Die Verbindung zwischen Radiostrahlung und Sternentstehung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
30. Juni 2022
Seit einem halben Jahrhundert macht sich die Forschung einen
Zusammenhang zwischen der Sternentstehung in Galaxien und ihrer Infrarot- und
Radiostrahlung zunutze - allerdings ohne die zugrundeliegende Physik vollständig
verstanden zu haben. Mit neuen Computersimulationen der Galaxienentstehung
gelang nun eine komplette Modellierung der kosmischen Strahlung.
Simulation einer sich bildenden
Scheibengalaxie, in welcher kosmische Strahlung
von Supernova-Überresten beschleunigt wird, um
danach ins interstellare Medium zu entweichen.
Querschnitte der Scheibe (oben) und vertikale
Schnitte (unten) zeigen die Anzahldichte der
Elektronen der kosmischen Strahlung im
stationären Zustand (links), der Magnetfeldstärke
(Mitte) und der Radio-Synchrotron-Helligkeit
(rechts).
Bild: Maria Werhahn / AIP [Gesamtansicht] |
Um die Entstehung und Entwicklung von Galaxien wie unserer Milchstraße zu
verstehen, ist es von besonderer Bedeutung, die Menge der neu entstandenen
Sterne sowohl in nahen als auch in weit entfernten Galaxien zu kennen. Dabei
hilft oft eine bereits vor 50 Jahren entdeckte Verknüpfung zwischen der
Infrarot- und der Radiostrahlung von Galaxien: Die energiereiche Strahlung von
jungen, massereichen Sternen, die in den dichtesten Regionen der Galaxien
entstehen, wird von umliegenden Staubwolken absorbiert und als energiearme
Infrarotstrahlung wieder ausgesendet.
Wenn schließlich ihr Brennstoffvorrat aufgebraucht ist, explodieren diese
massereichen Sterne am Ende ihres Lebens als Supernova. Bei dieser Explosion
wird die äußere Sternhülle in die Umgebung geschleudert, was einige wenige
Teilchen des interstellaren Mediums zu sehr hohen Energien beschleunigt, die wir
dann kosmische Strahlung nennen. Im Magnetfeld der Galaxie senden diese
schnellen Teilchen, die fast mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sind, sehr
energiearme Radiostrahlung mit einer Wellenlänge von einigen Zentimetern bis
Metern aus.
Über diese Kette von Prozessen sind neu entstehende Sterne, die Infrarot- und
die Radiostrahlung von Galaxien eng miteinander verknüpft. Die genauen
physikalischen Bedingungen für den Ursprung dieser in der Astronomie oft
verwendeten Beziehung sind jedoch noch nicht verstanden. Bisherige
Erklärungsversuche scheiterten meist an einer Voraussage: Wenn die
hochenergetischen Teilchen der kosmischen Strahlung tatsächlich für die
Radiostrahlung dieser Galaxien verantwortlich sind, sagt die Theorie sehr steile
Radiospektren voraus – also eine hohe Emission bei tiefen Radiofrequenzen – dies
stimmt jedoch nicht mit den Beobachtungen überein.
Um diesem Rätsel auf den Grund zu gehen, hat ein Team am Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam (AIP) nun erstmalig diese Prozesse einer entstehenden
Galaxie realistisch am Computer simuliert und die Energiespektren der kosmischen
Strahlung berechnet. "Bei der Entstehung der galaktischen Scheibe werden
kosmische Magnetfelder genau so verstärkt, dass sie mit den starken,
beobachteten galaktischen Magnetfeldern übereinstimmen", erklärt Prof. Christoph
Pfrommer, Leiter der Abteilung Kosmologie und Hochenergie-Astrophysik am AIP.
Wenn die kosmischen Strahlungsteilchen in den Magnetfeldern Radiostrahlung
aussenden, verliert diese auf dem Weg zu uns einen Teil ihrer Energie. Das hat
zur Folge, dass ihr Radiospektrum bei niedrigen Frequenzen flacher wird. Bei
hohen Frequenzen trägt zusätzlich zur Radioemission der kosmischen Strahlung
auch noch die Radiostrahlung des interstellaren Mediums bei, die ein flacheres
Spektrum aufweist. Die Summe dieser beiden Prozesse kann daher die beobachtete
flache Radiostrahlung der gesamten Galaxie und außerdem die Strahlung des
Zentrums perfekt erklären.
Damit löst sich auch das Rätsel, warum die Infrarot- und die Radiostrahlung
von Galaxien so gut miteinander verknüpft sind. "Dadurch können wir die Anzahl
der neu entstandenen Sterne anhand der beobachteten Radioemission in Galaxien
besser bestimmen, um so die Geschichte der Sternentstehung im Universum weiter
zu entschlüsseln", fasst Maria Werhahn, Doktorandin am AIP und Erstautorin einer
der Studien ihre Ergebnisse zusammen.
Über ihre Ergebisse berichtet das Team in zwei Fachartikeln, von denen einer
bereits in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen,
der andere für die Veröffentlichung akzeptiert worden ist.
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Werhahn, M., Pfrommer, C. &
Girichidis, P. (2022): Cosmic rays and non-thermal emission in
simulated galaxies – III. Probing cosmic-ray calorimetry with radio
spectra and the FIR–radio correlation, MNRAS, 508, 4072
(arXiv.org-Preprint)
Pfrommer, C. et al. (2022): Simulating radio synchrotron emission in
star-forming galaxies: small-scale magnetic dynamo and the origin of
the far infrared-radio correlation, MNRAS, accepted
(arXiv.org-Preprint) Leibniz-Institut
für Astrophysik Potsdam
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