Gewaltiger Ausbruch macht Magnetar sichtbar
von Stefan Deiters astronews.com
17. Juni 2009
Nur dank eines gewaltigen Ausbruchs entdeckten die
ESA-Weltraumteleskope XMM-Newton und Integral einen kompakten
Sternenrest, der zur seltenen Gruppe der Magnetare gehört. Diese Objekte
verfügen über die stärksten Magnetfelder im Universum. Wie sie aber genau
entstehen, darüber gibt es unter den Wissenschaftlern noch verschiedene
Ansichten.
Darstellung eines Magnetar, unten die
Messdaten von XMM-Newton von SGR 0501+4516.
Bild: NASA (Illustration), ESA /
XMM-Newton (Rea et al. 2009, Daten) |
Die Röntgenstrahlen des gewaltigen Ausbruchs wurden am 22. August
2008 als erstes vom NASA-Satelliten Swift registriert. Nur zwölf
Stunden später aber konnte das europäische Röntgenteleskop XMM-Newton
den Ursprungsort des Ereignisse anvisieren, was die bislang detaillierteste
spektrale Untersuchung des Abklingens eines Magnetar-Ausbruchs erlaubte.
Insgesamt zog sich das Ereignis über vier Monate hin, während der auch
zahlreiche kleinere Ausbrüche registriert wurden. "Magnetare erlauben uns,
Materie unter extremsten Bedingungen zu studieren; Bedingungen, die wir auf der
Erde nicht reproduzieren können", erläutert Nanda Rea von der Universität in
Amsterdam, die die Untersuchungen leitete.
Magnetare sind die am stärksten magnetisierten Objekte im Universum. Ihr
Magnetfeld ist etwa zehn Milliarden Mal stärker als das der Erde. Würde ein
Magnetar auf wundersame Weise auf halber Strecke zwischen Mond und Erde
erscheinen, wären mit einem Schlag sämtliche Informationen von den
Magnetstreifen der Kreditkarten auf der Erde gelöscht.
Der jetzt untersuchte Magnetar trägt den Namen SGR 0501+4516 und ist ungefähr
15.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er wurde erst durch den im vergangenen
Jahr beobachteten Ausbruch entdeckt. Solche Ausbrüche entstehen nach Ansicht der
Wissenschaftler, wenn durch eine instabile Magnetfeldkonfiguration Teile der
Kruste des Magnetars ins All geschleudert werden. Durch das Zusammenspiel von
Materie und Magnetfeld kann es dann auch zu einer Umkonfiguration des
Magnetfelds kommen, wodurch weitere Energie frei wird.
Und genau dies könnte nun das ESA-Weltraumteleskop Integral
beobachtet haben, das vor allem im Gammastrahlenbereich empfindlich ist.
Intergral entdeckte nämlich etwa fünf Tage nach dem großen Ausbruch äußerst
energiereiche Röntgenstrahlung, die XMM-Newton schon nicht mehr
beobachten kann. Erstmals wurde diese Art von Strahlung während eines solchen
Ausbruchs registriert. Sie verschwand innerhalb von zehn Tagen und die
Wissenschaftler vermuten, dass sie durch eine Änderung der
Magnetfeld-Konfiguration des Magnetars entstanden ist.
Durch Ausbrüche von Magnetaren kann eine Energiemenge zur Erde gelangen, die
der von Flares unserer Sonne entspricht - und dies obwohl Magnetare weit
entfernt am anderen Ende der Galaxie liegen und die Sonne "gleich um die Ecke".
Über die Entstehung von Magnetaren gibt es derzeit zwei Theorien: Es könnte
sich um die kompakten Überreste eines Sterns handeln, der ein außerordentlich
starkes Magnetfeld hatte. Von solchen Sternen kennt man allerdings in unserer
Milchstraße nur ganz wenige. Nach einer alternativen Theorie könnte die
Drehgeschwindigkeit des Kerns eines normalen Sterns in der letzten Phase seines
Lebens so beschleunigt werden, dass eine Art Dynamo entsteht, der für eine
Verstärkung des Magnetfelds sorgt und den Sternenrest so zum Magnetar werden
lässt.
Favorit der Astronomen ist die erste Variante, doch Beweise dafür gibt es
bislang nicht. "Wenn wir nur einen Magnetar in einer Gruppe von äußerst
magnetisierten Sternen finden würden, wäre das ein guter Beweis", so Rea.
Bislang kennt man nur 15 Magnetare in unserer Milchstraße. SGR 0501+4516 gehört
dabei zur Untergruppe der sogenannten Soft Gamma Repeater, von denen
rund zehn Jahre lang kein neues Exemplar entdeckt wurde. Die Astronomen hoffen
aber auf weitere Funde.
Auch SGR 0501+4516 soll weiter untersucht werden: Im nächsten Jahr hat das
Team erneut Beobachtungszeit mit XMM-Newton erhalten und hofft dann,
den Magnetar in der ruhigen Phase nach dem Ausbruch beobachten zu können.
Vielleicht erhalten sie dadurch neue Hinweise über die Natur dieser mysteriösen
Objekte.
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