Eine erste extrasolare Glorie auf WASP-76b?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften astronews.com
9. April 2024
Mithilfe von Daten des Weltraumteleskops CHEOPS und anderer
Satelliten könnten Forschende eine sogenannte Glorie in der Atmosphäre des
Exoplaneten WASP-76 b entdeckt haben. Diese Lichterscheinung kommt auf der Erde recht häufig vor,
wurde aber ansonsten nur noch auf der Venus beobachtet. Weitere Daten, etwa von
James Webb, könnten helfen, die Entdeckung zu bestätigen.
Glorien sind bunte konzentrische Lichtringe, die nur unter besonderen
Bedingungen auftreten. Bei uns auf der Erde sind sie vor allem auf
Gebirgsspitzen bei nebligem Wetter aber auch aus dem Flugzeug in
darunterliegenden Wolkenschichten zu beobachten. Daten von CHEOPS, dem
empfindlichen Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation ESA zur
Charakterisierung von Exoplaneten, sowie Daten von mehreren anderen ESA- und
NASA-Missionen deuten darauf hin, dass dieses Phänomen aus der Atmosphäre des
ultraheißen Gasriesen WASP-76 b direkt auf die Erde strahlt. Dieser auf der Erde
häufig beobachtete Effekt wurde bisher nur einmal auf einem anderen Planeten,
der Venus, gesehen. Sollte sich diese erste extrasolare Glorie bestätigen, wird
sie mehr über die Natur dieses rätselhaften Exoplaneten verraten.
"Es ist für einen Forscher wirklich aufregend, solche Wetterphänomene zu
sehen. Ich bin schon sehr gespannt, was wir in Zukunft noch finden werden", so
Exoplanetenforscher Patricio Cubillos vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz. Ludmila Carone pflichtet ihrem
Kollegen bei: "Es gibt noch so unglaublich viel über planetare Atmosphären zu
lernen. Auf jeden Fall werden unsere 3D-Klima- und Wolkenmodelle bei künftigen
Erkenntnissen eine entscheidende Rolle spielen."
Die Daten von CHEOPS und
anderen Satelliten deuten darauf hin, dass sich zwischen der unerträglich
heißen, sonnenbeschienenen Tagseite des Exoplaneten WASP-76 b und der ständig dunklen Nachtseite die erste exoplanetare Glorie befinden könnte. Der
regenbogenähnliche Effekt tritt auf, wenn das Licht von Wolken reflektiert wird,
die aus einer vollkommen gleichförmigen, aber bisher unbekannten Substanz
bestehen. Jede Glorie ist einzigartig, abhängig von der Zusammensetzung der
Atmosphäre des Planeten und den Farben des Sternlichts, das auf ihn scheint.
So erzeugen verschiedene Sterne Glorien mit unterschiedlichen Farben und
Mustern. Eine Glorie tatsächlich beobachten zu können, ist jedoch schwierig. Der
nahegelegene Stern des Planeten muss direkt auf ihn scheinen und der Beobachter
- hier CHEOPS - muss genau richtig ausgerichtet sein.
WASP-76 b ist 637 Lichtjahre
entfernt - ein extrem heißer Gasriesenplanet, auf den ein Materialgemisch
niederprasselt, das aus sogenannten Hochtemperaturkondensaten wie Titandioxid
(TiO2), Eisen (Fe) und Aluminiumoxid (Al2O3) bestehen kann. Dieses
Ergebnis zeigt, dass CHEOPS in der Lage ist, subtile, nie zuvor gesehene
Phänomene - wie eine Glorie - auf fernen Welten zu entdecken. Seit seiner
Entdeckung im Jahr 2013 wird WASP-76 b intensiv untersucht und es hat sich ein
bizarres, höllisches Bild seiner Atmosphäre ergeben. Eine Seite des Planeten ist
immer der Sonne zugewandt und erreicht Temperaturen von 2400 Grad Celsius. Hier
schmelzen und verdampfen Materialien, die auf der Erde Gestein bilden würden. An
einem Rand dieser Tagseite ist auch die Glorie zu sehen.
