Waldbranderkennung aus dem All
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität der Bundeswehr München astronews.com
10. August 2022
Angesichts immer häufiger auftretender Dürreperioden werden
Waldbrände auch in Mitteleuropa zu einem Problem. Im Rahmen des Verbundprojekts
SERAFIM sollen Verfahren entwickelt werden, um Waldbrände mittels Satelliten
schneller und besser zu detektieren. Bei der Einordnung und Analyse der Daten
setzt man dabei auch auf künstliche Intelligenz.
Mit einer Konstellation aus Kleinsatelliten
sollen Waldbrände frühzeitig entdeckt werden.
Bild: OroraTech [Großansicht] |
Die Waldbrandsaison ist momentan wieder in vollem Gange. Solche Brände gilt
es möglichst schnell zu entdecken, um größeren Schaden zu verhindern. Mit dem
Projekt SERAFIM sollen Waldbrände mithilfe von Satelliten schneller als bislang
erkannt werden. Zu den Verbundpartnern gehört neben der Universität der
Bundeswehr München auch das Unternehmen OroraTech GmbH, das für die Entwicklung
und den Start der Satelliten zuständig ist sowie das deutsche
Fernerkundungsdatenzentrum des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt
(Abteilung Georisiken und zivile Sicherheit), das die Waldbranddetektion von
wissenschaftlicher Seite mit statistischen Analysen begleitet.
Traditionell werden Waldbrände mittels Wachtürmen, Flugstaffeln oder auch
durch Patrouillen detektiert und überwacht. Diese Methoden sind allerdings wenig
effizient und lassen sich nur schwer auf größere und entfernte Gebiete
skalieren. Mit der Satelliten-Fernerkundung durch viele Satelliten im Rahmen
einer Satellitenkonstellation ist es dagegen möglich, große Gebiete mit mehreren
Überflügen pro Tag kosteneffizient zu überwachen.
Zwar gibt es für die Detektion von Waldbränden bereits eine Reihe von
Satellitenmissionen staatlicher Institutionen, allerdings weisen diese laut
Prof. Michael Schmitt von der Universität der Bundeswehr München verschiedene
Schwachpunkte auf: Zum einen seien diese optischen Satellitenmissionen häufig so
entworfen worden, dass der Überflug über die relevanten Gebiete vormittags
stattfindet. Am Nachmittag existiere eine Lücke von etwa sechs Stunden, in der
keine entsprechenden Daten verfügbar sind. "Waldbrände entstehen typischerweise
nachmittags, wenn es besonders heiß und trocken ist. Entsprechend wichtig sind
Beobachtungen am Nachmittag", erklärt der Wissenschaftler.
Eine weitere problematische Komponente bisheriger öffentlicher
Satellitenmissionen sei, dass Tage oder Wochen vergehen können, bis ein
Datenprodukt öffentlich zur Verfügung steht: "Das ist einfach zu spät. Das Ziel
von SERAFIM ist daher, schnellere Alarmierungsketten zu schaffen und somit den
schnellsten Waldbrand-Erkennungsservice der Welt anzubieten", so Schmitt.
Der Projekt-Schwerpunkt der Professur für Erdbeobachtung liegt bei der
Optimierung der Georeferenzierung, also der Einordnung der Daten in ein
georäumliches Koordinatensystem. Diese genaue Lokalisierung der Bilddaten ist
eine Herausforderung: Die Infrarot-Satellitendaten, mit denen man Waldbrände
erkennt, basieren wie alle optischen Bilder auf einem winkelbasierenden
Messprinzip. Bereits kleine Winkelfehler auf große Distanzen können zu enorm
großen Lagefehlern führen. Wenn man also auf Basis der vom Satelliten zur
Verfügung gestellten Informationen das Bild rechnerisch auf der Erdoberfläche
verorten möchte, dann geht das selbst mit den besten optischen
Satellitenmissionen nicht höchst genau.
Hier möchte Schmitt mit seinem Team ansetzen: "Wenn man der Feuerwehr bzw.
einer Einsatztruppe Informationen über den Standort eines Waldbrands gibt und
dabei einen Kilometer danebenliegt, ist das nicht sehr hilfreich. Unsere Aufgabe
ist daher, KI-basierte Verfahren zu entwickeln, die eine vollautomatische und
hochgenaue Verortung dieser Satellitenbilder ermöglichen, damit man dann die
detektierten Waldbrände auch genau lokalisieren kann."
Für eine präzise Georeferenzierung will das Forschungsteam auf bereits
existente Referenzdaten zurückgreifen: Die thermalen Infrarotaufnahmen der
OroraTech-Satelliten sollen KI-basiert mit optischen Satellitenbildern der
Sentinel-2-Mission abgeglichen werden. Das Projektteam muss dabei vor allem mit
zwei Schwierigkeiten umgehen: Die Daten des thermalen oder des mittleren
Infrarots haben eine relativ lange Wellenlänge im Vergleich zum sichtbaren
Licht, man misst bzw. beobachtet damit im Wesentlichen Oberflächentemperaturen.
Das bedeutet, man sieht dabei keine klassischen Farben, ein Pixel ist heller
im Bild, wenn es sehr warm ist und dunkler, wenn es sehr kalt ist. Eine sehr
warme Temperatur ist allerdings nicht immer automatisch auch ein Beleg für einen
Waldbrand. Zudem haben solche Thermal-Infrarotaufnahmen technisch bedingt eine
vergleichsweise niedrige Auflösung von lediglich ca. 100 Metern pro Pixel. In
einem zweiten, kleineren Arbeitspaket werden die Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen außerdem untersuchen, welche KI-basierten Verfahren
heutzutage genutzt werden können, um Waldbrände mit noch höherer Zuverlässigkeit
zu detektieren.
Das Projekt befindet sich momentan noch im Anfangsstadion, allerdings hat die
OroraTech GmbH bereits den ersten Satelliten-Protoypen FOREST-1 erfolgreich in
den Orbit gestartet. Am Ende soll nicht nur ein einzelner Satellit, sondern eine
Konstellation von sieben Kleinsatelliten ein zeitlich möglichst engmaschiges,
globales Monitoring erlauben. Das Unternehmen möchte die Daten weltweit ihren
Kunden aus der Versicherungswirtschaft, der Forstwirtschaft, Feuerwehren, dem
Katastrophenschutz, dem Technischen Hilfswerk usw. über eine browserbasierte
Plattform zur Verfügung stellen.
|