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WELTRAUMWETTER
Neuer Ansatz für bessere Vorhersagen
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
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23. August 2024

Im Zeitalter einer schnell wachsenden Flotte von Satelliten im Weltraum ist die genaue Vorhersage von Weltraumwetterphänomenen unerlässlich, um die Satelliteninfrastruktur vor Schäden und Systemausfällen zu schützen. Eine neue Studie zeigt nun, dass das aus der irdischen Wettervorhersage bekannte Prinzip der Datenassimilation hier einen wichtigen Beitrag leisten kann.

Ringstrom

Schematische Darstellung des Ringstroms im Weltraum. Die Kugeln repräsentieren die Elektronen während des geomagnetischen Sturms, wobei die Farben die Flussdichte beschreiben: Blau steht für eine niedrige Flussdichte, rot für eine hohe Flussdichte, dazu die Satelliten-Flugbahnen. Bild: Bernhard Haas / GFZ [Großansicht]

Ein internationales Forschungsteam um Bernhard Haas und Yuri Shprits vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ hat – in Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungsbereich "Data assimilation" der Universität Potsdam – am Beispiel eines geomagnetischen Sturms gezeigt, wie das in der terrestrischen Wettervorhersage sehr leistungsfähige Prinzip der Datenassimilation hierfür genutzt werden kann. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das aus einer Fülle von punktuellen Echtzeit-Messungen, in diesem Fall per Satellit, mithilfe physikalisch basierter Modelle fortlaufend einen stimmigen Gesamt-Ausgangszustand für die weiteren Prognosen ermittelt.

Die Strahlungsgürtel und der Ringstrom, die die Erde im Weltraum umgeben, stellen eine Bedrohung für Satelliten dar: Die dort fliegenden geladenen Teilchen können durch Effekte wie Aufladung oder Oberflächenladung an elektronischen Komponenten vorübergehende Fehlfunktionen oder irreversible Schäden verursachen. Bei geomagnetischen Stürmen, die die Teilchenströme verstärken und "verwirbeln", steigt diese Gefährdungslage. Eine rechtzeitige Vorhersage solcher Gefahren kann Satellitenbetreibern helfen, ihre wertvollen Anlagen zu schützen. Um die Teilchenströme um die Erde räumlich und zeitlich möglichst präzise vorhersagen zu können, ist es notwendig, den Ausgangszustand permanent möglichst genau zu kennen. Hierfür stehen aber nur punktuelle Messungen von einigen spezialisierten Satelliten zur Verfügung. Das globale Bild muss daraus mithilfe von Modellen errechnet werden.

Zwar sind in der Modellierung und Beschreibung der Ringströme grundsätzlich Fortschritte zu verzeichnen. So hat eine Mitte 2023 von Forschern des GFZ publizierte Studie einen bislang nicht berücksichtigten Verlustmechanismus von Teilchen im Ringstrom entdeckt, der die Genauigkeit der Weltraumwettervorhersage entscheidend verbessern könnte. Und mit physikalischen Modellen lässt sich die grundlegende Dynamik des Ringstroms in geomagnetisch ruhigen Zeiten bereits gut darstellen. "Insbesondere bei hochdynamischen Ereignissen wie geomagnetischen Stürmen sind globale Zustandsbeschreibungen in nahezu Echtzeit aber immer noch eine Herausforderung", sagt Haas, Doktorand in der GFZ-Sektion Weltraumphysik und Weltraumwetter.

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Daher machten sich Haas und sein Team vom GFZ um Shprits, Leiter der Sektion und Professor an der Universität Potsdam, zusammen mit weiteren Forschenden des Sonderforschungsbereichs "Data Assimilation" (SFB 1294) der Universität Potsdam sowie aus den USA und Japan die Vorteile der sogenannten Datenassimilation zunutze. Dieses Verfahren hat sich bereits in der Meteorologie als unverzichtbar erwiesen, wo ebenfalls kleine Unsicherheiten in der Kenntnis des aktuellen Zustands zu erheblichen Fehlern in zukünftigen Vorhersagen führen können.

Als Datenassimilation bezeichnet man das Zusammenführen von Informationen aus Messungen und physikalischen Modellen. Ein zugrundeliegender Algorithmus ist beispielsweise der auch in der aktuellen Studie verwendete Kalman-Filter. In einer iterativen Schleife wird der zukünftige Zustand auf Basis der jeweils aktuell verfügbaren Messdaten und des zugrundeliegenden physikalischen Modells permanent neu abgeschätzt, inklusive Angabe der dazugehörigen Unsicherheit. Auch im Bereich der Weltraumwettervorhersage ist die Assimilierung von Echtzeitdaten der Teilchenflüsse, die von Satelliten bereitgestellt werden, ein Schlüssel, um Erkenntnisse über den gegenwärtigen Zustand der Weltraumumgebung zu gewinnen und Analysen nach extremen Ereignissen wie geomagnetischen Stürmen durchzuführen.

Während bisherige Bemühungen, mit diesem Ansatz zu arbeiten, aufgrund begrenzter Datenmengen nicht quantitativ validiert werden konnten, boten die Van-Allen-Sonden der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA und der Arase-Satellit der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA der wissenschaftlichen Gemeinschaft eine einzigartige Gelegenheit hierfür: Es umkreisten gleich mehrere hochspezialisierte Satelliten gleichzeitig die Erde. Sie konnten während des geomagnetischen Sturms am 7. September 2017 hochpräzise Daten über die Teilchenflüsse liefern. Dabei befanden sich die Van-Allen-Sonden auf der Tagseite der Erde, Arase auf der gegenüberliegenden Nachtseite. Diese Kombination ermöglichte es den Forschenden, die Ergebnisse der Assimilierung von Daten eines Satelliten durch die des anderen zu validieren und die globale Reaktion des Ringstroms während dieses Ereignisses zu untersuchen.

"Die Ergebnisse unserer Studie unterstreichen, dass die Datenassimilation bei geomagnetischen Stürmen, bei denen die Vorhersage des dynamischen Systems schwierig ist, zu einem entscheidenden Instrument wird. Dabei reicht die Assimilierung von Messungen eines einzigen Satelliten aus, um die globalen Modellergebnisse erheblich zu verbessern. Das stellt die traditionellen Annahmen in der Meteorologie in Frage, wo oft große Datenmengen für die Assimilierung verwendet werden", resümiert Haas. Und Shprits betont: "Das am GFZ betriebene Ringstrommodell kombiniert alle verfügbaren Daten, auch von anderen Satelliten, mit unserem hochmodernen Modell und liefert so die genaueste Rekonstruktion des aktuellen Zustands der gefährlichen Weltraumumgebung sowie präzise Vorhersagen für die Zukunft. Diese Forschung ebnet den Weg für eine neue Art von Vorhersagen auf der Grundlage von Messungen, die zum Schutz unserer wertvollsten Güter im Weltraum beitragen werden."

Die Studie ist im Fachmagazin Nature Scientific Reports erschienen. 

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siehe auch
Weltraumwetter: Bessere Vorhersage für Sonnenstürme - 5. Oktober 2022
Weltraumwetter: Den Einfluss der Sonne berechenbarer machen - 16. Juni 2021
DLR: Neues Institut erforscht Weltraumwetter - 25. Mai 2021
Links im WWW

Haas, B. et al. (2024): Global validation of data-assimilative electron ring current nowcast for space weather applications, Sci Rep, 14, 2327
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
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