Die Tatsache, dass
dieser Effekt nur an einer bestimmten Stelle auftritt und damit eine Asymmetrie
erzeugt, hat die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verblüfft. CHEOPS beobachtete WASP-76 b
intensiv, während er vor seinem sonnenähnlichen Stern vorbeizog und diesen
umkreiste. Nach 23 Beobachtungen über drei Jahre hinweg zeigten die Daten eine
überraschende Zunahme der Lichtmenge, die von der östlichen Tag-/Nachtgrenze des
Planeten ausging. Dies ermöglichte es dem Team, den Ursprung des Signals zu entschlüsseln und
einzugrenzen.
Der Glorien-Effekt erzeugt zwar
Muster, die einem Regenbogen ähnlich sind, unterscheidet sich aber von diesem.
Ein Regenbogen entsteht, wenn das Sonnenlicht beim Übergang in ein Medium
anderer Dichte gebrochen wird. Die verschiedenen Wellenlängen werden
unterschiedlich stark gebrochen, wodurch sich das weiße Licht in seine
verschiedenen Farben aufspaltet und der bekannte runde Bogen eines Regenbogens
entsteht. Die Krümmung unseres Erd-Regenbogens liegt in der gekrümmten
Oberfläche der Regentropfen in den Erdwolken begründet. Das kann auf anderen
Planeten anders sein, wenn die Wolkenteilchen zum Beispiel aus kleinen Würfeln
bestünden. Die Glorie hingegen entsteht, wenn das Licht an der Oberfläche
kleiner, feinverteilter Wolken- oder Nebeltröpfchen gestreut wird. Durch die
Form der Wolkenteilchen bilden sich so konzentrische Farbringe.
Sollte sich der Glorien-Effekt durch
zukünftige Beobachtungen bestätigen, ließe er auf das Vorhandensein von Wolken
schließen, die mindestens drei Jahre lang bestehen oder ständig nachgefüllt
werden. Damit solche Wolken erhalten bleiben, müsste auch die Temperatur und
damit das Wetter des Planeten über die Zeit stabil sein - ein faszinierender und
detaillierter Einblick in das, was auf WASP-76 b vor sich gehen könnte. Durch
die Entdeckung derartiger Wolken-Phänomene in so weiter Ferne kann die
Wissenschaft auch herausfinden, wie andere, ähnlich
schwer messbare Erscheinungen erkannt werden könnten. Mit ultragenauen Messungen
ließe sich zum Beispiel die Reflexion des Sternlichts in flüssigen Seen und
Ozeanen auf Exoplaneten nachweisen. Flüssiges Wasser ist eine Voraussetzung für
Leben, wie wir es kennen.
Es bedarf weiterer Beweise, um schlüssig sagen zu
können, dass es sich bei dieser faszinierenden Lichterscheinung um eine Glorie
handelt. Folgebeobachtungen mit dem NIRSPEC-Instrument an Bord des
Weltraumteleskops James Webb könnten genau das leisten. Auch die bevorstehende
ARIEL-Mission der ESA könnte diesen Beweis liefern und sogar weitere herrlich
aufschlussreiche Farben finden, die von anderen Exoplaneten leuchten. "Dabei ist
es ein Anliegen unserer Arbeit am IWF mit Computer-Modellen, die wir als
virtuelle Laboratorien für extreme Wetter- und Wolkenbedingungen ferner Planeten
anwenden, auch den Bogen zum Erdklima zu spannen. Je mehr wir über die
verschiedenen Aspekte klimatischer Bedingungen und die Diversität der
Zusammensetzung von planetaren Wolken erfahren, umso besser verstehen wir auch
das Klima und den Einfluss von Wolken auf unserer Erde", betont IWF-Direktorin
Christiane Helling, die auch die Exoplaneten-Forschungsgruppe "Wetter und Klima"
am Institut leitet.
Über ihre Beobachtungen und Schlussfolgerungen berichtet das Team in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen
ist.
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