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Mit zwei Gravitationswellen-Detektoren wurde vermutlich das zweite Signal von verschmelzenden Neutronensternen beobachtet. Es wurde am 25. April 2019 registriert und stammt aus einer Entfernung von etwa 520 Millionen Lichtjahren. Bei Nachbeobachtungen fand sich keine Quelle des Signals, was auch an der großen Ungenauigkeit bei der Bestimmung der Ursprungsregion liegen dürfte.
Das internationale Netzwerk der Gravitationswellen-Detektoren hat höchstwahrscheinlich sein zweites Signal von verschmelzenden Neutronensternen beobachtet. Der LIGO-Livingston- und der Virgo-Detektor identifizierten das Signal mit der Bezeichnung GW190425 am 25. April 2019 als hoch signifikantes Ereignis. Das Signal kommt aus einer Entfernung von etwa 520 Millionen Lichtjahren, viermal weiter entfernt als die erste Gravitationswelle von einer Neutronensternverschmelzung im August 2017. Es wurden keine zur Gravitationswelle passenden Signale von anderen astronomischen Observatorien gefunden. Verschmelzende Neutronensterne sind wahrscheinlichste Erklärung, doch die Gesamtmasse des Systems ist – verglichen mit bekannten Doppelneutronensternen – überraschend hoch. Dies könnte an besonderen Entstehungsumständen des Systems liegen. Es ist auch möglich, dass ein oder beide Objekte leichte Schwarze Löcher sind, wie man sie zuvor nicht beobachtet hat. "Verschmelzungen von Doppelneutronensternen gehören zu den interessantesten Quellen für die Gravitationswellenastronomie", sagt Alessandra Buonanno, Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert Einstein-Institut, AEI) in Potsdam. "Je mehr solche Ereignisse wir beobachten und untersuchen, desto mehr erfahren wir über die bisher nur wenig verstandene innere Struktur und Zusammensetzung von Neutronensternen und über ihre Masse und wie schnell sie rotieren." Um 8:18:05 UTC am 25. April 2019 beobachteten sowohl der LIGO-Livingston-Detektor als auch der Virgo-Detektor das Gravitationswellensignal GW190425. Der LIGO-Hanford Detektor war zu diesem Zeitpunkt nicht im Messbetrieb. Eine Echtzeit-Analyse identifizierte das Signal in den LIGO-Livingston-Daten als lautes Ereignis und ordnete es mit höchster Wahrscheinlichkeit der Verschmelzung zweier Neutronensterne zu. Eine Folgeanalyse fand das Ereignis auch als schwaches Signal in den Virgo-Daten. Der Unterschied in der Stärke der in beiden Detektoren beobachteten Gravitationswelle ergibt sich aus deren unterschiedlicher Empfindlichkeit: LIGO Livingston hört jede Neutronensternverschmelzung dreimal so laut wie Virgo. Aus der Echtzeit-Suchmethode ergab sich, dass ein solches Signal rein zufällig im Detektorrauschen etwa einmal in 69.000 Jahren entsteht. Das macht die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein nicht-astrophysikalisches Zufallsereignis handelt, sehr gering.
Weitere Analysen bestätigten, dass GW190425 ein Signal mit hoher Signifikanz ist, das viel lauter ist als alle zufälligen Ereignisse. Innerhalb von 43 Minuten nach dem Ereignis wurde ein öffentlicher Beobachtungshinweis einschließlich einer vorläufigen Himmelskarte herausgegeben. Da das Signal hauptsächlich in LIGO-Livingston-Daten und nur schwach in Virgo-Daten nachgewiesen wurde, ließ sich die Himmelsposition lediglich auf etwa ein Fünftel des Himmels einschränken (verglichen mit 0,07% des Himmels beim Ereignis im August 2017). Dennoch wurden fast 120 Nachbeobachtungen durch astronomische Observatorien durchgeführt. Bis heute hat keine von ihnen ein Gegenstück identifiziert, wahrscheinlich aufgrund der großen Entfernung zur Quelle und der unsicheren Himmelsposition. Wie heute veröffentlicht wurde, zeigte eine weitere tiefergehende Analyse der LIGO-Livingston- und Virgo-Daten, dass das Signal aus einer Entfernung von zwischen 290 bis 740 Millionen Lichtjahren stammt und damit zwei bis sechs Mal weiter entfernt als GW170817 (die erste Beobachtung einer Verschmelzung von zwei Neutronensternen) ist. Die Masse der einzelnen Komponenten sind mit denen bekannter Neutronensterne vergleichbar. Die Gesamtmasse des Systems jedoch liegt zwischen 3,3 