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Katalog mit 900.000 Röntgenquellen veröffentlicht
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
5. Februar 2024
Das deutsche eROSITA-Konsortium hat Ende Januar die Daten
seines Anteils an der ersten Himmelsdurchmusterung durch das abbildende
Röntgenteleskop an Bord des Spektrum-RG-Satelliten veröffentlicht. In den ersten
sechs Monaten Beobachtung hat eROSITA bereits mehr Quellen entdeckt, als in der
60-jährigen Geschichte der Röntgenastronomie bisher bekannt waren.

Dieses Bild zeigt eine Hälfte des
Röntgenhimmels, projiziert auf einen Kreis (sogenannte Zenit
Equal Area Projektion) mit dem Zentrum der Milchstraße auf der
linken Seite und der galaktischen Ebene in der Horizontalen.
Die Photonen sind entsprechend ihrer Energie farbkodiert (rot
für Energien von 0,3-0,6 keV, grün für 0,6-1 keV, blau für
1-2,3 keV).
Bild:
MPE, J. Sanders für das eROSITA-Konsortium [Großansicht] |
Die eRASS1-Beobachtungen mit dem eROSITA-Teleskop wurden vom 12. Dezember
2019 bis zum 11. Juni 2020 durchgeführt. Im empfindlichsten Energiebereich der
eROSITA-Detektoren (0,2-2 keV) entdeckte das Teleskop 170 Millionen
Röntgenphotonen, für die die Kameras die ankommende Energie und Ankunftszeit
genau messen können. Der Katalog wurde dann erstellt - nach sorgfältiger
Verarbeitung und Kalibrierung - indem Konzentrationen von Photonen am Himmel vor
einem großflächigen, hellen und diffusen Hintergrund nachgewiesen wurden. Nach
eRASS1 führte eROSITA die Durchmusterung des Himmels fort und erstellte etliche
weitere vollständige Himmelsdurchmusterungen. Auch diese Daten werden in den
kommenden Jahren der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht.
Der eRASS1-Katalog deckt die Hälfte des Röntgenhimmels ab und ist der
Datenanteil des deutschen eROSITA-Konsortiums. Er umfasst mehr als 900.000
Quellen, von etwa 710.000 supermassereichen Schwarzen Löchern in fernen Galaxien
(aktive galaktische Kerne) über 180.000 aktive Sterne in unserer eigenen
Milchstraße bis hin zu 12.000 Galaxienhaufen und einer kleinen Anzahl anderer
exotischer Quellen wie röntgenstrahlende Doppelsterne, Supernovaüberreste,
Pulsare und andere Objekte. "Das sind überwältigende Zahlen für die
Röntgenastronomie", sagt Andrea Merloni, der leitende Wissenschaftler von
eROSITA und Erstautor des eROSITA-Katalogs. "Wir haben in sechs Monaten mehr
Quellen entdeckt als die großen Flaggschiff-Missionen XMM-Newton und Chandra in
fast 25 Jahren."
Zeitgleich mit der Datenfreigabe reichte das deutsche eROSITA-Konsortium fast
50 neue wissenschaftliche Publikationen bei Fachzeitschriften ein, zusätzlich zu
den mehr als 200, die das Team bereits vor der Veröffentlichung des Katalogs
veröffentlicht hatte. Zu den darin beschriebenen Entdeckungen zählen unter
anderem ein riesiges Filament von warm-heißem, reinem Gas zwischen zwei
Galaxienhaufen und zwei neue "quasi-periodisch ausbrechende" Schwarze Löcher.
Andere Studien beschäftigen sich mit der Frage, wie sich die Röntgenstrahlung
eines Sterns auf die Atmosphäre und den Rückhalt von Wasser bei Planeten in der
Umlaufbahn auswirken kann, sowie mit einer statistischen Analyse von flackernden
Schwarzen Löchern.
"Der Umfang der wissenschaftlichen Ergebnisse und die Bedeutung der
Durchmusterung sind ziemlich überwältigend und lassen sich nur schwer in Worte
fassen", sagt Mara Salvato, die als Sprecherin des deutschen eROSITA-Konsortiums
die Arbeit von rund 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in zwölf
Arbeitsgruppen koordiniert. "Aber die von unserem Team veröffentlichten Arbeiten
werden für sich selbst sprechen." Die erste eRASS-Datenveröffentlichung (DR1)
macht nicht nur den Katalog der Quellen öffentlich, sondern auch Bilder des
Röntgenhimmels bei verschiedenen Energien und sogar Listen der einzelnen
Photonen mit ihren Himmelspositionen, Energien und genauen Ankunftszeiten. Die
für die Analyse der eROSITA-Daten nötige Software ist ebenfalls in der
Veröffentlichung enthalten.
Für viele Arten von Quellen wurden auch zusätzliche Daten aus anderen
Wellenbereichen in sogenannte "Mehrwert"-Kataloge aufgenommen, die über die
reine Röntgeninformation hinausgehen. "Wir haben enorme Anstrengungen
unternommen, um qualitativ hochwertige Daten und Software zu veröffentlichen",
fügt Miriam Ramos-Ceja hinzu, die das eROSITA-Operations-Team leitet. "Wir
hoffen, dass dies die Zahl der Wissenschaftler weltweit, die mit
Hochenergie-Daten arbeiten, deutlich erhöhen wird, und so die Grenzen der
Röntgenastronomie weiter vorangetrieben werden."
"Die eROSITA-Collaboration hat bei dieser Datenveröffentlichung hervorragende
Arbeit geleistet; und das gleichzeitig mit der Veröffentlichung all dieser
erstaunlichen neuen Ergebnisse", sagt Kirpal Nandra, Direktor am MPE. 2Es wird
noch viel mehr von uns geben und wir sind gespannt darauf, was der Rest der Welt
mit den nun veröffentlichten Daten tun wird."
eROSITA ist das Instrument für die weiche Röntgenstrahlung an Bord von
Spektrum-RG (SRG), einer gemeinsamen russisch-deutschen Wissenschaftsmission.
Das Teleskop wurde am 13. Juli 2019 an Bord der SRG-Mission ins All gebracht.
Seine große Sammelfläche und sein weites Sichtfeld sind für eine tiefe
Durchmusterung des gesamten Himmels im Röntgenbereich ausgelegt. Über sechs
Monate hinweg (Dezember 2019 – Juni 2020) hat SRG/eROSITA die erste
Durchmusterung des gesamten Himmels bei Energien von 0,2-8 keV abgeschlossen.
Dies ist deutlich tiefer als die einzige bisher existierende Durchmusterung des
gesamten Himmels mit einem Röntgenteleskop, die 1990 von ROSAT bei Energien von
0,1-2,4 keV durchgeführt wurde. Drei weitere vollständige Durchmusterungen des
gesamten Himmels wurden zwischen Juni 2020 und Februar 2022 abgeschlossen.
eROSITA wurde im Februar 2022 in den Safe Mode versetzt und hat den
wissenschaftlichen Betrieb seither nicht wieder aufgenommen.
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