Neue Lösung erlaubt ineinander verschachtelte Gravasterne
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt astronews.com
16. Februar 2024
Würde es Gravasterne tatsächlich geben, sähen sie für einen
weit entfernten Beobachter ähnlich aus wie Schwarze Löcher. Zwei theoretische
Physiker haben jetzt eine neue Lösung der Allgemeinen Relativitätstheorie Albert
Einsteins gefunden, der zufolge Gravasterne aufgebaut sein könnten wie eine
russische Matrjoschka-Puppe: Im Inneren eines Gravasterns befände sich sein
weiterer Gravastern.
Ein Gravastern könnte wie eine Matrjoschka-Puppe
aussehen. Dies fanden Physiker der Goethe-Universität
Frankfurt heraus.
Bild: Daniel Jampolski, Luciano Rezzolla,
Goethe-Universität Frankfurt [Großansicht] |
Das Innere Schwarzer Löcher ist für die Wissenschaft eine harte Nuss:
Der deutsche Physiker Karl Schwarzschild fand 1916 eine Lösung für die
Gleichungen Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, der zufolge sich
im Zentrum eines Schwarzen Lochs eine sogenannte Singularität befindet, ein
Punkt, an dem Raum und Zeit nicht mehr existieren. Alle physikalischen Gesetze,
also auch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, habe dort keine Gültigkeit
mehr, das Prinzip der Kausalität ist aufgehoben. Das ist ein großes Ärgernis für
die Wissenschaft, denn jenseits des sogenannten Ereignishorizonts können keine
Informationen aus einem Schwarzen Loch nach außen dringen. Wohl auch aus diesem
Grund fand Schwarzschilds Lösung lange Zeit außerhalb der Theorie keine größere
Beachtung, bis 1971 der erste Kandidat für ein Schwarzes Loch entdeckt, in den
2000er-Jahren das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße nachgewiesen und
schließlich 2019 das erste Bild des Schattens eines Schwarzen Lochs durch die
Event Horizon Telescope Collaboration veröffentlicht wurde (astronews.com
berichtete wiederholt).
2001 schlugen die beiden Wissenschaftler Pawel Mazur und Emil Mottola eine
andere Lösung für Einsteins Feldgleichungen vor, die zu Objekten führten, die
sie Gravasterne nannten. Im Gegensatz zu Schwarzen Löchern haben Gravasterne aus
Sicht der theoretischen Astrophysik mehrere Vorteile: Einerseits sind sie sind
nahezu so kompakt wie Schwarze Löcher und besitzen ebenso wie diese an ihrer
Oberfläche eine Gravitationskraft, die praktisch so stark ist wie die eines
Schwarzen Lochs, sodass ihr nicht einmal Licht entkommen kann. Allerdings haben
sie keine Grenze, innerhalb der keine Art von Information nach außen dringen
kann, den sogenannten Ereignishorizont, und in ihrem Inneren gibt es keine
Singularität. Vielmehr besitzen Gravasterne einen Kern aus exotischer – dunkler
– Energie, die den Gegendruck zur ungeheuren Gravitationskraft hält, die den
Stern zusammenpresst. Die Oberfläche von Gravasternen bildet eine hauchdünne
Haut aus gewöhnlicher Materie, deren Dicke gegen Null geht.
Die beiden theoretischen Physiker Daniel Jampolski und Prof. Luciano Rezzolla
haben jetzt eine Lösung der Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie
vorgestellt, die einen Gravastern im Innern eines weiteren Gravasterns
beschreibt. Diesem – hypothetischen – Himmelsobjekt haben sie den Namen "Nestar"
gegeben (von englisch nested = verschachtelt). Jampolski, der die Lösung in
seiner durch Prof. Luciano Rezzolla betreuten Bachelorarbeit fand, meint: "Der
Nestar ist wie eine russische Matrjoschka, und unsere Lösung der Feldgleichungen
lässt auch eine ganze Reihe von ineinander geschachtelten Gravasternen zu."
Während der Gravastern nach Mazur und Mottola eine nahezu unendlich dünne Haut
aus normaler Materie habe, hat der Nestar eine etwas dickere Materiehülle: "Man
kann sich etwas leichter vorstellen, dass es so etwas geben könnte."
Rezzolla, Professor für theoretische Astrophysik an der Goethe-Universität in
Frankfurt, erläutert: "Es ist toll, dass es auch 100 Jahre nach Schwarzschilds
erster Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen aus der Allgemeinen
Relativitätstheorie noch möglich ist, neue Lösungen zu finden. Das ist ein
bisschen so, wie wenn man in einer vermeintlich erschöpften Mine auf eine
Goldader stößt. Leider haben wir noch keine Vorstellung davon, wie solch ein
Gravastern entstehen könnte. Doch selbst wenn Nestare nicht existieren sollten,
hilft uns die Erforschung der mathematischen Eigenschaften dieser Lösungen
letztlich dabei, Schwarze Löcher besser zu verstehen."
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in
Classical Quantum Gravity erschienen ist.
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