Flüssiges Wasser auf ganz verschiedenen Welten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
28. Juni 2022
Flüssiges Wasser gilt als eine wichtige Voraussetzung, damit
Leben auf einem Planeten entstehen kann. Eine neue Studie zeigt nun, das Wasser
über lange Zeit auch auf Welten existieren kann, die sich stark von der Erde
unterscheiden. Eventuell sollte man bei der Suche nach möglicherweise
lebensfreundlichen Planeten also großzügiger sein.
Planeten mit geringer Masse und einer
ursprünglichen Atmosphäre aus Wasserstoff und
Helium könnten die Temperaturen und den Druck
aufweisen, die Wasser in flüssiger Form
ermöglichen.
Bild: Thibaut Roger - Universität Bern -
Universität Zürich (CC BY-NC-SA 4.0) [Großansicht] |
Das Leben auf der Erde begann in den Ozeanen. Bei der Suche nach Leben auf
anderen Planeten ist daher das Potenzial für flüssiges Wasser eine wichtige
Voraussetzung. Um es zu finden, haben Forschende traditionell nach Planeten
gesucht, die unserem eigenen ähneln. Langfristig flüssiges Wasser muss aber
nicht unbedingt unter ähnlichen Bedingungen wie auf der Erde vorkommen.
Forschende der Universitäten Bern und Zürich, die Mitglieder des Nationalen
Forschungsschwerpunkt PlanetS in der Schweiz sind, berichten in einer neuen
Studie, dass günstige Bedingungen über Jahrmilliarden sogar auf Planeten
herrschen könnten, die unserem Heimatplaneten kaum ähneln.
"Einer der Gründe, warum Wasser auf der Erde flüssig sein kann, ist die
Atmosphäre", erklärt Studienmitautorin Ravit Helled, Professorin für
Theoretische Astrophysik an der Universität Zürich. "Mit ihrem natürlichen
Treibhauseffekt fängt sie genau die richtige Menge an Wärme ein, um die
notwendigen Bedingungen für Ozeane, Flüsse und Regen zu schaffen." Die
Erdatmosphäre sah in ihrer Frühzeit jedoch ganz anders aus: "Als sich der Planet
erstmals aus kosmischem Gas und Staub bildete, sammelte er eine Atmosphäre an,
die hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestand – eine so genannte
Uratmosphäre", erklärt Helled.
Im Laufe ihrer Entwicklung verlor die Erde jedoch diese ursprüngliche
Atmosphäre. Andere, massereichere Planeten können viel größere Uratmosphären
ansammeln, die sie in einigen Fällen erhalten können. "Solche massiven
Uratmosphären können auch einen Treibhauseffekt hervorrufen – ähnlich wie die
heutige Erdatmosphäre. Wir wollten deshalb herausfinden, ob diese Atmosphären
die notwendigen Bedingungen für flüssiges Wasser schaffen können", erläutert
Helled.
Dazu modellierte das Team unzählige Planeten und simulierte deren Entwicklung
über Milliarden von Jahren. Dabei berücksichtigten sie nicht nur die
Eigenschaften der Planetenatmosphären, sondern auch die Intensität der Strahlung
ihrer jeweiligen Sterne sowie die nach außen abstrahlende innere Wärme der
Planeten. Während diese geothermische Wärme auf der Erde nur eine geringe Rolle
für die Bedingungen an der Oberfläche spielt, kann sie auf Planeten mit
gewaltigen Uratmosphären einen substanziellen Beitrag dazu leisten.
"Wir haben herausgefunden, dass in vielen Fällen die ursprünglichen
Atmosphären durch die intensive Strahlung der Sterne verloren gegangen sind –
vor allem auf Planeten, die sich in der Nähe ihres Sterns befinden. Doch in den
Fällen, in denen Atmosphären erhalten wurden, können Bedingungen entstehen,
unter denen flüssiges Wasser existieren kann", berichtet Marit Mol Lous,
Doktorandin und Hauptautorin der Studie. "In vielen Fällen, in denen genügend
geothermische Wärme die Oberfläche erreicht, ist die intensive Strahlung von
einem Stern wie der Sonne nicht einmal nötig, damit Bedingungen an der
Oberfläche herrschen, die die Existenz von flüssigem Wasser erlauben. Am
wichtigsten ist vielleicht, dass unsere Ergebnisse zeigen, dass diese
Bedingungen über sehr lange Zeiträume anhalten können – bis zu mehreren zehn
Milliarden Jahren."
"Für viele mag dies eine Überraschung sein. Die Astronomie erwartet
normalerweise, dass flüssiges Wasser in Regionen um Sterne vorkommt, die genau
die richtige Menge an Strahlung erhalten: nicht zu viel, damit das Wasser nicht
verdampft, und nicht zu wenig, damit es nicht komplett gefriert", erklärt
Christoph Mordasini, Professor für Theoretische Astrophysik an der Universität
Bern. "Da das Vorhandensein von flüssigem Wasser eine wahrscheinliche
Voraussetzung für Leben ist und das Leben auf der Erde wahrscheinlich viele
Millionen Jahre gebraucht hat, um sich zu entwickeln, könnte dies den Horizont
für die Suche nach außerirdischen Lebensformen erheblich erweitern. Nach unseren
Ergebnissen könnte es sich sogar auf sogenannten freischwebenden Planeten, die
nicht um einen Stern kreisen, entwickeln."
Dennoch bleibt der Forscher vorsichtig: "Unsere Ergebnisse sind zwar
aufregend, sollten aber mit Vorsicht genossen werden. Denn damit solche Planeten
langfristig flüssiges Wasser haben können, müssen sie die passende Atmosphäre
haben. Wir wissen nicht, wie häufig dies der Fall ist." Und selbst unter den
richtigen Bedingungen wisse man nicht, wie wahrscheinlich es sei, dass sich
Leben in einem solch exotischen potenziellen Habitat entwickle. "Das ist eine
Frage für die Astrobiologie. Mit unserer Arbeit haben wir jedoch gezeigt, dass
unsere erdzentrische Vorstellung von einem lebensfreundlichen Planeten
möglicherweise zu eng gefasst ist", so Mordasini.
Über ihre Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in Nature
Astronomy erschienen ist.
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