Zwerge ermöglichten die Riesen
von Rainer Kayser
22. Mai 2006
Die ersten Galaxien waren Winzlinge und sabotierten durch
ihre Strahlung die Bildung weiterer Zwerggalaxien - dies ergaben jetzt neue
Beobachtungen des Lichtes von entfernten Quasaren. Die Wissenschaftler konnten
mit den neuen Daten eine Vermutung von Theoretikern über die Entwicklung des
Universums in der erste Milliarde Jahre nach dem Urknall bestätigen.
Die ersten Galaxien im Universum waren winzig:
Sie bestanden - wie diese künstlerische Darstellung zeigt - aus
heißen blauen Sternen und waren umgeben von Wasserstoffgas (rot
dargestellt). Bild: David A. Aguilar (CfA)
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Die ersten Galaxien im Kosmos waren klein - sie enthielten nur rund ein
Zehntausendstel der Masse der Milchstraße. In diesen Zwerggalaxien entstanden
wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall eine Vielzahl heißer
Riesensterne. Die energiereiche ultraviolette Strahlung dieser Sterne ionisierte
das Wasserstoffgas zwischen den Galaxien und verhinderte so die Bildung neuer
Zwerggalaxien. Im weiteren Verlauf der kosmischen Evolution konnten deshalb nur
noch große Galaxien wie unsere Milchstraße entstehen. Zwei Astronomen gelang es
jetzt erstmals, diese Vorstellung von der kosmischen Evolution durch
Beobachtungen zu untermauern. Die Forscher präsentieren ihre Beobachtungen in
der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Nature. "Die ersten Zwerggalaxien
sabotieren ihr eigenes Wachstum und die Entstehung weiterer Zwerggalaxien",
fasst Abraham Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im
amerikanischen Cambridge zusammen. Zusammen mit Stuart Wyithe von der
University of Melbourne konnte er dieses selbstzerstörerische Verhalten der
Zwerggalaxien erstmals durch Beobachtungen belegen. Den beiden Wissenschaftler
gelang es zu zeigen, dass die Entstehung von Zwerggalaxien nach einigen hundert
Millionen Jahren abrupt aufhörte. Das eine Milliarde Jahre alte Universum wurde
dann von wenigen großen Galaxien dominiert.
Wyithe und Loeb haben das Licht ferner Quasare untersucht, um die Verteilung
der Galaxienmassen im frühen Universum zu bestimmen. Wenn das Licht der Quasare
das Gas der jungen Galaxien durchquert, wird ein Teil des Lichts absorbiert - im
Spektrum der Quasare bleiben charakteristische dunkle Linien zurück. Aus der
Form und Verteilung dieser Spektrallinien konnten die Forscher auf die
Häufigkeit unterschiedlich großer Galaxien schließen.
Wie viel Masse eine Galaxie enthält, hängt von der Temperatur des Gases ab,
aus der sie entsteht. Je heißer das Gas, desto mehr Masse ist nötig, damit sich
das Gas unter seiner eigenen Anziehungskraft zusammenziehen kann. Da die
Zwerggalaxien das Gas in ihrer Umgebung aufheizen und ionisieren, verhindern sie
die weitere Entstehung kleiner Galaxien. Während vor dieser Ionisation Galaxien
mit 100 Millionen Sonnenmassen entstehen konnten, waren danach Massen von über
zehn Milliarden Sonnen nötig.
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