Citizen-Science-Projekt sucht erfolgreich nach Quallengalaxien
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum astronews.com
9. Januar 2023
Galaxienhaufen sind zwischen den Galaxien nicht etwa leer:
Heißes Gas macht einen großen Teil ihrer Masse aus. Das spüren auch Galaxien,
die in die zentralen Bereiche eines Galaxienhaufens eindringen: Material wird aus der Galaxie gerissen,
lange Schweife können entstehen, die die Galaxie wie eine Qualle aussehen
lassen. Interessierte helfen gerade dabei, solche Galaxien auf Bildern zu
finden.
Beispiel für eine Quallengalaxie: Bild von
ESO 137-001, basierend auf Daten des
Weltraumteleskops Hubble und des Röntgenteleskops
Chandra. Der Schweif ist besonders dank der Röntgendaten
gut zu erkennen.
Bild: NASA, ESA, CXC [Großansicht] |
Quallengalaxien - im Englischen "jellyfish galaxies" - sind durch einen
langen Materialschweif gekennzeichnet, den sie hinter sich herziehen, wenn sie
mit hoher Geschwindigkeit in eine dichtere Umgebung stürzen. Für sie bedeutet
dieser Sturz den Anfang vom Ende: Sie verlieren dabei ihr Gas, aus dem sie neue
Sterne bilden können. Für die Forschung macht sie das zu einer wahren Fundgrube.
Da Quallengalaxien schwierig automatisiert zu erkennen sind, aber für das
menschliche Auge recht einfach, startete im Dezember eine internationale
Kooperation ein Citizen-Science-Projekt, bei dem alle Interessierten eingeladen
sind, Quallengalaxien zu suchen.
Wenn eine Galaxie in die dichte Umgebung eines Galaxienhaufens fällt, erfährt
sie eine Widerstandskraft, die die Gaskomponente aus der Galaxie herausziehen
kann, sodass ein Schweif aus Material zurückbleibt. Die spektakulären Schweife
und Materialklumpen verleihen der Galaxie oft das auffällige Aussehen einer
Qualle. Jede neu entdeckte Quallengalaxie ist ein Schnappschuss eines
Schlüsselmoments in der Entwicklung dieser Galaxie in einem bestimmten Moment
der kosmischen Zeit.
"Wenn wir mehr von ihnen finden und beobachten, können wir die zeitliche
Entwicklung rekonstruieren, von dem Moment an, in dem sie in einen Haufen
eintreten, bis zu dem Punkt, an dem sie vollständig von ihrem Gas befreit sind",
so Ancla Müller, aus der Fakultät für Physik und Astronomie der Ruhr-Universität
Bochum, die an dem Projekt beteiligt ist. Grundlage für das "Fischen nach
Quallengalaxien" sind astronomische Bilder, die von DECaLS, dem Dark Energy
Camera Legacy Survey, aufgenommen wurden. Diese Bilder stellt die
Forschungskooperation GASP – kurz für "GAs Stripping Phenomena in galaxies with
MUSE" – online zur Verfügung, sodass sich jede und jeder auf die Suche nach
Quallengalaxien machen kann, um Kandidaten zu identifizieren.
"Durch die Mithilfe der Öffentlichkeit können wir die Suche auf Tausende
Bilder ausweiten und hoffen so, die Zahl der bekannten Quallengalaxien erhöhen
zu können", so Ancla Müller. "Derzeit sind nur einige Hunderte von ihnen
bekannt." Nach dem Start des Projektes im Dezember wurden in etwas mehr als drei
Wochen bereits genug Klassifizierungen durchführt, um den ursprünglichen
Datensatz vollständig zu bearbeiten. Das Team hat deswegen weitere Daten zur
Verfügung gestellt, so dass die Suche weitergehen kann.
Das Projekt "Fishing for Jellyfish Galaxies" ist Teil des
Zooniverse-Projekts, das eine ganze Reihe von Citizen-Science-Projekten bündelt.
Hier lassen sich nicht nur Galaxien klassifizieren oder nach Blasen oder
extrasolaren Planeten suchen, sondern man kann sich auch an Projekten zur
Klimaforschung oder biologischen Untersuchungen beteiligen. Mit ihrem Projekt
will das Team auch an eine früheres Zooniverse-Projekt anknüpfen, bei dem nach
Quellengalaxien in kosmologischen Simulationen gesucht wurde (astronews.com
berichtete).
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