Was Staub über ferne Welten verrät
Redaktion
astronews.com
29. April 2005
Staub
ist den meisten Leuten ein Ärgernis. Für manche Astronomen ist er allerdings
außerordentlich interessant und im Grunde genommen für jeden Menschen
lebenswichtig: Aus Staub formten sich nämlich einst die Planeten unseres
Sonnensystems und Staubscheiben um ferne Sterne können einiges über
möglicherweise vorhandene Planeten verraten. Diese Zusammenhänge sollen künftig
an der Universität Jena erforscht werden.
Infrarot-Aufnahme der Staubscheibe um AU Microscopii. Astronomen
vermuten hier erdähnliche Planeten. Bild:
M. Liu, IfA-Hawaii / Keck Observatory |
Der Weltraum, das sind nicht allein die vielbeschworenen unendlichen Weiten,
sondern vor allem jede Menge Staub. Staub, der sich zusammenballt zu größeren
Gebilden, die wiederum auf andere treffen und dabei Staub aufwirbeln. Würde man
von außen auf unser Sonnensystem blicken, dann würde man auch unser
Zentralgestirn, die Sonne, von einem Staubmantel umgeben sehen.
"Trotzdem könnte
man anhand der spezifischen Verteilung dieses Staubes darauf schließen, dass zu
unserem System mindestens noch zwei Planeten gehören", sagt Prof. Dr. Alexander Krivov. Der Astrophysiker verstärkt mit seiner theoretisch arbeitenden Gruppe
nun die "beobachtenden" Kollegen, die am Astrophysikalischen Institut der
Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeiten bzw. im zugehörigen
Astrostaub-Labor forschen.
Erstmals "staubig" wurde es in den Forschungen des russischen Astrophysikers,
als er Anfang der 1990er in das damals noch sowjetische Raumsondenprojekt zum
Mars eingebunden war. Er berechnete u. a. Wahrscheinlichkeiten, mit denen eine
Sonde von extrem schnellen Staubkörnchen verschiedener Größe getroffen und
beschädigt werden kann. Die unter einem Millimeter großen Gebilde entwickeln
eine verheerende Wirkung.
"Sie selbst sind ihrerseits verschiedenen Kräften, wie
der Gravitation, der Photonenstrahlung der Sonne und weil sie geladen sind, auch
dem Magnetfeld der Planeten ausgesetzt", erklärt Krivov. 2002 hat er seine
Habilitation über die Dynamik von interplanetarem Staub angefertigt, nachdem die
Galileo-Sonde Datenmaterial geliefert und so die Entdeckung von
verschiedenartigen Staubschichten um den Planeten Jupiter ermöglicht hatten.
Jetzt kann er seine Erfahrungen auf das Saturn-System anwenden, das seit dem
vergangenen Sommer von der Cassini-Sonde untersucht wird.
Derzeit ist der neue Professor der Uni Jena immer noch in ein
Forschungsprojekt zu den Staubtori des Mars eingebunden, deren Vorhandensein und
Gestalt er aufgrund seiner Berechnungen bereits vorhergesagt hat. Begonnen hat
er seine Laufbahn als theoretischer Astrophysiker an der Universität Leningrad
(heute St. Petersburg), wo er studierte und 1988 über die von Einstein
vorhergesagten relativistischen Effekte auf die Dynamik und Beobachtung von
erdnahen Satelliten promovierte. Ein Stipendium der Alexander von
Humboldt-Stiftung ermöglichte ihm den ersten Forschungsaufenthalt in Deutschland
am Max-Planck-Institut für Aeronomie in Niedersachsen (1999-2000). Bevor Krivov
den Ruf an die Universität Jena annahm, war er am Institut für Physik der
Universität Potsdam tätig.
Seine Erfahrungen, die er zum Staub in unserem Sonnensystem gemacht hat, will
er nun auch auf extraterrestrische Sonnensysteme anwenden, deren Entstehung in
Jena erforscht wird. "Von einer dieser fernen Welten landen täglich etwa drei
Krümel Staub auch bei uns auf der Erde", weiß Krivov. Wenn ein System um einen
jungen Stern herum neu entsteht, so kommt es zu Zusammenballungen von Staub zu
größeren Gesteinsklumpen, Planetenvorstufen und letztendlich zu Planeten.
Auch
später spielt Staub eine entscheidende Rolle. Asteroiden und Kometen versorgen
das ferne Planetensystem mit neuem Staub, der sich physikalischen Gesetzen
entsprechend um den Hauptstern und die ihn umgebenden Planeten herum anordnet.
"Seine Ordnung und Zusammensetzung ist also spezifisch für einen bestimmten
Entwicklungsgrad des Systems", sagt Krivov. Deswegen kann seine Staubforschung
helfen zu verstehen, wie neue Sonnensysteme entstehen.
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