Planetenentstehung um Doppelsternsystem?
von Stefan Deiters astronews.com
11. Juni 2009
Astronomen haben mit dem Submillimeter Array-Radioteleskop
die Existenz einer Scheibe aus molekularem Gas um das enge Doppelsternsystem
V4046 Sagittarii nachgewiesen. Hier könnten nach Ansicht der Forscher gerade
Gasplaneten entstehen. Der Fund würde zudem nahelegen, dass sich Planeten
genauso leicht um Doppelsterne wie um Einzelsterne bilden.

So stellt sich ein Künstler die Scheibe aus
molekularem Gas um V4046 Sagittarii vor.
Bild: David A. Aguilar (CfA) |
"In diesem Fall mussten wir es wirklich sehen, um es auch zu
glauben", erzählt Joel Kastner vom Rochester Institute of Technology,
der die Studie leitete. "Im vergangenen Sommer hatten wir aus Radiobeobachtungen
die ersten Hinweise auf eine rotierende Scheibe um V4046 Sagittarii. Allerdings
hatten wir nicht mehr als molekulare Spektren und es gab verschiedene
Möglichkeiten diese zu interpretieren. Als wir aber die Bilder des
Submillimeter Array (SMA) sahen, gab es keinen Zweifel mehr, dass es sich
um eine rotierende Scheibe handelt."
"Das ist schon ein starkes Argument dafür, dass sich Planeten auch um
Doppelsterne bilden können", meint Teammitglied David Wilner vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. "Das vergrößert die Anzahl von
Objekten, bei denen wir nach extrasolaren Planeten suchen können. Irgendwo in
unserer Milchstraße könnte es also eine fremde Welt geben, auf der man doppelte
Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge verfolgen kann."
Die von den Astronomen entdeckte Scheibe beginnt in etwa dort, wo in unserem
Sonnensystem der Neptun seine Bahn zieht und erstreckt sich dann noch etwa zehn
Mal weiter ins All. Diese Region entspricht damit in etwa dem Bereich, in dem
sich in unserem Sonnensystem die Gasriesen sowie die Objekte des Kuiper-Gürtels
gebildet haben könnten.
"Wir sind davon überzeugt, dass wir hier das beste Beispiel für ein Scheibe
mit Planetenentstehung um ein junges Sternsystem vor uns haben", so Wilner. "Und
dieses System ist auch deswegen etwas ganz Besonderes, weil es aus zwei Sternen
von etwa Sonnenmasse besteht, die etwa zwölf Millionen Jahre alt sind und sich
in einem Abstand von gerade einmal fünf Sonnendurchmesser umrunden."
"Dies könnte die älteste bekannte protoplanetare Scheibe aus molekularem Gas
sein", weist Ben Zuckerman von der University of California in Los Angeles
auf eine weitere Besonderheit hin. "Es macht deutlich, dass zumindest um einige
Sterne, sich Jupiter-ähnliche Planeten auch noch später als nur einige Millionen
Jahre nach der Entstehung des Sterns bilden können." Bislang waren die
Wissenschaftler nach Zuckermans Worten davon ausgegangen, dass sich die
Gasplaneten innerhalb weniger Millionen Jahre bilden müssen.
"Wir hielten das molekulare Gas um diese beiden Sterne schon für einige Zeit
für einen ganz deutlichen Hinweis dafür, dass um dieses Doppelsternsystem
Jupiter-ähnliche Planeten vielleicht noch entstehen oder kürzlich entstanden
sind", so Kastner. "Die SMA-Daten, die eine kreisende Scheibe zeigen,
unterstützen diese Idee eindeutig."
Der Fund könnte nach Ansicht der Astronomen darauf hindeuten, dass sich auch
um zahlreiche andere Doppelsternsysteme bislang nicht entdeckte Planeten finden
lassen könnten. "Die bislang erfolgreichste Methode zum Aufspüren von Planeten,
die genaue Messung von Radialgeschwindigkeiten, ist für solche engen
Doppelsternsysteme außerordentlich schwierig", so Teammitglied David Rodriguez,
Doktorand an der University of California in Los Angeles. "Mit diesen
Radiobeobachtungen erkundet man somit ein ganz neues Gebiet bei der Suche nach
extrasolaren Planeten."
"Mit einer Entfernung von nur 240 Lichtjahren ist das V4046 Sagittarii-System
der Erde mindestens zwei Mal näher als fast alle anderen bekannten Systeme, in
denen gerade Planeten entstehen. Damit könnten wir gute Chancen haben, eventuell
schon entstandene Planeten auch aufzuspüren und abzubilden", hofft Rodriguez.
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