Neuer
europäischer Weltraumrat tagte erstmals
Redaktion
astronews.com
29. November 2004
In Brüssel tagte in der vergangenen Woche erstmals der europäische
"Weltraumrat". Dieser für Europas Raumfahrt wichtige politische Meilenstein bot
den Ministern eine erste Gelegenheit zu gemeinsamen Beratungen über die
Entwicklung eines schlüssigen und umfassenden europäischen Weltraumprogramms.

Am vergangenen Donnerstag tagte in Brüssel erstmals der
europäische Weltraumrat. Foto:
ESA / S. Corvaja |
Die Minister der EU-Mitgliedsstaaten bestätigten auf der Tagung, dass eine
wirtschaftliche und wirksame Nutzung der verfügbaren Ressourcen unabdingbar sei,
damit Weltraumtechnologie zum Vorteil aller Bürger Europas genutzt werden kann.
Die Minister waren sich auch einig darüber, dass die Besonderheit des
Raumfahrtsektors die Entwicklung einer angemessenen Industriepolitik und eine
erhöhte Aufmerksamkeit öffentlicher Stellen erfordere.
Den gemeinsamen Vorsitz des "Weltraumrates" führten Edelgard Bulmahn, Ministerin
für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland und derzeitige
Vorsitzende des ESA- Rates auf Ministerebene, und Laurens-Jan Brinkhorst,
Wirtschaftsminister der Niederlande und amtierender Vorsitzender des EU-Rates
Wettbewerb. Zu den weiteren Teilnehmern der Tagung gehörten insbesondere der für
Industrie und Unternehmen, Wettbewerbsfähigkeit und Raumfahrtangelegenheiten
zuständige EU-Kommissar und Vizepräsident der Europäischen Kommission, Günther
Verheugen, sowie der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation
(ESA), Jean-Jacques Dordain.
Bundesministerin Edelgard Bulmahn erklärte: "Diese Tagung war für Europas
Ambitionen in der Raumfahrt ein großer Schritt nach vorn. Europa muss seine
Kräfte für die Raumfahrt bündeln, um das Potential von Weltraumtechnologien zum
Wohl seiner Bürger besser zu nutzen. Das europäische Weltraumprogramm wird
Europas Rolle auf diesem wirtschaftlich und politisch höchst bedeutenden Gebiet
erheblich stärken."
Diese Meinung vertrat auch Minister Brinkhorst: "Dies war
ein denkwürdiger Tag für die europäische Zusammenarbeit in der Raumfahrt. Mit
diesem ersten gemeinsam von der EU und der ESA abgehaltenen Weltraumrat hat
Europa einen bedeutenden Schritt hin zu einem soliden und schlüssigen
europäischen Weltraumprogramm getan. Weltraumtechnologien und -anwendungen
werden Europa bei der Verwirklichung seiner gemeinsamen Ziele in den Bereichen
Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt und Sicherheit unterstützen. Ich bin
zuversichtlich, dass unsere gemeinsamen Bemühungen zu einem auf der Weltbühne
starken und unabhängigen Europa beitragen werden."
Kommissionsvizepräsident Günther Verheugen äußerte sich folgendermaßen: "Der
heutige erste Weltraumrat war vielleicht noch kein großer Schritt für die
Menschheit, doch schon die Tatsache, dass wir eine gemeinsame europäische
Weltraumpolitik entwerfen, ist ein riesiger Fortschritt. Die Raumfahrt ist ein
Bereich, in dem der Mehrwert einer gemeinsamen und schlüssigen Politik auf
europäischer Ebene ganz klar zutage tritt. Den industriellen Aspekten der
Raumfahrt kommt im Hinblick auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Industrie eine Schlüsselrolle zu."
Für den ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain war dies natürlich nichts
Neues: "Die Europäische Weltraumorganisation blickt auf eine langjährige
Erfahrung in der Bereitstellung weltraumgestützter Lösungen für die
Anforderungen von Europas Bürgern zurück. Wir sind bereit, die neuen
Herausforderungen, die uns das künftige europäische Weltraumprogramm stellt,
anzunehmen."
Das europäische Weltraumprogramm, dessen konzeptuelle Grundlage bis Ende 2005
festgelegt werden soll, wird einen gemeinsamen, umfassenden und flexiblen Rahmen
für alle Tätigkeiten und Maßnahmen der EU, der ESA und anderer Beteiligter (etwa
nationaler Organisationen) schaffen, um die Ziele der umfassenden europäischen
Weltraumpolitik zu verwirklichen. Hierfür ist im Frühjahr 2005 ein zweiter
"Weltraumrat" geplant, auf dem allgemeine Grundsätze für die Aufteilung der
Rollen und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten, die Ermittlung von
Prioritäten sowie industriepolitische Grundsätze festgelegt werden sollen.
Der "Weltraumrat" wurde eingesetzt, um die Zusammenarbeit zwischen der
Europäischen Gemeinschaft und der ESA, die auf ihrem 2003 angenommenen und im
Mai dieses Jahres in Kraft getretenen Rahmenabkommen beruht, besser zu
koordinieren und zu erleichtern (astronews.com berichtete). Dieses
Rahmenabkommen verfolgt zwei Hauptziele. Das erste gilt der kohärenten und
schrittweisen Entwicklung einer umfassenden europäischen Raumfahrtpolitik, mit
der insbesondere erreicht werden soll, die Nachfrage nach Diensten und
Anwendungen, die zur Unterstützung der EU-Tätigkeit Raumfahrtsysteme verwenden,
und die für die Befriedigung dieser Nachfrage notwendige Bereitstellung von
Raumfahrtsystemen und Weltrauminfrastruktur durch die ESA aufeinander
abzustimmen. Die ESA handelt also de facto als ausführende Organisation für
Weltraumvorhaben der EU.
Das zweite besteht darin, eine gemeinsame Grundlage und geeignete praktische
Vorkehrungen für eine effiziente und für beide Seiten nutzbringende
Zusammenarbeit zwischen der ESA und der Europäischen Gemeinschaft zu schaffen,
die den jeweiligen institutionellen und operationellen Rahmen beider
Institutionen voll respektieren, um die Aufstellung gemeinsamer Initiativen zu
erleichtern und für einen soliden Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der ESA
und der Europäischen Gemeinschaft zu sorgen, die für alle europäischen Bürger
von Vorteil ist.
Die EU und die ESA arbeiten seit drei Jahren gemeinsam an einer europäischen
Raumfahrtpolitik, die die Ziele der Raumfahrt festlegt und nach Bedeutung
einstuft. Das europäische Weltraumprogramm, das auf einer Tagung des
"Weltraumrats" Ende 2005 genehmigt werden soll, wird eine gemeinsame Plattform
bilden, die alle Tätigkeiten und Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft, der
ESA und anderer Beteiligter zur Verwirklichung der Ziele der europäischen
Raumfahrtpolitik umfasst.
Das europäische Weltraumprogramm wird im Lichte der umfassenden Empfehlungen des
von der Europäischen Kommission im November 2003 angenommenen Weißbuchs über die
europäische Raumfahrtpolitik aufgestellt, das einen Aktionsplan für die
Umsetzung einer erweiterten europäischen Raumfahrtpolitik darstellt. Das in
Zusammenarbeit mit der ESA ausgearbeitete Weißbuch enthält Vorschläge für
gemeinsame ESA-EU-Initiativen, deren Durchführung auf die Grundlage des
Rahmenabkommens gestellt wird.
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