Schon 200 mögliche Gravitationswellensignale im vierten
Beobachtungslauf
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik astronews.com
8. April 2025
Im vierten Beobachtungslauf der
Gravitationswellen-Detektoren LIGO, Virgo und KARGA 200 wurden bislang 200
mögliche Signale entdeckt. Bis daraus aber bestätigte Gravitationswellensignale
werden, ist noch einiges an Analysen erforderlich. Forschende aus Deutschland
spielen bei der Entdeckung und Analyse der Signale eine wesentliche Rolle.

Ein Schwarzes Loch (dunkelgraue Oberfläche)
und ein Neutronenstern (orange Kugel) umkreisen einander auf
immer enger werdenden Bahnen. Die dabei abgestrahlten
Gravitationswellen sind mit Farben von dunkelblau bis cyan
dargestellt.
Bild: I. Markin (Universität
Potsdam), T. Dietrich (Universität Potsdam und
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik) [Großansicht] |
Während des laufenden vierten Beobachtungslaufs (O4) hat das internationale
Netzwerk der Gravitationswellen-Observatorien LIGO, Virgo und KAGRA 200 mögliche
Signale identifiziert. In den vorherigen Beobachtungsläufen wurden insgesamt 90
Signale nachgewiesen. Die neuen Kandidaten werden nun gründlich untersucht. Sie
wurden auch sofort über die GCN-Circulars der NASA an Astronominnen und
Astronomen in aller Welt gemeldet. Die Forschung ist nun gespannt auf
aufschlussreiche neue Informationen über Schwarze Löcher, Neutronensterne und
die Entwicklung unseres Universums. Auch Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut; AEI) und an der Leibniz Universität Hannover,
darunter auch viele, die gerade ihre Doktorarbeit schreiben, haben zu diesem
Erfolg beigetragen.
AEI-Forschende entwickelten ausgeklügelte Wellenformmodelle. Sie dienen dazu,
echte kosmische Quellen von zufälligen Schwankungen des Rauschens und irdischen
Störsignalen im Detektor zu unterscheiden. Diese Modelle wurden verwendet, um
GW230529 und dessen besonderen Eigenschaften, insbesondere die Massen
nachzuweisen und zu untersuchen. Es ist das einzige Ereignis von den 200
Kandidaten, das bisher veröffentlicht wurde.
Ein weiteres am AEI entwickeltes Wellenformmodell, das den Effekt der
Modenasymmetrie und den daraus resultierenden "Kick" berücksichtigt, kommt bei
der Analyse zum Einsatz. Einige Doppelsysteme Schwarzer Löcher senden
Gravitationswellen nicht symmetrisch aus. Dadurch erfahren die bei solchen
Verschmelzungen entstehenden Schwarzen Löcher einen Rückstoß – auch "Kick"
genannt.
Der Nachweis solcher Effekte in den Signalen kann dazu beitragen, mehr
astrophysikalische Informationen über die verschmelzenden Schwarzen Löcher zu
erhalten. Am AEI entwickelte Verfahren zur Parameterschätzung, die auf
neuronalen Netzen basieren, können die Eigenschaften von Verschmelzungen
Schwarzer Löcher schnell und genau ermitteln. Forschende am AEI haben ihren Code
zur Analyse einiger der 200 Signalkandidaten verwendet. So verbessern sie dessen
Genauigkeit und Effizienz und stellen sicher, dass er höchsten
wissenschaftlichen Standards entspricht und gleichzeitig die
Gravitationswellen-Astronomie erheblich beschleunigt.
Zudem haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des AEI das
vorstabilisierte Hochleistungslasersystem für Advanced LIGO bereitgestellt und
Upgrades für die derzeit in den LIGO-Instrumenten verwendete Hauptlaserquelle
entwickelt und getestet. Darüber hinaus basiert die Verstärkerstufe der
aktuellen Laserquellen in den Virgo- und KAGRA-Instrumenten auf Entwicklungen
und Tests am AEI Hannover und dem Laser Zentrum Hannover.
AEI-Forschende haben außerdem das Wellenformmodell entwickelt, das zum
Nachweis von Verschmelzungen zweier Schwarzer Löcher und von Neutronensternen
mit Schwarzen Löchern in sogenannten modellierten Suchen mit Signalschablonen
zum Einsatz kommt. Das hochmoderne Wellenformmodell wird auch bei der
Untersuchung der Signalkandidaten eingesetzt, um ihre astrophysikalischen
Eigenschaften und kosmologische Informationen abzuleiten.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am AEI haben mit Signalkandidaten
nach Abweichungen von der Allgemeinen Relativitätstheorie gesucht. Dazu
analysierten sie die Gravitationswellen, die Paare Schwarzer Löcher und/oder
Neutronensterne aussenden, lange bevor sie verschmelzen. Die AEI-Forschenden
verwendeten Signalkandidaten auch, um zu testen, ob sich die Überreste der
Verschmelzungen wie Schwarze Löcher nach den Vorhersagen der allgemeinen
Relativitätstheorie verhalten. Dafür analysierten sie die Gravitationswellen,
die in der letzten, "Ringdown" genannten Phase der Kollision abgestrahlt werden,
wenn das entstandene Schwarze Loch nach der Verschmelzung seinen "Ruhezustand"
einnimmt.
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