Berliner Kleinsatellit hat Waldbrände im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der TU Berlin astronews.com
5. Juli 2021
Die Technische Universität Berlin hat in der vergangenen
Woche ihren 27. Kleinsatelliten erfolgreich in eine Erdumlaufbahn gebracht.
TUBIN soll vor allem Waldbrände ins Visier nehmen, die durch den Klimawandel und
die damit in manchen Regionen verbundene Trockenheit immer häufiger werden. Ein
besonderes Augenmerk gilt dabei Europa.
Der Satellit TUBIN der TU Berlin.
Bild: Technische Universität Berlin [Großansicht] |
Der Mikrosatellit TUBIN der TU Berlin ist am Mittwoch der vergangenen Woche
von Cape Canaveral mit einer Falcon-9-Rakete der Firma SpaceX
erfolgreich gestartet. Seine Mission ist die Beobachtung von Großfeuern wie zum
Beispiel Waldbränden. Im Kontrollzentrum auf dem Campus Charlottenburg wurden
bald darauf erste Signale von ihm empfangen. Die Bodenstationen in der Antarktis
und auf dem Dach des "F-Gebäudes" der Technischen Universität Berlin brachten
dann später Gewissheit: Der 22,5 Kilogramm schwere Satellit mit einer Größe von
etwa 31 x 47 x 47 Zentimetern hat sich nach dem Abtrennen von der Oberstufe der
Rakete erfolgreich initialisiert und sendet aus seiner Umlaufbahn in 530
Kilometer Höhe Signale zur Erde.
An Bord befinden sich zwei Infrarot-Kameras. Zusätzlich dazu ist noch eine
Kamera für den sichtbaren Spektralbereich vorhanden. "Nach dem geglückten Start
steht nun die Erdfernerkundung im Fokus2, erklärt Nutzlastingenieur und
Projektleiter Julian Bartholomäus. Die Forschenden wollen herausfinden, ob als
Sensoren für die Erkennung von Waldbränden durch Satelliten auch sogenannte
Mikrobolometer infrage kommen. Sie werden zum Beispiel in handelsüblichen
Wärmebildkameras verbaut und detektieren langwelliges Infrarotlicht.
Für große Satelliten kamen bisher aber Sensoren zum Einsatz, die für
kurzwelliges Infrarotlicht empfindlich sind. Waldbrände strahlen nämlich in
diesem Wellenlängenbereich etwa zehn- bis hundertmal heller als im langwelligen
Infrarot. Jedoch: Diese Sensoren müssen aufwändig gekühlt werden. Für
Kleinsatelliten sind sie deshalb nicht geeignet.
"Mikrosatelliten bieten aber viele Vorteile", unterstreich Bartholomäus. Sie
sind nicht nur kostengünstig und könnten für Nischenanwendungen genutzt werden.
Aufgrund ihres Preises ließen sich auch ganze Flotten einsetzen: Mit zwölf
Satelliten in drei Umlaufebenen könnte jeder relevante Punkt der Erde innerhalb
von 24 Stunden beobachtet werden. Aber auch schon TUBIN allein überfliegt alle
Orte der Erde, weil diese sich unter seiner Umlaufbahn hinweg dreht. "Allerdings
dauert es ungefähr neun Tage, bis man das gleiche Gebiet wieder beobachten
kann", so Bartholomäus. Da könne mancher Waldbrand schon erloschen sein.
Der Klimawandel sorgt in vielen Regionen der Welt für verlängerte
Waldbrandperioden und eine höhere Zahl solcher Brände. Neben den jährlichen
großen Vegetationsbränden im Südwesten Australiens und dem Westen der USA sind
auch europäische Länder wie Deutschland immer stärker durch Großfeuer gefährdet.
Die TUBIN-Mission soll nun verstärkt europäische Waldbrände beobachten. Jeder
Pixel der eingesetzten Wärmekameras ist ein temperaturabhängiger elektrischer
Widerstand. Auf dem Erdboden deckt solch ein Pixel eine Fläche von 150 mal 150
Quadratmetern ab. Unter idealen Bedingungen können allerdings auch Feuer
kleineren Ausmaßes detektiert werden. Dabei unterstützt die optische Kamera mit
einer Auflösung von immerhin 40 x 40 Quadratmetern pro Pixel die
Infrarotkameras.
Bei der Charakterisierung der Aufnahmen helfen zusätzlich spezielle
Algorithmen für die Erkennung von Wolken, Wasser und eben Feuer. Dabei wird auch
untersucht, ob die Brände besser erkannt werden, wenn man diese Algorithmen an
die jeweilige Weltregion anpasst. Neben den Infrarotkameras trägt TUBIN
ebenfalls einen neuartigen Funktransceiver an Bord, der in Deutschland
entwickelt wurde (Projektname XLink IOD). Hiermit kann TUBIN seine gesammelten
Bilddaten mit zehnmal höheren Datenraten an die heimische Bodenstation am
Fachgebiet Raumfahrttechnik der TU Berlin senden.
16 wissenschaftliche Mitarbeiter waren am Bau von TUBIN beteiligt; bereits
2017 startete mit TechnoSat ein Vorgänger, mit dem die neu entwickelte
Kleinsatellitenplattform im Weltraum getestet wurde, die nun auch für TUBIN zum
Einsatz kommt. TUBIN steht für Technische Universität Berlin Infrared
Nanosatellite.
Der Satellit trägt auch den Zweitnamen TUBSAT-27, der auf die lange Tradition
der TU Berlin bei der Entwicklung von Kleinstsatelliten verweist. "Der
erfolgreiche Start des 27sten Satelliten aus Berlin ist ein wunderbares Geschenk
für unser nahes Jubiläum", erklärt der Leiter des Fachgebiets Raumfahrttechnik,
Prof. Dr.-Ing. Enrico Stoll. Am 17. Juli 1991, also vor fast genau 30 Jahren,
startete der erste TUBSAT mit einer Ariane-4-Rakete. "Damit zählt die TU Berlin
zu den auf diesem Gebiet führenden Universitäten der Welt", sagt Stoll. Die
orbitale Lebensdauer von TUBIN ist allerdings begrenzt – in etwa fünf bis sechs
Jahren wird er durch die Reibung in der Atmosphäre abgebremst worden sein und in
den tieferen Luftschichten verglühen.
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