Den Ozonzerstörern auf der Spur
Redaktion /
Pressemitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie astronews.com
12. Februar 2009
Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie
ist es gelungen, erstmals das Spurengas Bromnitrat in der Stratosphäre
nachzuweisen. Die Messungen wurden mit Hilfe des Infrarot-Spektrometers MIPAS
auf dem europäischen Umweltsatelliten Envisat durchgeführt. Brom ist
nach Chlor die wichtigste Substanz für die durch den Menschen verursachte
Ozonzerstörung in der Stratosphäre.
Der Umweltsatellit Envisat.
Bild: ESA
Die mit MIPAS erstmals gemessenen
Konzentrationen von Bromnitrat zeigen eine
deutliche Tag-Nacht-Variation.
Bild:: Forschungszentrum Karlsruhe
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Trotz seiner deutlich geringeren Konzentration trägt Brom nach Chlor den
wichtigsten Anteil am Ozonabbau in der Stratosphäre. Die Emission chlorhaltiger
Substanzen ist durch internationale Verträge inzwischen reglementiert. Wegen der
dadurch abnehmenden Chlorkonzentration wird die Rolle von Brom in der
stratosphärischen Ozonchemie immer wichtiger. Gleichzeitig hat Brom viel größere
natürliche Quellen als Chlor und reagiert außerdem erheblich schneller mit Ozon.
Eine andere anorganische Bromverbindung, das Bromoxid, wurde in der
Atmosphäre schon vor 20 Jahren nachgewiesen. Nun konnten Wissenschaftler des
Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) erstmals auch Bromnitrat nachweisen,
welches das hauptsächliche Reservoirgas für Brom in der Stratosphäre darstellt.
"Der Nachweis gelang durch das Infrarot-Spektrometer MIPAS, das auf dem
europäischen Umweltsatelliten Envisat die Erde umkreist. In den hoch
aufgelösten Infrarot-Spektren konnten wir den spektralen Fingerabdruck von
Bromnitrat identifizieren", erläutert Dr. Michael Höpfner vom Institut für
Meteorologie und Klimaforschung des KIT. "Weil die Signatur von Bromnitrat so
schwach ist, mussten Spektren über einen Monat aufsummiert werden. Dieser erste
Nachweis von Bromnitrat in der Atmosphäre war außerdem nur möglich durch die
enge Zusammenarbeit mit Kollegen in Paris, die für uns zuvor die notwendigen
Referenzdaten im Labor gemessen hatten."
Bromnitrat konnte im Höhenbereich zwischen 20 und 40 Kilometern nachgewiesen
werden. Die gemessenen Konzentrationen erreichen bei Nacht Werte bis 25 pptv
(also 25 Billionstel Teile), bei Tag liegen sie unter 10 pptv. Diese
Konzentrationen und die Variation wurden aufgrund von Modellrechnungen erwartet:
Bromnitrat wird durch Sonnenlicht in Bromoxid umgewandelt.
Brom hat ein höheres Potenzial für den Ozonabbau als Chlor, weil es durch
Einwirkung des Sonnenlichts viel leichter aus seinem Reservoir Bromnitrat in
eine aktive Form umgewandelt wird als Chlor aus seinem Reservoir Chlornitrat. In
der Reservoirform sind beide Halogene nicht in der Lage, stratosphärisches Ozon
abzubauen. Erst wenn sie unter dem Einfluss von Licht in ihre Oxide umgewandelt
werden, stehen sie als Katalysator für den Ozonabbau zur Verfügung.
Die mittels MIPAS gemessenen Konzentrationen von Bromnitrat entsprechen sehr
gut den aufgrund von Modellrechnungen erwarteten Werten, die aus früheren
Bromoxid-Messungen abgeleitet wurden. Dadurch werden einerseits die Modelle der
Stratosphärenchemie bestätigt. Andererseits kann durch die neuen Messungen der
Gesamtgehalt von Brom in der Stratosphäre besser abgeschätzt werden. Brom wird
in Form langlebiger organischer Verbindungen durch natürliche und künstliche
Quellen am Boden in die Atmosphäre eingebracht und nach oben transportiert.
MIPAS (Michelson Interferometer for Passive Atmospheric Sounding)
ist eines der Hauptinstrumente an Bord des europäischen Umweltsatelliten
Envisat, der seit 2002 die Erde umkreist. MIPAS wurde im Institut für
Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie
konzipiert. MIPAS misst gleichzeitig Vertikalprofile der Temperatur und von mehr
als 30 atmosphärischen Spurengasen. Neben Ozon und Wasserdampf gehören dazu die
für die Atmosphäre wichtigen Stickoxide, die unter anderem die Ozonchemie
bestimmen, oder verschiedene Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die in der
Stratosphäre unter Einfluss der UV-Strahlung Chlor abgeben und damit die
Ozonschicht angreifen und die außerdem eine Rolle beim Treibhauseffekt spielen.
Da MIPAS die von den Molekülen emittierte Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung)
misst, kann es sowohl bei Tag als auch bei Nacht Spektren aufnehmen. Die
Messungen decken die Erde von Pol zu Pol ab; insbesondere können Daten im sonst
schwer zugänglichen Polarwinter gewonnen werden.
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