Der Ursprung des schnellen und langsamen Sonnenwinds
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
6. Februar 2025
Mithilfe des Solar Orbiter wurden im Jahr 2023
kleinste Plasmaströme auf der Sonne entdeckt, die man mit der Entstehung des
schnellen Sonnenwinds in Verbindung brachte. Eine neue Auswertung von
Solar-Orbiter-Daten ergab nun, dass diese Plasmaströme auch für den langsamen
Sonnenwind verantwortlich sind. Dessen Ursprung war bislang unbekannt.
Die von Solar Orbiter entdeckten winzigen
Plasmaströme auf der Sonne, die den Sonnenwind antreiben
(Ausschnitt aus einem Video). Bild:
ESA & NASA / Solar Orbiter / EUI Team [Großansicht] |
Kleinste Plasmaströme auf der Sonne treiben sowohl den schnellen als auch den
langsamen Sonnenwind an. Das zeigen Daten der ESA-Raumsonde Solar Orbiter,
die ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts
für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen jetzt ausgewertet hat. Den
Forschenden ist es gelungen, Aufnahmen von Plasmaströmen in koronalen Löchern,
dunklen Bereichen in der heißen Atmosphäre der Sonne, in Beziehung zu setzen zu
in situ-Messungen des Sonnenwindes. Die Mini-Plasmaströme sind rund 100
Kilometer breit, dauern etwa eine Minute an und schleudern geladene Teilchen mit
Geschwindigkeiten von etwa 100 Kilometern pro Sekunde ins All. Bisher hatte man
angenommen, dass für beide Spielarten des Sonnenwindes unterschiedliche
Phänomene verantwortlich sind. Zudem ließen sich die Ursprungsregionen des
langsamen Sonnenwindes bisher nicht genau bestimmen.
Bereits 2023 hatte eine Forschungsgruppe unter Leitung des MPS in der Nähe
des Sonnensüdpols kleinste Plasmaströme entdeckt. Sie zeigten sich in Aufnahmen
des Teleskops Extreme-Ultraviolett Imager (EUI) der Raumsonde Solar Orbiter.
Die Auswertungen der Daten legten den Schluss nahe, dass unser Stern den
Sonnenwind nicht als gleichmäßigen Teilchenstrom ausstößt. Vielmehr fluktuiert
er auf kleinsten Skalen. Die Forschenden brachten das neu gefundene Phänomen
jedoch zunächst nur mit den schnellsten Sonnenteilchen in Verbindung. Erst die
neue Studie zeigt nun, dass die Mini-Plasmaströme auch langsamere Teilchen
antreiben.
Der Sonnenwind ist ein nie abreißender Strom geladener Teilchen von der
Sonne, der bis in die Tiefen des Sonnensystems vordringt. Er besteht aus zwei
Komponenten: dem schnellen und dem langsamen Sonnenwind. Die Teilchen des
schnellen Sonnenwindes jagen mit Überschallgeschwindigkeiten von bis zu mehr als
500 Kilometern pro Sekunde durchs All. Ihre Quellregionen zeigen sich in
Aufnahmen der Sonnenkorona als dunkle Bereiche, sogenannte koronale Löcher. An
diesen Stellen ragen die Feldlinien des Sonnenmagnetfeldes weit in den
interplanetaren Raum. Der langsame Sonnenwind erreicht Geschwindigkeiten von
etwa 300 Kilometern pro Sekunde. Seine Ursprungsorte waren bisher schwerer zu
bestimmen.
Für die aktuelle Studie haben die Forschenden nun EUI-Aufnahmen koronaler
Löcher zusammen mit in situ-Messungen des Sonnenwindes und der Magnetfelder
durch Solar Orbiters Instrument Solar Wind Analyzer (SWA) und
Magnetometer (MAG) ausgewertet. Die Messdaten stammen vom Oktober 2022 und April
2023. Zu diesen Zeitpunkten hatte die Raumsonde auf ihrer elliptischen
Umlaufbahn um die Sonne den sonnennächsten Punkt erreicht. Etwa 50 Millionen
Kilometer trennten Solar Orbiter von unserem Stern. Das entspricht etwa
einem Drittel der Entfernung zwischen Erde und Sonne. Aus dieser Nähe gelingen
besonders hochaufgelöste Aufnahmen der Sonnenkorona.
Beim Auswerten der Daten entdeckten die Forschenden, dass nicht nur der
schnelle, sondern auch Teile des langsamen Sonnenwindes ihren Ursprung in
koronalen Löchern nehmen. "Wir waren sehr überrascht, dass dieselben winzigen
Plasmaströme sowohl den schnellen als auch den langsamen Sonnenwind antreiben",
sagt Pradeep Chitta vom MPS, der die neue Studie geleitet hat. "Bisher hatten
wir angenommen, dass unterschiedliche Prozesse am Werk sind." Während ihrer
nächsten nahen Vorbeiflüge an der Sonne im März und September dieses Jahres wird
die Raumsonde Solar Orbiter weitere Messdaten einfangen. Diese sollen
helfen genauer zu verstehen, wie die kleinen Plasmaströme die Sonnenwindteilchen
ins All katapultieren.
Die Ergebnisse der Studie wurden in der Zeitschrift Astronomy &
Astrophysics
veröffentlicht.
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