Bessere Vorhersage für Sonnenstürme
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
5. Oktober 2022
Die Aktivität der Sonne hat auch Einfluss auf unser Leben
auf der Erde: Sie kann nicht nur für spektakuläre Polarlichter sorgen, sondern
auch kritische Infrastruktur auf der Erdoberfläche und im Orbit gefährden. Eine
möglichst frühzeitige Vorhersage von Sonnenstürmen ist daher von großer
Bedeutung. Genau damit beschäftigt sich nun eine Forscherin und ihr Team.
Die Sonne schleudert immer wieder Strahlung
und Teilchen ins All, was auch eine Gefahr für
kritische Infrastruktur auf der Erde bedeuten
kann.
Bild: Matti Ahlgren (Aalto University) [Großansicht] |
Eine innovative Methode vor Sonnenstürmen zu warnen, will Prof. Dr. Maarit
Korpi-Lagg von der Aalto-Universität im finnischen Espoo und vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen in den nächsten
anderthalb Jahren entwickeln. Der Europäische Forschungsrat (ERC) unterstützt
das Vorhaben mit einem "Proof of Concept Grant". Diese Art der Förderung ist
ambitionierten Forschungsprojekten vorbehalten, die das Potential haben,
drängende gesellschaftliche Fragen zu lösen.
Die neuartigen Vorhersagen der Sonnenaktivität könnten früher als bisher vor
Sonnenstürmen warnen, so dass sich Erdsatelliten und andere technische
Infrastruktur besser schützen lassen. Während aktuelle Vorhersagemethoden vor
allem die Vorgänge an der Sonnenoberfläche beobachten, setzt Korpi-Lagg auf
einen Blick auf die Magnetfelder im Innern der Sonne.
Die Sonne schleudert immer wieder Teilchen und Strahlung in heftigen
Eruptionen ins All. Ihren Ursprung haben die Eruptionen in aktiven Regionen an
der Oberfläche der Sonne. Das sind Gebiete, die ständig entstehen und wieder
vergehen und sich durch besonders starke Magnetfelder auszeichnen. Treffen die
Sonnenteilchen auf die Erdatmosphäre, lösen sie dort sogenannte Sonnenstürme
aus. In besonders heftigen Fällen gehen diese nicht nur mit malerischen
Polarlichtern einher, sondern können auch Erdsatelliten und technische
Infrastruktur auf der Erde lahmlegen. Davon sind unter anderem Stromversorgung,
Telekommunikation und GPS-Systeme betroffen.
"Bisher lassen sich Sonnenstürme erst dann vorhersagen, wenn sich die
dazugehörige aktive Region bereits an der Oberfläche der Sonne zeigt", erklärt
Korpi-Lagg. "Die dort emittierten Sonnenteilchen bewegen sich jedoch sehr
schnell durchs All, so dass die Vorwarnzeit möglicherweise nicht ausreicht, um
technischen Infrastruktur zu schützen." Mit ihrer neuen Methode wollen die
Forscherin und ihr Team früher im Entstehungsprozess der Sonnenstürme ansetzen.
Ziel ist es vorherzusagen, wann und wo kritische aktive Regionen entstehen,
bevor sie an der Sonnenoberfläche zu sehen sind. Im Vergleich zu bisherigen
Weltraumwettervorhersagen würde dies einen Vorsprung von einigen Tagen bedeuten.
Entscheidend für dieses Vorhaben sind die Magnetfelder im Innern der Sonne.
Auf direktem Wege lassen sie sich nicht beobachten. Das Team setzt deshalb auf
spezielle Schwerewellen des Sonnenplasmas, die sich an der Oberfläche der Sonne
zeigen und auf die hochdynamischen Magnetfelder im Innern des Sterns schließen
lassen. Netzwerke von Sonnenteleskopen auf der Erde und im All zeichnen diese
Wellen ständig auf.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Korpi-Lagg haben in den
vergangenen Jahren Computermodelle entwickelt, um aus solchen Beobachtungsdaten
die Magnetfelder im Innern zu berechnen. Da dafür sehr große und komplexe
Datenmengen verarbeitet werden müssen, nutzt das Team unter anderem
Hochleistungsrechner am MPS. "Die Modelle, die wir im Rahmen des neuen
Forschungsprojektes entwickeln, sollen die Beobachtungsdaten in Echtzeit
verarbeiten und nutzen Methoden des maschinellen Lernens, um Sonnenstürme
möglichst früh vorherzusagen“, beschreibt Korpi-Lagg die Vorgehensweise. Auf
diese Weise soll Open-Source-Software entstehen, die sich in die weltweit
bereits bestehende Infrastruktur zur Vorhersage von Weltraumwetter integrieren
lässt.
Korpi-Lagg ist ausgebildete Astronomin, hat sich aber während ihrer
gesamten Laufbahn mit Computermodellierung beschäftigt und hat derzeit eine
außerordentliche Professur für Informatik inne. Seit 2013 forscht sie an der
Aalto Universität, seit 2016 zudem am MPS. Der Europäische Forschungsrat
unterstützt ihre Forschung seit 2019 mit dem ERC Consolidator Grant "Building a
Unified Theory of Stellar Dynamos". Eine solche, bereits bestehende Förderung
durch den ERC ist eine der Voraussetzungen für einen "Proof of Concept Grant".
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