Entfernteste Galaxien entdeckt?
von Stefan Deiters astronews.com
11. Juli 2007
Ein internationales Astronomen-Team will die bislang
entferntesten Galaxien aufgespürt haben. Mithilfe des
Gravitationslinsen-Effektes glauben die Wissenschaftler Hinweise auf eine Gruppe
von Galaxien gefunden zu haben, deren Licht mehr als 13 Milliarden Jahre zu uns
unterwegs war. Wir sehen die Galaxien also zu einer Zeit, zu der das Universum
gerade einmal 500 Millionen Jahre alt ist.
Richard Ellis, Astronomie-Professor am California Institute of
Technology und Leiter des Wissenschaftlerteams, stellt die Ergebnisse der
Gruppe heute auf einer Konferenz in London vor. "Als Gravitationslinsen-Effekt
bezeichnet man die Vergrößerung von entfernten Objekten durch Strukturen im
Vordergrund. Durch sorgfältige Beobachtungen von ausgewählten Galaxienhaufen
haben wir sechs Galaxien identifizieren können, in denen gerade Sterne entstehen
und die so weit entfernt liegen, dass wir sie zu einer Zeit sehen, in der unser
Universum gerade einmal 500 Millionen Jahre alt ist."
Die Galaxienhaufen spielen bei den Beobachtungen die Rolle der
Gravitationslinsen. Nach Einsteins Relativitätstheorie werden Lichtstrahlen
durch gewaltige Massenansammlungen, wie sie die Galaxienhaufen darstellen,
abgelenkt. Das Licht von Objekten, die so weit entfernt sind, dass man sie
normalerweise gar nicht beobachten könnte, wird auf diese Weise plötzlich doch
noch sichtbar. So kann man Gravitationslinsen als natürliches Vergrößerungsglas für
noch tiefere Blicke ins All verwenden.
300.000 Jahre nach dem Urknall, so die Theorie der Kosmologen, begann das
"dunkle Zeitalter", in dem noch keine Sterne leuchteten. Doch irgendwann
fingen die ersten Sonnen an zu scheinen und beendeten diese dunkle Phase. Diesem
Zeitpunkt versuchen sich Astronomen schon seit Jahren zu nähern und auch
zukünftige Weltraumteleskope, wie etwa der Hubble-Nachfolger, haben das Ziel,
den Zeitpunkt der "kosmischen Morgendämmerung" festzulegen.
Doch auch mit den zur Verfügung stehenden Techniken lässt sich schon einiges
erreichen, wie jetzt Dan Stark vom California Institute of
Technology in seiner Doktorarbeit gezeigt hat. "Mit dem Keck II-Teleskop
haben wir sechs sehr lichtschwache Galaxien entdeckt, in denen gerade Sternen
entstehen. Das Signal dieser Galaxien wurde durch einen Galaxienhaufen im
Vordergrund um das 20-fache verstärkt", erläutert Stark. "Die Tatsache, dass wir
in unserem sehr kleinen Untersuchungsgebiet so viele dieser entfernten Galaxien
gefunden haben, lässt vermuten, dass sie recht zahlreich sind. Ihre Strahlung
hätte daher ausreichen können, um das Dunkle Zeitalter des Universums zu
beenden."
Der endgültige Beweis, dass die Galaxien wirklich so extrem weit von uns
entfernt sind, wie die Astronomen behaupten, steht allerdings noch aus: "Wie bei
allen Arbeiten am Rande des Machbaren, gibt es Skeptiker, die noch
weitere Beweise für die Tatsache wünschen, dass die Objekte tatsächlich so weit
entfernt sind", weiß auch Ellis. Allerdings hätte das Team nach der Entdeckung vor
einem Jahr selbst zahlreiche Tests unternommen, die die Entfernung der Objekte
belegen.
Zudem hätte man schon früher Galaxien mit alten Sternen entdeckt, die nicht
viel jünger gewesen wären als die nun entdeckten Objekte. "Aus Daten des
Spitzer-Weltraumteleskops kann man sehen, dass es im Universum damals eine Menge an
Sternentstehung gab", so Stark. Spitzer hatte größere Galaxien beobachtet, die
etwa 300 bis 500 Millionen Jahre jünger waren als die nun entdeckten Objekte.
"Bei diesen Galaxien gab es Hinweise, dass sie auch alte Sterne enthalten. Und
um diese alten Sterne zu produzieren, benötigt man Sternentstehung zu früheren
Zeiten, sehr wahrscheinlich in kleineren und lichtschwächeren Galaxien wie wir
sie jetzt sehen."
Auch eine andere Untersuchung mit den Weltraumteleskopen Hubble und
Spitzer beschäftigt sich mit den durch Galaxienhaufen vergrößerten
Galaxienbildern. Obwohl diese noch nicht abgeschlossen ist, scheinen vorläufige
Daten die Ergebnisse des Keck II-Teleskops zu bestätigen.
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