schwerelosigkeit können Experimente aus verschiedenen Bereichen der
materialwissenschaftlichen Forschung bei hohen Temperaturen in der
Schwerelosigkeit durchgeführt werden. Das DLR ist sowohl für den operationellen
Betrieb der im Englischen kurz Materials Science Laboratory
(MSL) genannten Anlage an Bord der ISS als auch für die Durchführung des
wissenschaftlichen Bodenbegleitprogramms verantwortlich.
Ziel der Experimente mit technischen Aluminiumlegierungen ist ein
verbessertes Verständnis der Einflüsse von gravitationsbedingtem Stoff- und
Wärmetransport (Konvektion) auf die Gefügeentwicklung bei Gießprozessen. Die
wissenschaftlichen Vorgaben für die Experimente werden am DLR-Institut für
Materialphysik im Weltraum in Experimentabläufe umgesetzt. Diese werden
anschließend mit Hilfe einer wiederverwendbaren Testkartusche an Referenzanlagen
auf der Erde überprüft. Nach erfolgreichem Abschluss der Testläufe werden die
Experimente an Bord der ISS vom Kontrollzentrum des MUSC aus durchgeführt und
überwacht.
In der ersten Phase des Betriebs soll die gerichtete Erstarrung von Metallen
und Legierungen untersucht werden. Der modulare Aufbau erlaubt die Untersuchung
des Kristallwachstums von halbleitenden Materialien, der thermophysikalischen
Eigenschaften und Diffusion von Legierungen und glasbildenden Materialien sowie
der Fest-Flüssig-Phasenübergänge in Polymeren und Keramiken.
Das Projekt wird von der europäischen Weltraumorganisation ESA und der
US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA gemeinsam finanziert und in enger
Kooperation umgesetzt. Das MSL ist eine Anlage der Europäischen Weltraumagentur
(ESA) und wurde in das Materials Science Research Rack-1 (MSRR-1) der
NASA integriert, das im amerikanischen Forschungsmodul Destiny
installiert ist.
Zentrales Element der Anlage ist eine zylindrische Vakuumkammer, in die ein
Ofeneinsatz eingesetzt werden kann. Neben routinemäßigen Wartungsarbeiten
beschränkt sich die Crewaktivität im Wesentlichen auf das Einsetzen der
Kartuschen in die Anlage und den Anschluss der Sensorik an die Messelektronik.
Die Proben werden bereits am Boden in die Kartuschen eingebaut.
Während der Versuche wird das Probenmaterial zunächst aufgeschmolzen und
anschließend durch kontrolliertes Abkühlen mit bestimmten Temperaturgradienten
und Erstarrungsgeschwindigkeiten wieder in einen festen Zustand versetzt.
Zusammen mit MSRR-1/MSL und dem ersten Ofeneinsatz wurden mit STS-128 zunächst
sechs Kartuschen aus den beiden wissenschaftlichen Projekten MICAST (Microstructure
Formation in Casting of Technical Alloys under Diffusive and Magnetically
Controlled Convective Conditions) und CETSOL (Columnar-to-Equiaxed
Transition in Solidification Processing) an Bord der ISS gebracht.
Im Rahmen der Inbetriebnahme von MSL werden zwei dieser Kartuschen
prozessiert und anschließend für detaillierte Untersuchungen wieder auf die Erde
gebracht. Sobald die wissenschaftliche Verwertbarkeit der Ergebnisse bestätigt
ist, sollen ab Anfang 2010 die verbliebenen vier Kartuschen sowie sieben weitere
prozessiert werden. Neben der Durchführung der Versuche ist das Institut für
Materialphysik im Weltraum auch an der wissenschaftlichen Auswertung der
Ergebnisse von MICAST beteiligt.
|