Lebensbausteine aus Sternenstaub
Redaktion
astronews.com
24. Juni 2004
Bremer
Wissenschaftler analysierten den 1969 in Australien niedergegangenen
Murchinson-Meteoriten mit einer neuen Apparatur und konnten darin eine zweite
Klasse von Aminosäuren nachweisen. Diesen Diaminosäuren wird eine zentrale
Funktion bei der Entstehung des Lebens auf der Erde zugeschrieben.
Kamen wichtige Bausteine für das Leben aus
dem All? Bremer Wissenschaftler fanden dafür jetzt neue Beweise.
Bild: Universität Bremen |
Seitdem Watson und Crick 1953 die DNA als das genetische Material
identifizierten und ihre einzigartige informationsspeichernde Doppelhelix-Struktur entdeckten, gibt es Spekulationen über den evolutionären Ursprung der
DNA und über den Ursprung des Lebens, wie wir es kennen. Auf molekularem Niveau
geht man heute davon aus, dass zur "präbiotischen" Entstehung von Biomolekülen
wie DNA und Eiweißen (Proteinen) deren molekulare Bausteine erforderlich sind.
Es ist bekannt, dass Aminosäuren wie Alanin, Glycin, Valin, Prolin,
Asparaginsäure, Serin etc. in Meteoriten, den kohligen Chondriten, vorkommen.
Diese Aminosäuren gelten als molekulare Bausteine der Proteine.
Bremer Wissenschaftler aus den Arbeitsgruppen von Privatdozent Dr. Uwe
Meierhenrich und Professor Wolfram Thiemann im Studiengang Chemie der
Universität Bremen analysierten mit internationalen Partnern erneut den Meteoriten Murchison. Dieser war 1969 über Australien niedergegangen. Sein Material gilt
als "rein", also nicht durch irdische Einflüsse verändert. Das Forscher-Team
setzte bei den Experimenten ein neues, von ihnen entwickeltes Analysenverfahren
ein. Im Reinstraum der Universität Bremen zerkleinerten sie ein Gramm des
Meteoriten, pulverisierten und extrahierten die Probe mit hochreinem Wasser.
Diese Probe unterzogen sie einer neuartigen Analyse mit einem soeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im
Fachbereich Chemie installierten Instrument. Die extra aus dem Inneren des Murchison Meteoriten angefertigte Probe erhielten die Bremer Forscher über die
Universität Münster aus dem Fundus der Max-Planck-Gesellschaft in Mainz.
Überraschenderweise konnte mit Hilfe dieser Experimente eine zweite "neue"
Klasse von Aminosäuren nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um Aminosäuren
mit einer zusätzlichen Aminofunktion, so genannte Diaminosäuren. Derartigen
Diaminosäuren wird eine zentrale Funktion in der Entstehung des Lebens bei der
chemischen Evolution des genetischen Materials zugesprochen:
Molekularbiologische Untersuchungen legen nahe, dass sich in der Chemischen
Evolution vor der DNA die RNA ausbildete, und diese wiederum aus der PNA, einer
peptidischen Nukleinsäure hervorging. Das Rückgrad der PNA ist nämlich genau aus
Diaminosäuren aufgebaut. Die Ergebnisse der Bremer Wissenschaftler legen nahe,
dass im Murchison Meteoriten die molekularen Bausteine des vermutlich ersten
genetischen Materials, der PNA vorkommen. Die Resultate werden in der aktuellen
Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of
Sciences (PNAS) veröffentlicht.
Der Nachweis von Diaminosäuren in der Probe des Murchison Meteoriten eröffnet
Möglichkeiten, die chemische Evolution neu zu interpretieren. Die Ergebnisse
gelten als weiteres Indiz für die Annahme, dass organisches "Inventar" aus
Bereichen des interstellaren Mediums des Weltalls über (Mikro-) Meteoriten oder
Kometen auf die frühe Erde transportiert worden sein könnte. Nach dem Transport
solcher Moleküle auf die frühe Erde beteiligten sich diese - so legen es die
Forschungsergebnisse nahe - an initialen präbiotischen Reaktionen, die für die
chemische Evolution des heutigen biologischen Lebens von wesentlicher Bedeutung
gewesen sein dürften.
|