Der letzte
unentdeckte Kugelsternhaufen?
von Stefan
Deiters
astronews.com
14. Oktober 2004
Astronomen haben mit Hilfe des Spitzer-Infrarot-Weltraumteleskops den
vielleicht letzten bislang noch nicht entdeckten Kugelsternhaufen der
Milchstraße aufgespürt. Diese Sternhaufen sind galaktische Fossilien und haben
in etwa das gleiche Alter wie unsere Heimatgalaxie. Der neu entdeckte Haufen ist
rund 9.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und liegt uns damit näher als die
meisten anderen Kugelsternhaufen.
Spitzers Infrarot-Blick auf den neu entdeckten Kugelsternhaufen.
Oben rechts ist dieselbe Himmelsregion im optischen Bereich des
Lichtes zu sehen. Foto: NASA / JPL-Caltech /H.
Kobulnicky (Univ. of Wyoming) [Großansicht] |
Kugelsternhaufen sind die ältesten Bestandteile der Milchstraße: Diese
Ansammlungen von mehreren 100.000 bis zu Millionen Sternen umrunden das
galaktische Zentrum, sind etwa 13 Milliarden Jahre alt und beinhalten viele
leuchtschwache und massearme Sterne. Wegen ihres Alters und ihrer
Zusammensetzung sind sie sowohl für Astronomen interessant, die sich mit der
Entwicklung von Sternen beschäftigen als auch für Forscher die an der Entstehung
und Entwicklung der Milchstraße als Ganzem interessiert sind.
Eigentlich waren die Wissenschaftler bislang davon ausgegangen, dass sie
inzwischen alle Kugelsternhaufen - rund 150 Stück - unserer Milchstraße
aufgespürt hätten. Doch nun entdeckten sie mit Hilfe des Spitzer-Infrarot-Weltraumteleskops
einen weiteren Kugelsternhaufen quasi in unserer galaktischen Nachbarschaft.
"Das ist, als würde man einen lange vermissten Cousin wiederfinden", meint Dr.
Chip Kobulnicky, Physik- und Astronomie-Professor an der University of
Wyoming. "Und wir hatten gedacht, alle Kugelsternhaufen in der Milchstraße
wären schon entdeckt worden."
Zuerst aufmerksam auf den Kugelsternhaufen wurde Andrew Monson, der
an der University of Wyoming seine Doktorarbeit anfertigt. "Ich konnte
gar nicht glauben, was ich da sehe. Ich habe ganz bestimmt nicht damit
gerechnet, einen Kugelsternhaufen zu finden." Manson entdeckte den Haufen, als
er Daten des Galactic Legacy Infrared Mid-Plane Survey Extraordinaire
durchsah, die mit dem Spitzer-Weltraumteleksop gewonnen worden sind. Bei dieser
Durchmusterung sollen Objekte in der staubigen Scheibe unserer Milchstraße
aufgespürt werden. Er durchsuchte dann Archive und fand tatsächlich ein weiteres
Bild des Haufens in den Daten des Two Micron All-Sky Survey. "Der Haufen war in den
Daten zu sehen, aber niemand hatte ihn entdeckt."
"Diese Entdeckung macht eindrucksvoll deutlich, warum Spitzer so bedeutend
ist - es kann Objekte aufspüren, die im sichtbaren Bereich des Lichtes
unsichtbar sind", erläutert Dr. Michael Werner vom Jet Propulsion Laboratory
der NASA. "Das ist besonders wichtig, wenn man die Scheibe unserer Galaxie
studieren will, in der Staub das meiste sichtbare Licht verschluckt."
Weitere Beobachtungen mit dem Infrarot-Observatorium der University of
Wyoming ermöglichten es, die Entfernung des neuen Kugelsternhaufens auf rund
9.000 Lichtjahre zu bestimmen. Seine Masse dürfte in etwa der 300.000fachen
Masse unserer Sonne entsprechen. Von der Erde aus gesehen ist der neue
Kugelsternhaufen am Himmel nicht größer, als ein Reiskorn am Ende eines
ausgestreckten Arms. Er liegt im Sternbild Adler.
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