Neue Sonde für Forschung unter dem Eis
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des DFKI astronews.com
5. November 2019
Auf der Suche nach Leben in unserem Sonnensystem spielt der Jupitermond
Europa eine wichtige Rolle: Unter seiner kilometerdicken Eisdecke wird ein
tiefer Ozean vermutet, der die Grundlage für Leben bieten
könnte. In Bremen arbeitet man an Konzepten, um den Ozean durch
autonome Unterwasserfahrzeuge zu erforschen. Jetzt wurde ein neues Tauchfahrzeugmodell
vorgestellt.
Das autonome Unterwasserfahrzeug DeepLeng
liegt mit geöffneter Hülle in der
Unterwasser-Explorationshalle am Robotics
Innovation Centers des DFKI in Bremen.
Foto: DFKI GmbH / Annemarie Popp [Großansicht] |
In durchschnittlich 600 Millionen Kilometern
Entfernung, unter einer bis zu 15 Kilometer dicken Eisdecke, am Grund eines
darunterliegenden, rund 100 Kilometer tiefen Ozeans – an diesem extremen Ort
könnte es zu finden sein: Bei der Suche nach extraterrestrischem Leben sind die
hydrothermalen Quellen, die auf dem Jupitermond Europa vermutet werden, von
großem Interesse. Durch das Spenden von Wärme und Mineralien bieten sie einen
potentiellen Lebensraum für Organismen – ähnlich wie am Meeresgrund auf der
Erde.
Um den Ozean auf Europa und die vermuteten Quellen untersuchen zu können,
entwickelten die Wissenschaftler des Robotics Innovation Centers im Projekt
Europa-Explorer (EurEx) ein einzigartiges Navigationskonzept für den
vollautonomen Einsatz von Fahrzeugen unter einer geschlossenen Eisdecke. Im
hieran anknüpfenden Projekt EurEx – Sichere Langzeitnavigation (EurEx-SiLaNa)
wurde nun die
Navigationsleistung des "Roboterteams", bestehend aus dem autonomen
Unterwasserfahrzeug (AUV) Leng und dem IceShuttle Teredo, erfolgreich
verbessert. Während die Thermalbohrung zur Durchdringung der kilometerdicken
Eisschicht weiter an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
(RWTH) erforscht wird, überführten die Forscher am DFKI die Technologien des AUV
Leng zur Exploration des Ozeans auf Europa in eine neue, verbesserte Version –
dem DeepLeng.
Auffällig an dem autonomen Unterwasserfahrzeug DeepLeng ist vor allem das neue
Aussehen: Knapp einen Meter kürzer und sieben Zentimeter breiter ist das
torpedoförmige System nun. Neben einer verbesserten Navigationsfähigkeit, einer
vereinfachten Kabelstruktur und einem geringen Wartungsaufwand bietet DeepLeng
zusätzlich ein Nutzlastkompartment für die Realmission. Hier können
beispielsweise ein mikrobiologisches Labor oder ein Probensammler verbaut
werden. Um die auftretenden Korrosionsschäden beim ersten AUV aus Aluminium und
Edelstahl vorzubeugen, sollte ursprünglich Titan eingesetzt werden. Im Verlauf
des Projekts EurEx-SiLaNa wurde jedoch entschieden, Glasdruckkörper und
Trennkörper aus Kunststoff einzusetzen. Hierdurch können nicht nur
Korrosionsschäden vollständig verhindert, sondern ebenso Materialkosten gespart
und ein tieferes Abtauchen ermöglicht werden.
Ein weiteres zentrales Vorhaben
des Projekts EurEx-SiLaNa war die Implementierung einer
Missionsbeschreibungssprache. Die Missionsbeschreibung des AUVs realisierten die
Wissenschaftler ursprünglich, indem sie den Ablauf direkt im Quellcode
umsetzten. Dies erforderte jedoch bei jeder Missionsänderung einen
Systemneustart. Durch ein Missionsmanagement mit einer definierten
Missionsbeschreibungssprache wurde dem nun Abhilfe geschaffen. So können
DeepLeng und andere AUVs, die die selbe Softwarearchitektur besitzen,
verschiedene Teilfunktionalitäten verknüpfen und auf äußere Einflüsse durch
eigene Entscheidungen reagieren.
Getestet
wurde DeepLeng zunächst in der Druckkammer des Robotics Innovation Center, wo
die neuen Komponenten einem Druck von bis zu 600 Bar ausgesetzt wurden – dies
entspricht einer terrestrischen Meerestiefe von rund sechs Kilometern. Auch die
Sensorik konnte erweitert und in Feldversuchen erprobt werden: Mit einem
Fächerecholot, der zukünftig in
DeepLeng verbaut wird, konnte das autonome Unterwasserfahrzeug Dagon den Boden
des Stadtwaldsees in Bremen erkunden. Da die Softwarearchitektur bei beiden AUVs
dieselbe ist, konnten die Technologien und die neue Missionsbeschreibungssprache
problemlos transferiert werden.
Als Fortführung des Projekts Europa Explorer wurde EurEx-SiLaNa mit rund 650.000 Euro vom Projektträger DLR mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Die
Forschungsarbeiten des DFKI Robotics Innovation Center sind Teil der
EnEx-Initiative des DLR, in der neben Europa auch an einer möglichen Erforschung
des Jupitermonds Encaledus gearbeitet wird. Zur Weiterführung plant das Team um
Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Kirchner ein Folgeprojekt im Frühjahr 2020, im Rahmen
dessen DeepLeng fertiggestellt und unter anderem in Skandinavien unter Eis
getestet werden soll.
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