Mehr als ein Viertel des Sternenstaubs stammt von Supernova-Explosionen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Chemie astronews.com
3. August 2022
Mehr als ein Viertel des Sternenstaubs im Sonnensystem
stammt offenbar aus Supernova-Explosionen und deren Vorläufer-Sternen. Zu diesem
Ergebnis kommt eine jetzt vorgestellte Studie von präsolaren Körnern, die dank
besserer Analysemethoden und neuer Modellrechnungen entstand. Zuvor war man von
einem sehr viel geringeren Anteil ausgegangen.
Nachkolorierte Aufnahme des
Supernova-Überrests Cassiopeia A - eine Supernova,
die im 17. Jahrhundert explodierte. Staub aus
einer ähnlichen Supernova, die vor Milliarden
Jahren explodierte, ist auch in unserem
Sonnensystem nachweisbar und zwar in größeren
Mengen als bisher angenommen.
Bild: NASA / JPL-Caltech / STScI / CXC / SAO [Großansicht] |
Bis vor Kurzem gingen Kosmochemie und Astrophysik davon aus,
dass Supernovae und ihre Vorläufer, die Überriesen-Sterne, nur wenig zum
Sternenstaubgehalt unseres Sonnensystems beigetragen haben. Neuere
Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass ein erheblicher Teil des
Sternenstaubs (mehr als 25 Prozent) im Sonnensystem aus Supernova-Explosionen
und deren Vorläufersternen stammt. Damit lassen sich Zusammensetzung und
Ursprung der Bausteine unseres Sonnensystems besser verstehen.
Die vorherigen
Annahmen zum Ursprung des Staubs waren noch sehr unsicher. Die chemischen
Elemente von Kohlenstoff bis Uran entstehen ausschließlich in Sternen in der
sogenannten stellaren Nukleosynthese. Am Lebensende eines Sterns werden sie als
Wind oder in einer gewaltigen Explosion (Supernovae) an den umgebenden Raum, das
sogenannte interstellare Medium, abgegeben. Ein großer Teil der nicht-flüchtigen
Elemente kondensiert dabei zu Sternenstaub, der aber im interstellaren Medium
später zum Teil wieder zerstört wird. Der überdauernde Teil der Körnchen wurde
vor ca. 4,6 Milliarden Jahren auch in die planetaren Körper unseres
Sonnensystems eingebaut.
Da diese Körner bereits vor der Bildung unseres
Sonnensystems existierten, werden sie "präsolare Körner" genannt. Sie weisen für
unser Sonnensystem untypische, also anomale, Isotopenmuster auf. Aufgrund dieser
charakteristischen Isotopenhäufigkeitsanomalien können sie in Meteoriten und
Kometenmaterial aufgespürt werden. Präsolare Körner bieten die einzigartige
Möglichkeit, die Prozesse der stellaren Nukleosynthese sehr detailliert im Labor
zu studieren und die Sterntypen zu identifizieren, die Staub zum Sonnensystem
beigetragen haben. Dies liefert einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis
des Ursprungs der chemischen Elemente und der Entstehung unseres Sonnensystems.
In der jetzt erschienenen Studie werden die jüngsten
Erkenntnisse aus Untersuchungen dieser präsolaren Körner vorgestellt und die
Auswirkungen auf zukünftige Forschungen, interstellare Staubmodelle und die
Interpretation astronomischer Beobachtungen von Staub im Auswurfmaterial von
Supernova-Explosionen diskutiert. Möglich wurden die neuen Erkenntnisse dank
verbesserter Analysemethoden mit der NanoSIMS-Ionensonde an Sternenstaub sowie
neuer Modellrechnungen. Mithilfe der NanoSIMS-Ionensonde wird im
Submikrometerbereich die Verteilung der Häufigkeit bestimmter Isotope gemessen.
Dazu wird die Probe mit einem fokussierten Ionenstrahl abgerastert und die dabei
aus der Probe herausgeschlagenen Teilchen massenspektrometrisch analysiert.
"Das Wissen, dass ein weitaus größerer Teil des
Sternenstaubs aus Supernova-Explosionen stammt, liefert der Forschung wichtige
neue Parameter für Computermodelle über die Entwicklung des Staubs im
interstellaren Medium", erklärt Peter Hoppe, Gruppenleiter in der Abteilung
Partikelchemie des Max-Planck-Institut für Chemie. "Dies gilt insbesondere, wenn man das Überleben von frisch
produziertem Supernova-Staub und altem, interstellaren Staub beim Durchgang von
Supernova-Schockwellen beschreibt."
Letzteres sei von Interesse, da der Staub
eine wichtige Rolle als Katalysator für chemische Reaktionen in interstellaren
Molekülwolken spiele und als Baustein für die Entstehung neuer Planeten in
protoplanetaren Scheiben in jungen Sternsystemen gelte. Die Prozesse, die zur
Vermischung von Sternenstaub im lokalen interstellaren Medium über ausgedehnte
räumliche und zeitliche Skalen geführt haben, seien noch nicht ausreichend
erforscht und sollten in zukünftigen Entwicklungsmodellen genauer untersucht
werden, fasst der Astrophysiker zusammen.
Über ihre Ergebnisse berichtete das Team in der Fachzeitschrift Nature
Astronomy.
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