Ein internationales Forschungsteam hat in der vergangenen
Woche einen Versuchsaufbau zur Internationalen Raumstation ISS geschickt, mit
dem der Mischvorgang von Tropfen beim Zusammenprall untersucht werden soll. Die
Ergebnisse könnten sowohl auf der Erde als auch im All Anwendung finden.
Vorausgegangen waren Experimente im Labor und bei Parabelflügen.
Wie sich Tropfen beim Zusammenprall vermischen, ist wichtig für die
Entwicklung innovativer Technologien, zum Beispiel für Anwendungen wie
medizinische Inhalatoren, Flüssigkeitshandhabung im Weltraum,
Kraftstoffeinspritzung, Beschichtungen und Kühlung. Zudem lassen sich daraus
Designempfehlungen für verbesserte technologische Lösungen ableiten. In
gezielten Versuchen wollen die Forschenden herausfinden, wie die Dichte und
Oberflächenspannung der Flüssigkeiten, aber auch die Tropfengröße und
Aufprallgeschwindigkeit den Mischvorgang beeinflussen. Dafür wurden bereits
Experimente im Labor in Darmstadt und unter Schwerelosigkeit in
Parabelflügen durchgeführt, mit denen besonders gut der Mischvorgang in den
ersten wenigen Sekunden nach dem Tropfenkontakt untersucht werden kann.
Der nun auf der Internationalen Raumstation ISS installierte
Versuchsaufbau etwa in der Größe eines Schuhkartons dient dazu, ein besseres
Verständnis des Mischvorganges auf längeren Zeitskalen zu gewinnen. Nach dem
erfolgreichen Start der Rakete am 5. November in Florida wird der
Versuchsaufbau im europäischen Raumlabor Columbus der
Internationalen Raumstation ISS installiert und circa zehn Tage von den
Forschenden auf Herz und Nieren geprüft. In den darauffolgenden sechs
Monaten werden Tropfen unterschiedlicher Größe und Flüssigkeiten in
automatisierten Versuchen miteinander zu Kollision gebracht.
Dabei werden die ersten Sekunden nach dem Zusammenprall der Tropfen von
der Seite mithilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommen. In einem
der Tropfen ist ein blauer Farbstoff gelöst, der es ermöglicht, die
Flüssigkeit des einen Tropfens zu verfolgen. So kann von der
Hochgeschwindigkeitskamera das Strömungsfeld verfolgt werden und
beispielsweise das Voranschreiten der Vermischung aufgenommen werden. Das
Ziel der Messkampagne ist, zu identifizieren, welchen Einfluss die
Tropfengröße, die Aufprallgeschwindigkeit und die Oberflächenspannung auf
die Mischung haben.
Experimente im Labor und bei Parabelflügen haben bereits gezeigt, dass
die Schwerkraft das Strömungsfeld in den Tropfen in den ersten Sekunden nach
dem Zusammenprall stark beeinflusst. Nun soll untersucht werden, welchen
Einfluss die einzelnen Faktoren auf die weitere Mischung beim Zusammenprall
haben. Obwohl die Versuche in der ISS automatisiert ablaufen, haben die
Forschenden immer wieder die Möglichkeit, Videoaufnahmen von der Raumstation
abzurufen. So können sie überprüfen, ob die Versuche wie geplant
funktioniert haben oder ob es zu Problemen gekommen ist und Versuche
wiederholt werden müssen.
Die Daten hierfür liegen jedoch zunächst nur in einer niedrigen Auflösung
vor, da die Datenmengen, die bei den Versuchen anfallen, zu groß für die
vorhandenen Datenverbindungen der ISS sind. Die hochauflösenden
Versuchsdaten werden erst nach Ablauf der sechs Monate per Festplatte wieder
zurück zur Erde gebracht. Danach beginnt die zweite spannende Phase für die
Forschenden: das Auswerten und Analysieren der Versuche. Die
Forschungsarbeit des Teams vom Fachgebiet für Strömungslehre und Aerodynamik
des Fachbereichs Maschinenbau der TU Darmstadt findet in einem
internationalen Verbund statt, gemeinsam mit dem federführenden National
Institute for Laser, Plasma and Radiation Physics in Bukarest, Rumänien, und
der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, USA. Die Kooperation
mit diesen internationalen Partnern eröffnet einzigartige Möglichkeiten, die
physikalischen Prozesse des Tropfenaufpralls tiefgehend zu erforschen.
Finanziert wird das Projekt durch die europäische Weltraumorganisation ESA
und die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR).