Erklärung für Altersstruktur der Sterne?
Redaktion /
idw / Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
7. Juli 2009
Astronomen der Universität in Bonn glauben eine Erklärung
für die beobachtete Altersstruktur der Sterne in Kugelsternhaufen gefunden zu
haben. Lange Zeit glaubte man, dass Sterne in diesen Haufen alle das gleiche
Alter haben, doch wurden in den vergangenen Jahren wiederholt Sternhaufen
entdeckt, in denen man mehrere Sternengenerationen nachweisen konnte.
Hubble-Aufnahme von NGC
2808. In dem Kugelsternhaufen fanden Forscher
2007 drei Generationen von Sternen.
Bild: NASA, ESA, A. Sarajedini (University of Florida) und G. Piotto (Universität Padua) |
Forscher der Universität Bonn haben jetzt eine mögliche Erklärung für die
beobachtete Altersstruktur von Sternen in Kugelsternhaufen gefunden. Während in
kleinen Haufen die Sterne in etwa alle gleich alt sind, scheinen sie es in
massereicheren Sternhaufen nicht zu sein. Ihr Alter ist aber nicht
kontinuierlich verteilt, es gibt Altersstufen. Offenbar spielt dabei die Masse
des Haufens bei seiner ersten Entstehung eine entscheidende Rolle. Nur wenn
Sternhaufen nämlich eine Masse von mindestens einer Millionen Sonnenmassen
haben, können sie Gas aus der Galaxie in großen Mengen ansaugen und in ihrem
Inneren so verdichten, dass immer wieder neue Sterne entstehen.
"Sterne werden in Sternhaufen geboren", erläutert Jan Pflamm-Altenburg vom
Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn. Dazu muss sich das Gas
der Galaxie, das hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium besteht, verdichten.
Es entstehen kompakte Gaswolken, die sich lokal immer weiter zusammenballen. So
werden in einem Zeitraum von etwa zwei bis drei Millionen Jahren eine ganze
Anzahl von Sternen geboren, die räumlich zusammen bleiben. Das restliche Gas
verschwindet aus diesem Haufen, weil es durch die dort herrschenden hohen
Temperaturen von etwa einer Million Grad Celsius verdrängt wird.
"Das Alter der so gebildeten Sterne kann also nur um ein paar Millionen Jahre
variieren", so Pflamm-Altenburg weiter. "Demnach müssten alle Sternenhaufen aus
Sternen etwa gleichen Alters bestehen. Das ist aber bei schweren
Kugelsternhaufen nicht der Fall. In ihnen findet man Sterne aus verschiedenen
Generationen. Ihr Alter ist nicht etwa kontinuierlich verteilt, sondern es gibt
Altersstufen." Dieses Phänomen ist schon lange bekannt, aber bisher gab es dafür
keine befriedigende Erklärung. Deshalb machte er sich zusammen mit Professor Dr.
Pavel Kroupa daran, Lösungen dafür zu finden.
Herausgekommen ist ein analytisches Modell, das dieses Phänomen gut
beschreibt: Wenn sich die erste Generation von Sternen gebildet hat und das Gas
aus dem Haufen entwichen ist, durchleben die Sterne ihren Entwicklungszyklus.
Bei diesem Alterungsprozess entsteht wiederum Gas, das im Sternenhaufen
verbleiben kann. Aber nur - und das ist der Knackpunkt - wenn der Haufen
mindestens eine kritische Masse von einer Million Sonnenmassen aufweist. Nur
dann ist die Gravitation, also die Anziehungskraft des Sternenhaufens, auf das
Gas groß genug, um es in seinem Innern gefangen zu halten.
Wenn sich der Haufen abgekühlt hat, kann er aufgrund seiner hohen Masse zudem
wieder Gas aus seiner Umgebung anziehen. Das passiert etwa nach 50 Millionen
Jahren. So kann es allmählich im Innern des dann nur noch etwa 10.000 Grad
Celsius warmen Haufens wieder zu einer Gasverdichtung kommen. Diese führt zur
Geburt einer zweiten Generation von Sternen. Die Temperatur steigt wieder an,
wodurch das restliche Gas verdrängt wird. Bevor also eine dritte Generation
Sterne geboren werden kann, muss zunächst wieder der Lebenszyklus der zweiten
Sternengeneration durchlebt worden sein. Deshalb kann es auch keine
kontinuierliche Altersverteilung von Sternen geben.
Kroupa und Pflamm-Altenburg sind überzeugt, dass sich mit ihrem Modell das
Phänomen der gepulsten Altersstruktur massereicher Kugelsternhaufen zum ersten
Mal schlüssig erklären lässt. Die masseärmeren Sternhaufen würden sich zudem
überwiegend im äußeren, etwa eine Million Grad heißen Halogas der Milchstraße
bewegen. Demgegenüber kommen die massereichen Sternhaufen eher in den
gasreichen, inneren und damit kälteren Regionen von Scheibengalaxien vor. Hier
können sie - wenn die Bedingungen stimmen - immer wieder Gas aus ihrer Umgebung
aufsaugen.
|