und 3,7 Sonnenmassen: im Vergleich zur Population der anderen bekannten Doppelneutronensterne ist das erstaunlich viel. AEI-Forscherinnen und -Forscher haben auch bei dieser Entdeckung zu den Methoden zum Nachweis und zur Analyse von GW190425 beigetragen. Sie haben genaue Modelle der Gravitationswellen erstellt, die von verschmelzenden Neutronensternen erwartet werden. Sie beschrieben wie Struktur und Zusammensetzung der Neutronensterne die Form der Gravitationswellen beeinflussen, um damit wiederum Informationen über die Eigenschaften der Quelle zu gewinnen. GW190425 wurde höchstwahrscheinlich von einem verschmelzender Paar massereicher Neutronensterne abgestrahlt, aber die Beobachtung von Gravitationswellen allein kann eine andere Erklärung nicht ausschließen: eines oder beide der Objekte könnten noch nie zuvor beobachtete Schwarze Löcher geringer Masse gewesen sein. Diese könnten primordiale Schwarze Löcher sein, die sich im frühen Universum gebildet haben könnten, schlagen LIGO- und Virgo-Forscherinnen und -Forscher als exotischere Erklärungsmöglichkeit vor. "GW190425 könnte der erste Hinweis auf eine neue Population von Doppelneutronensternen sein, die in extrem engen, kurzperiodischen Systemen entstehen. Einige theoretische Modelle sagen ihre Existenz vorher, doch für Radioteleskope, die nach Pulsaren in solchen Systemen suchen, wären sie praktisch nicht nachweisbar", sagt Frank Ohme, Leiter einer unabhängigen Max-Planck-Forschungsgruppe am AEI Hannover. Alternativ kann sich das System auch gebildet haben, wenn in einer engen Sternenbegegnung ein Neutronenstern den Platz mit einem normalen Stern, der einen Neutronenstern umkreist, getauscht hat. Eine weitere mögliche Erklärung wäre die Verzerrung des Signals von einem weit entfernten Doppelneutronensternsystem mit normaler Masse durch eine Gravitationslinse. Unter der Annahme, dass GW190425 die zweite Gravitationswellenbeobachtung einer Neutronensternverschmelzung ist, können die Wissenschaftler*innen ihre Schätzung dafür aktualisieren, wie oft diese Ereignisse im Universum stattfinden: Zwischen 250 und 2810 solcher Verschmelzungen finden danach pro Jahr in einem würfelförmigen Ausschnitt des Universums statt, der 3,3 Milliarden Lichtjahre an jeder Seite misst. Diese Entdeckung ist die erste, die aus dem dritten Beobachtungslauf (O3) des internationalen Netzwerks der Gravitationswellen-Detektoren publiziert wird. Forschende der drei großen Detektoren (an beiden LIGO-Standorten und bei Virgo) haben die Detektortechnologie an mehreren Stellen verbessert. "Die großen Detektoren verwenden nun alle gequetschtes Licht, das in einer Pionierleistung am deutsch-britischen Detektor GEO600 entwickelt und erprobt wurde", erklärt Karsten Danzmann, Direktor am AEI Hannover. "Die Upgrades umfassen außerdem eine Erhöhung der Laserleistung, den Austausch der Endspiegel und die Reduzierung von Streulicht, was zu erhöhten Messempfindlichkeiten der Detektoren führte." Diese Verbesserungen haben den durchschnittlichen Abstand, in dem die Detektoren Neutronensternverschmelzungen beobachten können, deutlich erhöht: von 260 auf 350 Millionen Lichtjahren bei LIGO Hanford, von 330 auf 430 Millionen Lichtjahren bei LIGO Livingston und von 80 auf 150 Millionen Lichtjahren bei Virgo. Einzelne Signale können auch in größeren Abständen nachgewiesen werden, wenn die Quellen günstiger relativ zu den Detektoren ausgerichtet sind. Das Detektornetzwerk hat in der ersten Hälfte von O3 (1. April bis 30. September 2019) insgesamt 31 Gravitationswellen-Kandidaten identifiziert. Der vierte von ihnen ist GW190425. Während die zweite Hälfte des Beobachtungslaufs am 1. November begonnen hat, untersuchen gleichzeitig LIGO- und Virgo-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler alle Kandidaten. Die Entdeckung wurde bei der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal eingereicht und Forschende der LIGO-Scientific- und Virgo-Kollaboration haben gerade in Vorträgen auf dem 235. Treffen der American Astronomical Society in Honolulu darüber berichtet.
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