Die Keimzellen der Planeten
Redaktion /
idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
4. April 2011
In einem Meteoriten konnten Wissenschaftler der Universität
Mainz nun Staubkörner mit einer einmaligen Mischung verschiedener seltener
Metalle nachweisen, die vermutlich die Keimzellen für die Bildung unserer
Planeten waren. Den Forschern gelang es so zu rekonstruieren, wie vor rund 4,6
Milliarden Jahren aus einer sich langsam abkühlenden Gaswolke die ersten
Feststoffe entstanden sind.
Ein refraktäres
Metall Nugget (RMN) mit einer Größe von etwa 600
Nanometern umgeben von präsolaren
Siliziumkarbid-Kristallen, aufgenommen mit einem
Raster-Elektronenmikroskop.
Bild: Thomas Berg |
Staubkörner aus einer einmaligen Mischung verschiedener seltener Metalle waren
sehr wahrscheinlich die Keimzellen für die Bildung unserer Planeten.
Wissenschaftler des Instituts für Physik der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz haben die winzigen Teilchen aus der Urzeit unseres Sonnensystems in einem
Meteoriten ausfindig gemacht, der 1969 über Australien niedergegangen ist. Sie
konnten die chemische Zusammensetzung analysieren und anhand dieser Messungen
rekonstruieren, wie aus einer sich langsam abkühlenden Gaswolke vor rund 4,6
Milliarden Jahren die ersten Feststoffe unseres Sonnensystems entstanden sind.
In einer Arbeit in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität Bayreuth,
des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz und Prof. Dr. Herbert Palme vom
Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt konnten die ersten Befunde über die
sogenannten refraktären Metall Nuggets (RMN) bestätigt und präzisiert werden.
Die Ergebnisse wurden Mitte März auf der 42. Lunar and Planetary Science
Conference in Houston, USA vorgestellt.
"Es war ein Zufallsfund", sagt Dr. Thomas Berg über die Entdeckung von einigen
hundert RMN in einer Gesteinsprobe von Murchison, eines 100 Kilogramnm schweren
Meteoriten aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. "Man muss
wirklich nach der Nadel im Heuhaufen suchen und wir haben Glück gehabt." Berg,
Mitarbeiter am Institut für Physik der Uni Mainz, hat 2009 in wochenlanger
Feinarbeit eine 30-Gramm-Probe des Meteoritengesteins aufbereitet und unter dem
Elektronenmikroskop untersucht. Bei Verdacht auf einen Fund wird das
entsprechende Partikel mit einem fokussierten Elektronenstrahl beschossen und
das dabei erzeugte Spektrum aus Röntgenstrahlen analysiert. Hieraus lässt sich
die chemische Zusammensetzung der Teilchen bestimmen.
"Die ersten RMN wurden 1976 entdeckt und seither gibt es die Vermutung, dass es
sich um ursprüngliche Kondensate aus der Kinderstube des Sonnensystems handelt.
Aber es waren einfach zu wenige für eine solide Untersuchung," so Berg. Während
in den 35 Jahren seit dem ersten Fund nur einige Dutzend RMN entdeckt wurden,
hat Berg auf einen Schlag fast 500 dieser extrem seltenen Metallkörnchen
ausfindig machen können.
Diese Teilchen, die kleiner sind als ein tausendstel Millimeter und eine
gleichmäßige, annähernd kugelrunde Form haben, sind wie ein Film aus den
Anfängen unseres Sonnensystems: Sie zeigen, wie sich die allerersten festen
Bestandteile gebildet haben, aus denen über Jahrmillionen die Planeten, ihre
Monde und Asteroiden wurden. "Das Phantastische ist, dass sich unsere RMN seit
ihrer Entstehung aus dem solaren Nebel nicht verändert haben", sagt Berg mit
einem Hinweis darauf, dass die meisten Meteoriten unter dem Einfluss von Wasser
und hohen Temperaturen verändert wurden. "Wir haben hier also die
ursprünglichste Materie aus der Entstehungsphase unseres Sonnensystems in den
Händen."
Dank der großen Anzahl und der unterschiedlichen Zusammensetzungen der
gefundenen Metallteilchen konnten die Wissenschaftler rekonstruieren, wie sich
die Gaswolke des solaren Nebels von ehemals etwa 1.700 Grad Celsius abgekühlt
hat - nämlich um maximal 0,5 Grad pro Jahr in der Entstehungsregion der
erdähnlichen Planeten. "Unsere Daten sind im übertragenen Sinne ein Thermometer
für die früheste Phase des Sonnensystems."
Die enthaltenen Metalle, die mit dem Meteoriten auf die Erde kamen, gehörten
wegen ihrer hohen Kondensationstemperaturen von über 1.300 Grad Celsius zu den
ersten Stoffen, die aus dem solaren Nebel in die feste Phase übergegangen sind.
In ihrer Zusammensetzung sind die RMN einmalig: Wolfram, Osmium, Iridium und
Molybdän ergeben eine extrem stabile Legierung, die in dieser Form in keinem
Labor der Erde hergestellt werden könnte.
In aktuellen Untersuchungen an der Uni Mainz und am MPI für Chemie wird diesen
Metallpartikeln, die auch starken Säuren widerstehen, jetzt in Dünnschliffen des
Meteoriten zu Leibe gerückt, um sie so anschließend in ihrer ursprünglichen
Umgebung mit Hilfe eines Transmissions-Elektronen-Mikroskops weiter zu
untersuchen. Hierdurch sollte es möglich sein, weitere Eigenschaften des solaren
Nebels zu rekonstruieren und so letztendlich die ersten Schritte der
Planetenbildung besser zu verstehen.
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