"In dieser Galaxie entstehen Sterne zu einer Zeit, die wir bislang immer für
das dunkle Zeitalter des Universums gehalten haben, also als die Sternentstehung
gerade einmal begonnen hatte", erläutert Esther Ho von der Universität von
Hawaii die Bedeutung der Entdeckung. Nach den gängigen Theorien entstand das
Universum im Urknall vor etwa 14 bis 16 Milliarden Jahren, dehnte sich aus und
kühlte ab, was etwa eine halbe Milliarde Jahre dauerte. Während der nächsten 500
Millionen Jahre tat sich das abgekühlte Gas zu ersten Galaxien zusammen. Diese
Zeit nennen die Astronomen das "dunkle Zeitalter". Es endete, als das Licht von
den neuen Galaxien das Gas erneut ionisierte und somit die Eigenschaften des
umgebenden neutralen Gases änderte.
Bis heute waren die frühsten Zeugen der Entwicklung des Universums die hellen
Quasare, die man gemeinhin für aktive Galaxien hält, in deren Zentrum sich ein
gewaltiges Schwarzes Loch befindet. Um diese frühen Galaxien auch in großer
Entfernung aufzuspüren, konzentrieren sich die Astronomen auf eine besonders
starke Emissionslinie des Wasserstoffs, die so genannte Lyman alpha-Linie.
Sternentstehung macht diese Emissionslinie im Spektrum besonders prominent.
Betrachtet man also frühe Galaxien durch einen entsprechenden Filter, treten
diese fernen Objekte deutlich hervor, während sie beispielsweise im optischen
Bereich des Spektrums oft unentdeckt bleiben.
Mit Hilfe des 10-Meter Keck-Teleksops auf Hawaii hat ein
Astronomenteam diese Technik zum Auffinden entfernter Galaxien schon häufig
erfolgreich angewandt. Nun haben die Forscher eine Galaxie aufgespürt, deren
Licht 15,3 Milliarden Jahre benötigte, um uns zu erreichen. Um dieses Objekt
sichtbar zu machen, reichte allerdings auch das Keck-Teleskop nicht aus:
Den Wissenschaftlern kam der gewaltige Galaxienhaufen Abel 370 in sechs
Millionen Lichtjahren Entfernung zu Hilfe, der als so genannte Gravitationslinse
das Licht der fernen Galaxie verstärkte. Die Entdeckung wurde später durch die
Aufnahme von Spektren bestätigt.
"Die Tatsache, dass es sich hierbei um eine Galaxie handelt und nicht um
einen Quasar ist entscheidend", betont Len Cowie von der Universität von Hawaii.
"Als die ersten Galaxien entstanden war das wie das Einschalten eines Lichts um
eine Nebelbank zu vertreiben. Quasare sind wirklich hell aber sehr selten, so
dass sie in kleinen Bereichen um sich herum den "Nebel" vertreiben können. Wenn
aber das Licht einer Galaxie zu uns gelangt, bedeutet dies, dass es bereits
einen beträchtlichen Anteil von Sternentstehung gab und ein großer Teil des
allgemeinen "Nebels" bereits verschwunden ist."
Die neue entdeckte Galaxie ist, so die Forscher, zu einem Zeitpunkt zu sehen,
als das Universum gerade einmal 780 Millionen Jahre alt war. Das ist 50
Millionen Jahre früher als der am weitesten entfernte Quasar und 80 Millionen
Jahre vor dem Zeitpunkt, den die Forscher bislang für das Ende des dunklen
Zeitalter hielten. Für die Astronomen bedeutet der Fund, dass es tatsächlich
möglich zu sein scheint, Galaxien während ihrer Babyjahre zu beobachten und zu
verfolgen, wie sie sich entwickeln. Mit leistungsfähigeren Weltraumteleskopen
sollte eine Vielzahl dieser Objekte auszumachen sein. Eine faszinierende Aufgabe
für den für das nächste Jahrzehnt geplanten Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops.