CCAT
Inbetriebnahme für 2024 angestrebt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Köln astronews.com
7. Februar 2023
Seit vielen Jahren ist ein internationales Konsortium mit
Planung und Bau eines neuen Submillimeter-Teleskops in der chilenischen
Atacamawüste beschäftigt. Zu den beteiligten Einrichtungen gehören auch die
Universitäten in Köln und Bonn. Die Bauarbeiten in Chile sind nun entscheidend
vorangekommen, so dass eine Inbetriebnahme im Laufe des kommenden Jahres möglich
erscheint.
Das Fundament des
Fred-Young-Submillimeter-Teleskops auf dem Cerro Chajnantor.
Bild:
CCAT Observatory Inc. [Großansicht] |
Der Bau des Fred Young Submillimeter Telescope (FYST) tritt in die
entscheidende Phase: Geplant und gebaut wird das Teleskop vom internationalen
wissenschaftlichen Konsortium CCAT Observatory Inc., an dem die Universitäten
Köln und Bonn mit 25 Prozent beteiligt sind. Das FYST, auch bekannt als
CCAT-prime (Cherro Chajnantor Atacama Telescope-prime), hat einen
Spiegeldurchmesser von sechs Metern und ist für den Betrieb im Submillimeter-
bis Millimeter-Wellenlängenbereich ausgelegt. Es wird in 5600 Meter Höhe auf dem
Berg Cerro Chajnantor in Chile stehen und das Atacama Large Millimeter/submillimeter
Array überblicken. Das neuartige optische Design des FYST soll Aufnahmen
mit hohem Durchsatz und großem Sichtfeld liefern und so eine schnelle und
effiziente Kartierung des Himmels ermöglichen.
Demnächst beginnen die Arbeiten an dem entscheidenden Bauteil, das die obere
Struktur des Teleskops mitsamt seinen Spiegeln tragen wird. Diese Komponente
wird aus Invar gefertigt, einer Stahlsorte mit extrem niedrigem
Wärmeausdehnungskoeffizienten. "Das bedeutet, dass sich die Konstruktion nicht
ausdehnt, wenn es heiß ist, oder schrumpft, wenn es kalt ist", sagt
Projektleiter Jim Blair von der Cornell University. "Zumindest ist dieser
Koeffizient bei Invar im Vergleich zu herkömmlichem Stahl sehr, sehr gering. Das
ist wichtig für die Wissenschaft, denn bei den Wellenlängen, die wir
untersuchen, würde sich die thermische Ausdehnung auf die Daten auswirken und
könnte sie verfälschen."
"Wir können mit dem FYST somit Wellenlängenbereiche beobachten, die nur
wenige andere Teleskope aufgrund ihrer Konstruktionselemente und der verwendeten
Materialien überhaupt auffangen können", so Blair weiter. Auch die Spiegel des
Teleskops sind laut Blair auf dem neuesten Stand der Technik. Sie werden derzeit
in den Niederlanden von Airborne, einem weltweit führenden
Kohlefaserunternehmen, gebaut. Die internen Stahlskelettstrukturen für zwei der
Jocharme, welche den dreistöckigen Elevationsteil in Position halten werden,
sind fast fertiggestellt. Danach werden alle diese massiven Teile auf die
bereits fertiggestellten unteren Teile montiert, womit das Teleskop fast
fertiggestellt sein wird.
Das Projektteam geht davon aus, dass die Testphase für das Teleskop in
Deutschland gegen Ende 2023 starten kann. Den Testaufbau übernimmt die Wessel
GmbH in Xanten. Ihre Lage in der Nähe der Universität zu Köln erleichtert den
Austausch – auch mit dem Team der Vertex Antennentechnik GmbH in Duisburg, die
das Teleskop entwickelt. "So können wir eng mit den Konstrukteuren
zusammenarbeiten, um die Feinheiten der Teleskopentwicklung im Detail zu
verfolgen – bis hin zur genauen Positionierung der elektrischen Anschlüsse",
sagt Dr. Ronan Higgins, stellvertretender CCAT-prime-Projektingenieur am
Institut für Astrophysik der Universität zu Köln. "Ich habe bereits verschiedene
Standorte in der Region besucht und mich mit Baugruppen von verschiedenen
Zulieferern ausgetauscht. Dadurch gewinnt man viel Wertschätzung für die vielen
Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten, um dieses Vorhaben zu
verwirklichen."
Das CCAT-prime-Observatorium bindet auch den wissenschaftlichen Nachwuchs mit
ein: Promovierende sind nicht nur an der astronomischen Forschung beteiligt,
sondern auch bei der Inbetriebnahme des Teleskops, etwa bei der holographischen
Ausrichtung des Spiegelfelds. "Ich habe in den vergangenen drei Jahren an der
Entwicklung des Holographiesystems am Kölner Institut für Astrophysik
gearbeitet. Wir haben das System erfolgreich im Labor mit einer Genauigkeit von
zwei Mikrometern getestet und freuen uns darauf, es 2023 in das Teleskop zu
integrieren", so Doktorand Xiaodong Ren.
Aufgrund der extremen Höhe des Teleskopstandortes auf dem Cerro Chajnantor in
den chilenischen Anden (es wird das zweithöchste Teleskop der Welt sein, das
höchste befindet sich nur fünfzig Meter darüber auf dem Gipfel des Berges) wird
das gesamte Teleskop in Deutschland konstruiert und vormontiert. Dann wird es in
etwa zwölf große Teile zerlegt und in Chile wieder zusammengebaut.
Voraussichtlich wird das Teleskop 2024 nach Chile verschifft. Dieses
komplizierte Unterfangen wird von der Vertex GmbH organisiert und
voraussichtlich mindestens vier Monate in Anspruch nehmen.
Vor Ort in Chile hat das chilenische Bauunternehmen Consorcio FVV Ingeniería
y Construcción Limitada in den letzten Monaten ebenfalls wichtige Arbeiten
durchgeführt. Der neun Kilometer lange Graben vom Basislager in 5.000 Metern
Höhe, wo sich die Anlage zur Stromgeneration des Observatoriums befinden wird,
bis zum Berggipfel ist nun fertiggestellt. Entlang dieses Grabens verlaufen das
Hauptstromkabel sowie Glasfaserkabel für die Datenübertragung. Die Arbeit am
Teleskopstandort in 5600 Meter Höhe wird durch die extremen Bedingungen dort
erschwert. Die Arbeiter müssen speziell geschult werden und eine Prüfung
ablegen, um für die Arbeit in dieser Höhe zugelassen zu werden. Auch danach
können sie maximal zwölf bis 13 Tage am Stück arbeiten. Für jeden Tag, den sie
in extremer Höhe arbeiten, müssen die Mitglieder des 108-köpfigen Bautrupps
einen Tag weiter unten, in rund 2700 Meter Höhe, verbringen.
Ein letztes Projekt in diesem Frühjahr wird ein Betonbehälter für einen
80.000-Liter-Treibstofftank sein, um sicherzustellen, dass durch ein mögliches
Treibstoffleck keine Umweltschäden entstehen. Der Behälter wird anderthalb Mal
so groß sein wie der Treibstofftank, erklärt Blair, damit er bei Schnee oder
Regen nicht überläuft. Die bereits beschafften Hauptstromgeneratoren sowie die
Elektronikschränke, Schaltanlagen und Transformatoren werden die letzten
Komponenten sein, die im Basislager installiert werden, bevor das Teleskop
selbst zur Installation auf dem Gipfel eintrifft. Diese Arbeiten sollen im
dritten Quartal 2023 starten, sodass das Stromversorgungssystem spätestens
Anfang 2024 in Betrieb genommen werden kann.
"Dieses Projekt ist so ziemlich das größte, was ein Konsortium aus
Universitäten und Forschungseinrichtungen stemmen kann", sagt Professor Dr.
Dominik Riechers, Leiter der Gruppe für Submillimeter-Astronomie am Institut für
Astrophysik. "Hier in Köln arbeiten dutzende Studierende auf Bachelor- und
Masterniveau sowie Forschende und Ingenieure in unseren hochspezialisierten
Werkstätten und Laboren an der Verwirklichung des Projekts. Wir alle freuen uns
sehr darauf, diese außergewöhnliche Anlage ab 2024 nutzen zu können."
|