Wie kühle Sterne Planeten-Atmosphären gefährden
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
7. August 2023
Mithilfe von numerischen Simulationen hat eine
Forschungsgruppe die erste systematische Charakterisierung der Eigenschaften
stellarer Winde in einer Stichprobe von kühlen Sternen vorgenommen. Danach
erzeugen Sterne mit
stärkeren Magnetfeldern auch stärkere Winde, was wiederum ungünstige
Bedingungen für das Überleben von Planetenatmosphären schaffen könnten.
Künstlerische Darstellung eines
Stern-Planeten-Systems. Der Sternenwind und sein Effekt auf
die Planetenatmosphäre ist erkennbar.
Bild:
AIP / K. Riebe/ J. Fohlmeister [Großansicht] |
Die Sonne gehört zu den
am häufigsten vorkommenden Sternen im Universum, die als "kühle Sterne"
bezeichnet werden. Diese Sterne werden in vier Kategorien unterteilt (Typ F, G,
K und M), die sich in Größe, Temperatur und Helligkeit unterscheiden. Die Sonne
ist ein ziemlich durchschnittlicher Stern und gehört zur Kategorie G. Sterne,
die heller und größer als die Sonne sind, gehören zur Kategorie F, und K-Sterne
sind etwas kleiner und kühler als die Sonne. Die kleinsten und schwächsten
Sterne sind die M-Sterne, die aufgrund der Farbe, in der sie das meiste Licht
aussenden, auch als "rote Zwerge" bezeichnet werden.
Satelliten-Beobachtungen
haben gezeigt, dass die Sonne neben Licht auch einen anhaltenden Strom von
Teilchen aussendet, der als Sonnenwind bekannt ist. Diese Winde durchqueren den
interplanetaren Raum und interagieren mit den Planeten des Sonnensystems,
einschließlich der Erde. Das wunderschöne Schauspiel der Polarlichter in der
Nähe der Pole wird durch diese Wechselwirkung erzeugt. Diese Winde können jedoch
auch schädlich sein, da sie eine stabile Planetenatmosphäre zerstören können,
wie es auf dem Mars der Fall war.
Während über den Sonnenwind viel bekannt ist –
unter anderem dank Missionen wie Solar Orbiter –, gilt dies nicht für andere
kühle Sterne. Das Problem besteht darin, dass wir diese Sternwinde nicht direkt
sehen können, so dass wir uns auf die Untersuchung ihres Einflusses auf das
dünne Gas beschränken müssen, das den Raum zwischen den Sternen in der Galaxie
füllt. Dieser Ansatz hat jedoch mehrere Einschränkungen und ist nur auf einige
wenige Sterne anwendbar. Aus diesem Grund werden Computersimulationen und
Modelle eingesetzt, um die verschiedenen Eigenschaften der Sternwinde
vorherzusagen, ohne dass Astronominnen und Astronomen sie beobachten müssen.
In
diesem Kontext haben die Doktorandin Judy Chebly, der Wissenschaftler Dr.
Julián D. Alvarado-Gómez und die Abteilungsleiterin Prof. Dr. Katja Poppenhäger
aus der Abteilung Sternphysik und Exoplaneten am Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam (AIP)in Zusammenarbeit mit
Cecilia Garraffo vom Center for Astrophysics am Harvard & Smithsonian die erste
systematische Studie der Eigenschaften von Sternwinden erstellt, die für F-, G-,
K- und M-Sterne erwartet werden. Die numerischen Simulationen wurden mit den
Supercomputern des AIP und des Leibniz-Rechenzentrums durchgeführt, wobei
eines der anspruchsvollsten derzeit verfügbaren Modelle verwendet wurde.
Das
Team untersuchte, wie sich die Eigenschaften der Sterne, wie Schwerkraft,
Magnetfeldstärke und Rotationsdauer, auf die Windeigenschaften in Form von
Geschwindigkeit oder Dichte auswirken. Die Ergebnisse umfassen eine vollständige
Charakterisierung der Eigenschaften des Sternwinds über alle Sterntypen hinweg,
und zeigen, dass frühere Annahmen zu den Sternwindgeschwindigkeiten überdacht
werden müssen, wenn die damit verbundenen Massenverluste aus Beobachtungen
geschätzt werden. Darüber hinaus ermöglichen die Simulationen die Vorhersage der
erwarteten Größe der Alfvén-Oberfläche – der Grenze zwischen der Korona des
Sterns und seinem Sternwind. Diese Informationen sind von grundlegender
Bedeutung, um festzustellen, ob ein Planetensystem möglicherweise starken
magnetischen Stern-Planeten-Wechselwirkungen ausgesetzt ist, die auftreten
können, wenn die Planetenbahn in die Alfvén-Oberfläche des Sterns eintritt oder
vollständig darin eingebettet ist.
Ihre Ergebnisse zeigen, dass Sterne mit
Magnetfeldern, die größer sind als die der Sonne, schnellere Winde haben. In
einigen Fällen können die Sternwindgeschwindigkeiten bis zu fünfmal schneller
sein als die durchschnittliche Sonnenwindgeschwindigkeit, die typischerweise 450
km/s beträgt. Im Rahmen der Untersuchung wurde ermittelt, wie stark die Winde
dieser Sterne in den sogenannten "habitablen Zonen" sind, d. h. in den
Entfernungen, in denen felsige Exoplaneten bei einem erdähnlichen
atmosphärischen Druck flüssiges Wasser an der Oberfläche haben könnten.
In der
Nähe von Sternen des F- und G-Typs herrschen mildere Bedingungen, vergleichbar
mit denen, die die Erde in der Nähe der G-Typ-Sonne vorfindet, während die Winde
bei Sternen des K- und M-Typs zunehmend schroffer werden. Solch kräftige
Sternwinde wirken sich stark auf eine mögliche Atmosphäre des Planeten aus.
Dieses Phänomen ist in der Sonnenphysik zwischen Gesteinsplaneten und der Sonne
gut dokumentiert, aber nicht im Fall von Exoplaneten-Systemen. Dies erfordert
Schätzungen des Sternwindes, um ähnliche Prozesse zu bewerten, wie wir sie
zwischen dem Sonnenwind und den Planetenatmosphären beobachten.
Informationen
über den Sternwind waren bisher für Hauptreihen-Sterne der Klassen F bis M nicht
bekannt, was diese Studie im Zusammenhang mit der Habitabilität wichtig macht.
Die Studie wurde zwar lediglich für 21 Sterne durchgeführt, aber die Ergebnisse
sind allgemein genug, um auf andere kühle Hauptreihensterne angewendet zu
werden. Diese Untersuchung könnte damit auch den Weg für künftige Forschungen
zur Beobachtung von Sternwinden und deren Einfluss auf die Erosion von
Planetenatmosphären ebnen.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen
ist.
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