Wie könnte man die unter dem Eis der Monde Europa und
Enceladus vermuteten Ozeane erforschen? Entsprechende Technologien werden gerade
im Rahmen verschiedener Forschungsvorhaben entwickelt, in Bremen etwa ein
autonomes Miniaturfahrzeug für einen Einsatz unter Eis. Ziel ist es, das
Fahrzeug mit allen dazugehörigen Komponenten 2026 in der Antarktis zu testen.
Seit Jahren vermuten Forschende Ozeane aus Wasser unter den mit Eis
bedeckten Monden Enceladus und Europa. Auch im All bedeutet Wasser
möglicherweise Leben – selbst, wenn es unter einer Eisschicht vorkommt. Auf
der Erde und erst recht im All ist die Untersuchung solcher unter einer
kilometerdicken Eisoberfläche liegenden Gewässern jedoch eine enorme
Herausforderung: Wie kommen Technologien durch den mächtigen Eispanzer, und
wie kann unter den dort gegebenen extremen Umgebungsbedingungen eine
Exploration des Ozeans erfolgen? Welche wissenschaftliche Sensorik ist für
die Suche nach Spuren von Leben erforderlich? Wie werden Proben geborgen?
Wie kann all das ablaufen, ohne ein noch unbekanntes Ökosystem zu
verunreinigen?
Das am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität
Bremen koordinierte Verbundprojekt TRIPLE-nanoAUV 2 setzt sich vor allem mit
den technischen Herausforderungen auseinander. Das Akronym TRIPLE steht für
"Technologies for Rapid Ice Penetration and subglacial Lake Exploration",
auf Deutsch "Technologien für die schnelle Eisdurchdringung und die
Erforschung von mit Eis bedeckten Seen". Das Projekt ist neben den
TRIPLE-Verbundprojekten TRIPLE-GNC und TRIPLE-LifeDetect Teil der DLR
Explorer-Initiativen. Die Entwicklungen der TRIPLE-Projekte sollen in Phase
2 zusammengeführt und gemeinsam bei einem Feldversuch unter dem
antarktischen Schelfeis nahe der Neumayer-III-Station im Frühjahr 2026
getestet werden.
Mit industriellen Partnern aus den Bereichen Raumfahrt und
Unterwasser-Akustik sowie assoziierten TRIPLE-Projekten wird am MARUM dafür
ein kleiner autonomer Unterwasserroboter konstruiert – englisch "Autonomous
Underwater Vehicle", kurz AUV – sowie ein LRS (Launch & Recovery System),
mit dem das Fahrzeug unter Eis ausgesetzt und wieder geborgen wird. Das LRS
soll dem nanoAUV ermöglichen, an einer Unterwasserstation anzudocken, um
gesammelte Daten zu übermitteln, seine Batterie aufzuladen und somit längere
Zeit unter Wasser zu bleiben. Das Fahrzeug wird, da es als Nutzlast in einer
Schmelzsonde durch das Eis transportiert werden muss, wesentlich kleiner
konstruiert als es bei Unterwasserfahrzeugen üblich ist, nämlich mit einem
Durchmesser von etwa zehn und einer Länge von circa 50 Zentimetern.
Unter dem Kontinentaleis der Antarktis werden in subglazialen Seen
unbekannte Ökosysteme vermutet. Die Erkundung der mit bis zu 4000 Metern
dickem Eis bedeckten Gewässer ist technisch enorm anspruchsvoll. "Solche
Nano-Fahrzeuge können dabei helfen, insgesamt ein besseres Verständnis für
marine Ökosysteme zu gewinnen", sagt Projektleiter Prof. Ralf Bachmayer vom
MARUM. "Das neue autonome System ist einzigartig und soll zukünftig auch die
Erforschung der globalen Flüssigwasserozeane unter der eisigen Oberfläche
des Jupiter-Eismonds Europa und des Saturnmonds Enceladus ermöglichen. Vor
allem die Miniaturisierung ist dabei eine Herausforderung in der Entwicklung
– hierfür gibt die Sonde die Maße vor. Zudem müssen alle Komponenten den
hohen Drücken unter Wasser standhalten."
"Ziel ist es, Expertise innerhalb der DLR Explorer Initiativen für einen
Einsatz bei einer möglichen internationalen Raumfahrtmission zu sammeln. In
ersten Feldversuchen wird die Schmelzsonde mit dem als Nutzlast integrierten
nanoAUV zunächst bei einer Eisdicke von 100 Metern eingesetzt", erklärt
leitender Ingenieur Sebastian Meckel. "Darüber hinaus ist das nanoAUV
gegenüber größeren autonomen Fahrzeugen unteraktuiert, das heißt es ist nur
eingeschränkt manövrierfähig. Dies alles erfordert eine sehr große
Zuverlässigkeit und eine enge Abstimmung mit den assoziierten Partnern aus
TRIPLE-GNC und TRIPLE-LifeDetect."
Das Projekt folgt auf die Verbundprojekte TRIPLE-nanoAUV1 und TRIPLE-MoDo
und führt die Konzepte für das autonome Fahrzeug sowie eine Andock-Station
fort. Im Parallelprojekt TRIPLE-IceCraft wurde bereits die Schmelzsonde
entwickelt, welche die Eisdecke bei Neumayer III durchdringen soll, um so
das nanoAUV im darunter liegenden Wasser auszusetzen. Weitere assoziierte
Projekte entwickeln zum Beispiel Navigationssoftware und die
wissenschaftliche Nutzlast für das autonome Fahrzeug. Zudem fließen
Ergebnisse aus dem ROBEX-Projekt mit ein, an dem das MARUM ebenfalls
maßgeblich beteiligt war. Hier wurden zum ersten Mal Raumfahrt- und
Tiefseeforschung verknüpft und robotische Systeme für extreme Umgebungen
entwickelt.
Das MARUM und die Universität Bremen koordinieren das aktuelle Projekt,
Partner sind die Firmen DSI Aerospace Technologie GmbH aus Bremen sowie
EvoLogics GmbH aus Berlin. Das Projekt hat ein Gesamtfördervolumen von 2,68
Millionen Euro und läuft bis September 2026. Die Gesamtkoordination der
TRIPLE-Projektlinie obliegt der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. Teil der
zweiten Phase sind neben TRIPLE-nanoAUV die Parallelprojekte TRIPLE-GNC
(Navigation und Steuerung), TRIPLE-LifeDetect (wissenschaftliche Nutzlast),
und TRIPLE-FRS 2 (Vorfelderkundungssystem zur Implementierung in den
Schmelzkopf der Einschmelzsonde). Die TRIPLE-Projektlinie ist Teil der DLR
Explorer-Initiativen.