Alle 2,6 Sekunden um die eigene Achse
von Stefan Deiters astronews.com
15. Januar 2009
Astronomen ist es nun mithilfe des europäischen
Röntgenteleskops XMM-Newton gelungen, die Eigenrotation eines Objektes
zu messen, das zu einer äußerst seltenen Klasse von Neutronensternen zählt.
Diese sogenannten Soft Gamma-Ray Repeater haben ein bis zu 1000 Mal
stärkeres Magnetfeld als normale Neutronensterne und drehen sich sehr schnell um
die eigene Achse.
XMM-Newtons
Blick auf den Magnetar SGR 1627-41. Bei den roten
Bereichen könnte es sich um die Überreste der
Supernova handeln, durch die das Objekt
entstanden ist.
Bild: ESA/XMM-Newton/EPIC (P. Esposito et
al.) |
Bislang kennen die Astronomen gerade einmal fünf dieser Soft
Gamma-ray Repeater (kurz SGR), vier in unserer Milchstraße und ein weiteres
Objekt in der Großen Magellanschen Wolke. Es handelt sich um Neutronensterne mit
einem Durchmesser von vielleicht zehn bis 30 Kilometern. Trotz dieser geringen
Größe haben sie aber trotzdem die etwa zweifache Masse unserer Sonne. Es sind
die Reste eines kollabierten massereichen Sterns.
Doch eines unterscheidet die SGRs von normalen Neutronensternen: Ihr
Magnetfeld ist bis zu 1.000-mal stärker. Ihren Namen haben die Objekte bekommen,
weil man bei ihnen in unregelmäßigen Abständen Strahlungsausbrüche im Röntgen-
und Gammastrahlenbereich beobachten konnte. Der jetzt von XMM-Newton
untersuchte Magnetar SGR 1627-41 war den Wissenschaftlern erstmals 1998
aufgefallen, als sie mit dem Compton Gamma Ray Observatory verfolgen
konnten, wie er plötzlich über einen Zeitraum von sechs Wochen Hunderte von
kurzen Ausbrüchen zeigte. Bevor Röntgenteleskope aber die Rotationsrate
bestimmen konnten, war das Objekte wieder verloschen.
Im letzten Sommer dann erwachte SGR 1627-41 erneut zum Leben, befand sich
aber in einer Region des Himmels, die für das europäische Röntgenteleskop
XMM-Newton für die kommenden vier Monate nicht beobachtbar war. Das
Teleskop muss nämlich seine Solarzellen-Arrays stets zur Sonne ausgerichtet
lassen. So mussten die Astronomen warten, bis sich die Erde auf ihrer Bahn um
die Sonne so weit bewegt hatte, dass SGR 1627-41 in das Blickfeld des Teleskops
kam. Im September 2008 war es soweit.
Zwar hatte SGR 1627-41 schon wieder deutlich an Leuchtkraft verloren, doch
konnten die Astronomen dank der Empfindlichkeit der Instrumente von
XMM-Newton das Objekt trotzdem noch beobachten und auch die Rotationsrate
des Magnetars bestimmen: Er dreht sich alle 2,6 Sekunden einmal um die eigene
Achse. "Das macht ihn zum zweitschnellsten der uns bekannten Magntare", so
Sandro Mereghetti vom INAF/Istituto di Astrofisica Spaziale e Fisica Cosmica
im italienischen Milan, der zum Beobachterteam gehörte.
Den Astronomen ist noch nicht wirklich klar, wie diese Objekte ein so starkes
Magnetfeld bekommen können. Nach einer Theorie werden sie mit einer
Rotationsrate von nur zwei bis drei Millisekunden "geboren" und rotieren damit
mindestens zehn Mal schneller als normale Neutronensterne. Durch diese enorme
Rotationsgeschwindigkeit und gewissen Annahmen über den inneren Aufbau des
Neutronensterns ließe sich ein extrem wirkungsvoller Dynamo erklären, der ein so
starkes Feld aufbauen kann.
Da SGR 1627-41 eine Rotationsrate von "nur" 2,6 Sekunden besitzt, muss dieser
Magnetar bereits so alt sein, dass sich seine Eigendrehung schon deutlich
verlangsamt hat. Einen weiteren Hinweis auf das Alter des Objektes lieferten
Beobachtungen, die XMM-Newton von Trümmern in der Umgebung von SGR
1627-41 machte - möglicherweise die Überreste der Supernova-Explosion durch die
das Objekt entstanden ist. "Normalerweise sind sie einige Zehntausend Jahre nach
der Explosion nicht mehr zu erkennen, was darauf hindeuten könnte, dass das
Objekt nur einige Tausend Jahre alt ist", so Mereghetti.
Wenn SGR 1627-41 das nächste Mal aufflackert, planen die Astronomen die
Eigenrotation des Objektes erneut zu messen. Sie hoffen dadurch herauszufinden,
wie stark diese im Laufe der Zeit abgebremst wird. Außerdem besteht die
Möglichkeit, dass SGR 1627-41 in Zukunft auch einen gewaltigen Ausbruch zeigt.
In den vergangenen 30 Jahren konnte man drei solcher Ereignisse beobachten -
jeder von einem anderen SGR, doch SGR 1627-41 war nicht darunter. Durch diese
Ausbrüche kann so viel Energie zur Erde gelangen wie bei einem Flare der Sonne -
nur das die SGRs deutlich weiter von uns entfernt sind. "Das sind schon
faszinierende Objekte", meint auch Mereghetti, "über die wir noch sehr viel
lernen müssen."
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