Magnetare und die rätselhaften Radioblitze
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
27. November 2023
Mithilfe von Radiobeobachtungen ist ein internationales
Forschungsteam auf eine besondere Eigenschaft von sogenannten Magnetaren
gestoßen, die diese mit anderen Neutronensternen zu teilen scheinen. Die
Entdeckung liefert einen Hinweise auf die Entstehung von Radiostrahlung bei
diesen Objekten und könnte auch etwas über den Ursprung der rätselhaften
schnellen Radiostrahlungsausbrüche verraten.
Künstlerische Darstellung eines Magnetars:
ein Neutronenstern sendet mithilfe der im ultrastarken
Magnetfeld gespeicherten Energie Radiostrahlung aus und
verursacht so Ausbrüche, die zu den energiereichsten im
Universum beobachteten Ereignissen zählen.
Bild:
Michael Kramer / MPIfR [Großansicht] |
Neutronensterne sind die kollabierten Kerne massereicher Sterne, bei denen
bis zu zwei Sonnenmassen in einer Kugel von weniger als 25 Kilometer Durchmesser
konzentriert sind. Infolgedessen ist die Materie dort die am dichtesten gepackte
im beobachtbaren Universum, wobei Elektronen und Protonen zu Neutronen
komprimiert werden; daher der Name für diese Objekte. Mehr als 3000
Neutronensterne können als Radiopulsare beobachtet werden, die einen gebündelten
Radiostrahl aussenden, der von der Erde aus als pulsierendes Signal sichtbar
ist, wenn der rotierende Pulsar sein Licht in Richtung unserer Teleskope
abstrahlt. Das Magnetfeld von normalen Pulsaren ist bereits Billionen Mal
stärker als das Magnetfeld der Erde, aber es gibt eine kleine Gruppe von
Neutronensternen, deren Magnetfeld sogar noch 1000 Mal stärker ist. Dies sind
die sogenannten Magnetare.
Von den etwa 30 bekannten Magnetaren wurden sechs auch als Radiostrahler
entdeckt, zumindest zeitweise. Um diesen Zusammenhang zu untersuchen, haben
Forschende des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) mit
Unterstützung von Kollegen der Universität Manchester die einzelnen Pulse von
Magnetaren im Detail untersucht und eine Unterstruktur in ihnen entdeckt. Es
stellte sich heraus, dass eine ähnliche Pulsstruktur auch in Pulsaren, in
schnell rotierenden Millisekunden-Pulsaren, und in weiteren
Neutronensternquellen, den sogenannten "Rotating Radio Transients", beobachtet
wurde. Zu ihrer Überraschung stellte das Team fest, dass die Zeitskalen von
Magnetaren und die der anderen Arten von Neutronensternen alle der gleichen
universellen Beziehung folgen und genau mit der Rotationsperiode skalieren.
In letzter Zeit hat das Forschungsinteresse an Magnetaren und ihren
Eigenschaften drastisch zugenommen, da sie möglicherweise mit schnellen
Radiostrahlungsausbrüchen (FRBs) in Verbindung stehen. FRBs sind kurzzeitige
Ausbrüche von Radioemissionen von nur wenigen Millisekunden Dauer, die von
außergalaktischen Quellen erzeugt werden. Obwohl der Ursprung der FRBs noch
nicht geklärt ist, wird spekuliert, dass Magnetare eine der möglichen
FRB-Quellen darstellen.
Die Tatsache, dass sich ein Neutronenstern mit einer Rotationsperiode von
weniger als ein paar Millisekunden und ein Neutronenstern mit einer Periode von
fast 100 Sekunden wie ein Magnetar verhalten, deutet darauf hin, dass der
eigentliche Ursprung der Subpulsstruktur bei allen Neutronensternen, die
Radiostrahlung aussenden, derselbe sein muss. Das gibt Informationen über den
Plasmaprozess, der für die Radioemission verantwortlich ist, und bietet eine
Möglichkeit, ähnliche Strukturen, die in FRBs zu sehen sind, als Ergebnis einer
entsprechenden Rotationsperiode zu interpretieren. "Als wir damit anfingen, die
Emission von Magnetaren mit der von FRBs zu vergleichen, erwarteten wir durchaus
Ähnlichkeiten", erinnert sich Michael Kramer, Direktor am MPIfR. "Was wir nicht
erwartet haben, ist, dass alle radiostrahlenden Neutronensterne diese
universelle Skalierung teilen."
"Wir gehen davon aus, dass Magnetare durch Magnetfeldenergie angetrieben
werden, während die anderen durch ihre Rotationsenergie angetrieben werden",
ergänzt Kuo Liu. "Einige sind sehr alt, andere sehr jung, und doch scheinen alle
diesem Gesetz zu folgen." Gregory Desvignes beschreibt das Experiment: "Wir
haben die Magnetare mit dem 100-m-Radioteleskop in Effelsberg beobachtet und
unsere Ergebnisse auch mit Archivdaten verglichen, da Magnetare nicht ständig
Radioemission aussenden." "Da die Radioemission von Magnetaren nicht immer
vorhanden ist, muss man flexibel sein und schnell reagieren, was mit
Radioteleskopen wie dem in Effelsberg auch möglich ist", ergänzt Ramesh
Karuppusamy.
Für Ben Stappers ist der spannendste Aspekt des Ergebnisses die mögliche
Verbindung zu FRBs: "Wenn zumindest einige FRBs von Magnetaren verursacht
werden, könnte die Zeitskala der Substruktur im Strahlungsausbruch uns die
Rotationsperiode der zugrunde liegenden Magnetarquelle verraten. Wenn wir diese
Periodizität in den Daten finden, wäre dies ein Meilenstein für die Erklärung
dieser Art von FRBs als Radioquellen." "Mit den neuen Ergebnissen machen wir uns
nun auf, das Rätsel zu lösen", hofft Michael Kramer.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
|