Viele nahe Sternhaufen stammen aus nur drei Familien
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
13. Juni 2024
Ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen
hat die Entstehungsgeschichte von jungen Sternhaufen entschlüsselt, die wir
teilweise am Nachthimmel mit bloßem Auge sehen können: Offenbar gehören die
meisten nahegelegenen jungen Sternhaufen nur drei Familien an, die jeweils aus
sehr massereichen Sternentstehungsregionen stammen.
Ein optisches Bild
des Sternhaufens Alpha Persei aus dem zweiten
Digitized Sky Survey (DSS2). Dieser Haufen ist
einer der am frühesten entstandenen der Alpha-Persei-Familie
und ist der Namensgeber der Familie.
Bild: ESO /
STScI Digitized Sky Survey [Großansicht] |
Ein internationales Team von Astronominnen und Astronomen unter der Leitung
der Universität Wien hat die Entstehungsgeschichte von jungen Sternhaufen
entschlüsselt, die wir teilweise am Nachthimmel mit freiem Auge sehen können.
Das Team, geleitet von Cameren Swiggum und João Alves von der Universität Wien
und Robert Benjamin von der University of Wisconsin-Whitewater
berichtet, dass die meisten nahegelegenen jungen Sternhaufen nur drei Familien
angehören, die jeweils aus sehr massereichen Sternentstehungsregionen stammen.
Diese Forschung liefert auch neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von
Supernovae, also von gewaltigen Explosionen am Lebensende von sehr massereichen
Sternen, auf die Bildung gigantischer Gasstrukturen in Galaxien wie unserer
Milchstraße.
"Junge Sternhaufen eignen sich hervorragend, um die Geschichte und den Aufbau
der Milchstraße zu ergründen. Wenn wir ihre Bewegungen in der Vergangenheit und
damit ihre Herkunft erforschen, erhalten wir auch wichtige Einblicke in die
Entstehung und Evolution unserer Galaxie", sagt João Alves von der Universität
Wien. Mithilfe präziser Daten der Gaia-Mission der europäischen
Weltraumorganisation ESA und spektroskopischen Beobachtungen verfolgte das Team
die Ursprünge von 155 jungen Sternhaufen in einem Umkreis von etwa 3500
Lichtjahren um die Sonne. Ihre Analyse zeigt, dass diese Sternhaufen in drei
Familien mit jeweils gemeinsamem Ursprung und Entstehungsbedingungen eingeteilt
werden können. "Das weist darauf hin, dass die jungen Sternhaufen von nur drei
sehr aktiven und massereichen Sternentstehungsregionen abstammen", so Alves.
Diese drei Sternenfamilien wurden nach ihren jeweils prominentesten
Sternhaufen benannt: Collinder 135 (Cr 135), Messier 6 (M 6) und Alpha Persei (α
Per). "Diese Erkenntnisse liefern ein klareres Bild davon, wie junge Sternhaufen
in unserer galaktischen Nachbarschaft wie Verwandte miteinander verbunden sind",
sagt Cameren Swiggum, Doktorand an der Universität Wien. "Indem wir die
3D-Bewegungen und früheren Positionen dieser Sternhaufen untersuchen, können wir
ihre gemeinsamen Ursprünge identifizieren und die Orte in unserer Galaxie
lokalisieren, in denen vor bis zu 40 Millionen Jahren die ersten Sterne in den
dazugehörigen Sternhaufen entstanden sind."
Die Studie ergab, dass sich bisher über 200 Supernova-Explosionen innerhalb
dieser drei Sternhaufen-Familien ereignet haben müssen, welche enorme
Energiemengen in ihre Umgebung freigesetzt haben. Die Autorinnen und Autoren
schlussfolgerten, dass diese Energie vermutlich die Gasverteilung in der lokalen
Milchstraße stark beeinflusst hat. "Das wäre eine Erklärung für die Entstehung
einer Superbubble, einer riesigen Blase aus Gas und Staub mit einem Durchmesser
von 3000 Lichtjahren um die Cr-135 Familie", erklärt Swiggum. Auch unser
Sonnensystem ist in einer solchen Blase eingebettet, die sogenannte Lokale
Bubble, die mit sehr dünnem und heißem Gas gefüllt ist. "Die Lokale Bubble ist
vermutlich auch mit der Geschichte einer der drei Sternhaufenfamilien
verknüpft", ergänzt Swiggum. "Und sie hat wahrscheinlich auch Spuren auf der
Erde hinterlassen, worauf Messungen von Eisenisotopen (60Fe)
in der Erdkruste hinweisen."
"Wir können den Himmel praktisch in eine Zeitmaschine verwandeln, die es uns
ermöglicht, die Geschichte unserer Heimatgalaxie nachzuverfolgen", sagt Alves.
"Indem wir die Genealogie von Sternhaufen entschlüsseln, erfahren wir auch mehr
über unsere eigene galaktische Abstammung." In Zukunft plant das Team um Alves
noch genauer zu erforschen, ob und wie unser Sonnensystem mit interstellarer
Materie in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, interagiert hat.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature erschienen
ist.
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