Software soll bei Suche nach Ursprung helfen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bochum astronews.com
19. September 2022
Mit einem neuen Computerprogramm lässt sich der Transport
kosmischer Strahlung durch das All simulieren. Dies könnte der Forschung dabei
helfen, das Rätsel um die Quellen der kosmischen Strahlung zu lösen, die aus dem
All auf die Erde prasselt. Bislang ist nämlich unbekannt, welche Himmelsobjekte
genau diese hochenergetische Strahlung aussenden.
Die bunten Linien zeigen, wie kosmische
Strahlung in Magnetfeldern abgelenkt wird. Die
weißen Linien repräsentieren ein großskaliges
Magnetfeld. Zusätzlich wirken hier nicht
dargestellte kleinskalige Magnetfelder auf die
Bahnen der Teilchen (bunte Linien).
Bild: RUB, Dr. Lukas Merten [Großansicht] |
Seit ihrer Entdeckung von 100 Jahren versuchen Forschende zu entschlüsseln,
woher die kosmische Strahlung kommt. Das Problem: Von der Erde aus betrachtet
sieht sie so aus wie der Himmel bei Tag mit bloßem Auge: Er ist fast überall, wo
man hinschaut, gleich hell erleuchtet. Denn das Licht der Sonne wird in der
Erdatmosphäre gestreut und verteilt sich gleichmäßig über den gesamten Himmel.
Auch die kosmische Strahlung wird auf ihrem Weg zur Erde gestreut – durch
Wechselwirkungen mit kosmischen Magnetfeldern. Von der Erde aus ist nur ein
gleichmäßig ausgeleuchtetes Bild zu sehen; der Ursprung der Strahlung bleibt
verborgen.
"Mit unserem Programm CRPropa ist es möglich, die Bahnen der Teilchen von
ihrer Entstehung bis zu ihrer Ankunft auf der Erde nachzuverfolgen – und zwar
für alle Energien, die wir von der Erde aus beobachten können", sagt Julien
Dörner, Doktorand an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). "Auch die Wechselwirkung
der Teilchen mit Materie und Photonfeldern im Universum können wir vollständig
berücksichtigen." Dabei kann das Programm nicht nur kosmische Strahlung
simulieren, sondern auch Neutrinoteilchen oder Gammastrahlung, die in
Wechselwirkungen der kosmischen Strahlung entstehen. "Diese Botenteilchen sind –
anders als die kosmische Strahlung – direkt von ihren Quellen beobachtbar, sie
kommen also auf direktem Weg zur Erde", erklärt Dr. Patrick Reichherzer,
Postdoktorand an der RUB. "Mit der Software können wir solche Strahlung von
Neutrinos und Gammastrahlung auch aus fremden Galaxien wie Starbursts oder
aktiven Galaxien vorhersagen."
Das jetzt vorgestellte Simulationsprogramm ist die umfassendste derzeit
existierende Simulationssoftware und ermöglicht neue Forschungswege. "Wir können
neue Energiebereiche in der Simulation erschließen, die mit bisherigen
Programmen nicht vollständig erfasst werden konnten", sagt Prof. Dr. Karl-Heinz
Kampert von der Bergischen Universität Wuppertal. "Insbesondere der Übergang von
der kosmischen Strahlung aus unserer eigenen Galaxie zu einem Anteil, der aus
fremden Galaxien kommt, kann theoretisch beschrieben und mit Beobachtungen
verglichen werden."
Das Simulationsprogramm ist in einer internationalen Zusammenarbeit von 17
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entstanden, die in Deutschland,
Spanien, den Niederlanden, Italien, Kroatien, England und Österreich forschen.
Die RUB ist mit acht Forschenden federführend am Projekt beteiligt. Die Arbeiten
sind im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1491 "Das Wechselspiel der
kosmischen Materie" entstanden, gefördert von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft.
"Die Veröffentlichung ist ein großer Schritt, um den Transport und die
Wechselwirkung der kosmischen Strahlung quantitativ in drei Dimensionen zu
beschreiben", betont SFB-Sprecherin Prof. Dr. Julia Tjus von der RUB. "CRPropa
wird signifikant dazu beitragen zu verstehen, woher die kosmische Strahlung
kommt. Denn wir benötigen theoretische Berechnungen, die uns helfen, die
Vielfalt an Daten, die wir aus dem Kosmos haben, zu interpretieren."
Das Team beschreibt die Software in der Zeitschrift Journal of Cosmology
and Astroparticle Physics.
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