Die ältesten Gesteine im Sonnensystem
Redaktion / idw / Universität Bonn
astronews.com
9. Februar 2006
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den Universitäten Köln und Bonn
1,2 Millionen Euro für den Kauf eines hochpräzisen Massenspektrometers
bewilligt. Mit dem Gerät wollen die Mineralogen unter anderem nach der ältesten
Materie im Sonnensystem fahnden. In einem neuen Bonn-Kölner Labor für Isotopengeochemie
soll auch Mondgestein unter die Lupe genommen werden.

Das Bild zeigt den Allende-Meteoriten, der 1968
auf die Erde gefallen ist. Er ist 4.56 Milliarden Jahre alt. Die
braunen Fragmente (Chondren) sind Schmelztröpfchen, die bei
einem Kosmischen Gewitter vor 4.56 Milliarden Jahren entstanden
sind. Das weiße Fragment ist eines der ältesten Kondensate im
Sonnensystem (4,567 Milliarden Jahre). Seit dem letzten Jahr
erst ist bekannt, dass Eisen-Meteorite noch älter sind.
Foto: Prof. Dr. Carsten Münker |
Vor 14,7 Millionen Jahren hagelte es im heutigen Tschechien grünes Glas. Kurz
zuvor war in Süddeutschland ein riesiger Meteorit eingeschlagen. Dabei hatte er
einen Krater von 23 Kilometern Durchmesser gerissen: das Nördlinger Ries. Das
Projektil verdampfte und mit ihm einige Kubikkilometer Erdgestein. Innerhalb
weniger Minuten bildete sich eine Wolke von über 100 Kilometern Höhe. Daraus
kondensierten die Glaskörper, die wenig später südlich des heutigen Prag
herunterregneten. Ein bis zehn Zentimeter groß sind diese so genannten Moldavite.
Sie ähneln
zerbrochenen Bierflaschen und haben mit dem Gestein, das man heute hunderte
Kilometer weiter westlich im Nördlinger Ries findet, augenscheinlich nicht viel
gemein. "Mit Isotopenmessungen konnte man aber nachweisen, dass die Moldavite
tatsächlich aus dem Meteoritenaufprall stammen", erklärt der Bonner Mineraloge
Professor Dr. Carsten Münker.
Münkers Arbeitsgruppe hat zusammen mit seinem Kölner Kollegen Professor Dr.
Herbert Palme gerade ein neues Messgerät bewilligt bekommen, das diesen Nachweis
noch präziser führen könnte: Ein extrem empfindliches Massenspektrometer, mit
dem sich die Häufigkeit verschiedener Isotope in Gesteinen und Mineralen messen
lässt. "Isotope sind Teilchen ein und desselben chemischen Elements, die jedoch
unterschiedliche Massen besitzen, also unterschiedlich schwer sind", erklärt Münker. "Mit dem neuen Gerät können wir den Anteil eines Isotops in einem
Festkörper bis auf 0,001 Prozent genau bestimmen."
Mit dem 1,2 Millionen Euro
teuren Gerät wollen sich die Mineralogen nun nach den ältesten Gesteinen und
Mineralen im Sonnensystem fahnden. Bisheriger Rekordhalter sind nach neuen
Ergebnissen der Köln-Bonner Mineralogen die so genannten Eisen-Meteorite: Sie
sind bis zu 4,570 Milliarden Jahre alt und damit etwa 3 Millionen Jahre vor dem
bislang ältesten datierten Material im Sonnensystem entstanden.
Isotope dienen den Mineralogen als Uhr: Viele von ihnen sind nicht stabil,
sondern zerfallen im Laufe der Zeit. Von einem Gramm Uran bleibt so nach 4,5
Milliarden Jahren nur noch etwas mehr als die Hälfte übrig, die andere Hälfte
hat sich in dieser Zeit in Blei verwandelt. Aus dem Verhältnis von Uran zu Blei
in sehr alten Erdgesteinen kann man daher das Mindestalter unseres
Heimatplaneten abschätzen - allerdings nur ziemlich grob, da die Erde durch
Plattenbewegungen stets ihre Oberfläche verjüngt.
"Es gibt aber auch Elemente,
die eine so geringe Halbwertszeit hatten, dass sie schon wenige hundert
Millionen Jahre nach Entstehung der Erde komplett zerfallen waren", erläutert Münker. "Sie erlauben eine viel genauere Altersmessung - vorausgesetzt, man hat
ein entsprechend empfindliches Massenspektrometer."
Ausgestorben ist beispielsweise das Isotop Hafnium-182. Es wandelt sich mit
einer Halbwertszeit von 9 Millionen Jahren in Wolfram-182 um - Wolfram ist das
Metall, aus dem unter anderem der Draht von Glühbirnen besteht. Als sich die
Erde kurz nach ihrer Entstehung abkühlte, sank das meiste Wolfram in den
metallischen Erdkern ab. Da in der inzwischen erstarrten äußeren Hülle der Erde
damals noch ein wenig Hafnium-182 vorhanden war, bildete sich dort aber noch
Wolfram-182 nach.
Aus der Wolfram-182-Menge im Erdgestein lässt sich daher
errechnen, wann sich der metallische Kern der Erde bildete - ein viel
verlässlicheres Maß für das Alter unseres Planeten (ungefähr 4,53 Milliarden
Jahre). "Dazu benötigen wir aber als Referenz Material aus dem All, also
beispielsweise von niedergegangenen Meteoriten", erklärt Münker. "Nur so können
wir feststellen, wie hoch die Wolfram-182-Menge auf der Erde heute wäre, wenn
ein Großteil davon nicht unwiederbringlich im Erdkern verschwunden wäre."
Eine Spezialität der Bonn-Kölner Mineralogie ist daher die Untersuchung von
außerirdischen Proben. Mangel herrscht daran glücklicherweise nicht: Rund 20.000
Meteorite mit einer Masse von mehr als 100 Gramm fallen pro Jahr auf die
Erdoberfläche. Besonders leicht fündig wird man an den Polen oder in großen
Sandwüsten wie der Sahara: Einerseits verwittert das Material dort nicht so
schnell, andererseits hebt es sich aufgrund seiner dunklen Farbe gut vom
Untergrund ab.
"Wir untersuchen aber beispielsweise auch Mondgestein, das durch
die Apollo-Missionen zur Erde gebracht wurde", erklärt Münker. Etwa 360
Kilogramm hatten die Raumfahrer damals eingesammelt. Das Material ist extrem
wertvoll; daher darf man für Untersuchungen nur kleinste Mengen verbrauchen.
Kein Problem für das neue Gerät, betont Professor Münker: "Das Spektrometer ist
so empfindlich, dass wir damit schon an geringsten Probenmengen
Isotopenmessungen durchführen können."
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