Erstmals direkte Beobachtung einer Nova
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg astronews.com
13. Mai 2022
Wird ein Weißer Zwergstern von einer anderen Sonne in
geringem Abstand umkreist, kann es auf dem Weißen Zwerg zu einer Explosion
kommen, die den Stern zwar nicht zerstört, seine Helligkeit aber für kurze Zeit
stark ansteigen lässt. Mithilfe des Röntgenteleskops eROSITA ist es im Sommer
2020 gelungen, eine solche Nova direkt zu beobachten.
Illustration einer Nova: Material, das sich
auf der Oberfläche eines Weißen Zwergs
angesammelt hat, explodiert in einem Feuerball
aus Röntgenstrahlung.
Bild: Annika Kreikenbohm [Großansicht] |
"Dabei kam uns auch der Zufall zu Hilfe", erklärt Ole König vom
Astronomischen Institut der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
(FAU) in der Dr. Karl Remeis-Sternwarte Bamberg, der gemeinsam mit dem
FAU-Astrophysiker Prof. Dr. Jörn Wilms und dem Forschungsteam bestehend aus dem
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, der Eberhard
Karls Universität Tübingen, der Universitat Politécnica de Catalunya in
Barcelona und dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam jetzt über die
Ergebnisse berichtet. "Solche Röntgenblitze lassen sich kaum vorhersagen, dauern
nur wenige Stunden und das Beobachtungsinstrument muss in dieser Zeit auf den
Ausbruch zielen", erklärt der Astrophysiker.
Bei diesem Instrument handelt es sich um das eROSITA-Röntgen-Teleskop, das
eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt seit 2019 den Himmel nach
weichen Röntgenstrahlen durchmustert. Dabei wurde am 7. Juli 2020 starke
Röntgenstrahlung in einem Bereich des Himmels gemessen, der vier Stunden vorher
noch völlig unauffällig gewesen war. Als das Röntgen-Teleskop vier Stunden
später die gleiche Stelle am Himmel erneut musterte, war diese Strahlung wieder
verschwunden. Weniger als acht Stunden hatte der Röntgenblitz also gedauert, der
vorher das Zentrum des Detektors völlig überbelichtet hatte.
Solche Röntgen-Ausbrüche hatten theoretische Überlegungen bereits vor mehr
als 30 Jahren vorgesagt. Sie waren bisher aber noch nie direkt beobachtet
worden. Diese Feuerbälle aus Röntgenstrahlen entstehen auf der Oberfläche von
Sternen, die eine ähnliche Größe wie unsere Sonne hatten, bevor sie ihre
Brennstoffvorräte aus Wasserstoff und später aus Helium tief in ihrem Inneren
weitgehend verbraucht hatten. Diese alten Sterne schrumpfen sehr stark zusammen,
bis ein "Weißer Zwerg" übrigbleibt, der ähnlich groß wie die Erde ist, aber eine
Masse enthält, die ähnlich groß wie unsere Sonne sein kann.
"Diese Verhältnisse kann man sich an einem Beispiel gut vorstellen", erklärt
Wilms: "Stellt man sich die Sonne in der Größe eines Apfels vor, hätte die Erde
die Dimension eines Stecknadelkopfes, der in zehn Meter Entfernung um den Apfel
kreist." Verkleinert man wiederum einen Apfel auf die Größe eines
Stecknadelkopfes, behält dieses winzige Teilchen das vergleichsweise riesige
Gewicht des Apfels. "Ein Teelöffel Materie aus dem Inneren eines Weißen Zwergs
hat daher leicht die Masse eines Lastkraftwagens", so Wilms weiter.
Diese ausgebrannten Sterne bestehen hauptsächlich aus Sauerstoff und
Kohlenstoff und sind immer noch sehr heiß. Sie leuchten daher weiß. Nur ist
diese Strahlung schwach und lässt sich daher von der Erde aus gesehen kaum
entdecken. Es sei denn, der alte Stern wird von einem Stern begleitet, in dem
noch Fusionsprozesse ablaufen und von dem dann Material auf ihn übergehen kann.
"Dieser Wasserstoff kann sich mit der Zeit zu einer nur wenige Meter dicken
Schicht auf der Oberfläche der Sternenleiche sammeln", erklärt Wilms. In dieser
Schicht aber erzeugt die riesige Schwerkraft einen gigantischen Druck, der so
groß werden kann, dass dort das Sternenfeuer wieder zündet. In einer
Kettenreaktion entsteht rasch eine riesige Explosion, in der die
Wasserstoffschicht wieder abgesprengt wird.
Die Röntgenstrahlung einer solchen Explosion hat dann am 7. Juli 2020 die
Detektoren von eROSITA getroffen und überbelichtet. "Mit Modellrechnungen, mit
denen wir ursprünglich die Entwicklung des Röntgen-Instruments begleitet hatten,
konnten wir dann in einer aufwändigen Arbeit das eigentlich überbelichtete Bild
genauer analysieren und so erstmals einen Blick hinter die Kulissen einer
solchen 'Nova' genannten Explosion eines Weißen Zwergs werfen", schildert Wilms
die weitere Forschung.
Nach diesen Ergebnissen sollte der Weiße Zwerg ungefähr die Masse unserer
Sonne haben und damit relativ groß sein. Bei der Explosion entstand ein 327.000
Grad heißer Feuerball, der damit rund sechzigmal wärmer als unsere Sonne war.
Weil bei solchen Novae der Energie-Nachschub fehlt, kühlen sie rasch aus, und
die Röntgenstrahlung wird weicher, bis sie schließlich zu sichtbarem Licht wird,
das einen halben Tag nach der eROSITA-Entdeckung auch die Erde erreichte und mit
optischen Teleskopen beobachtet wurde.
"Es tauchte dann ein scheinbar heller Stern auf, der sogar mit dem Auge
sichtbar war", berichtet König. Solche scheinbaren "neuen Sterne" wurden auch
früher schon beobachtet und wegen ihres unverhofften Auftauchens "Nova Stella"
genannt, was "neuer Stern" bedeutet. Weil diese Nova aber erst nach dem
Röntgenblitz sichtbar wird, ist eine Vorhersage für solche Ausbrüche sehr
schwierig, die daher eher zufällig die Röntgen-Detektoren treffen. "Da hatten
wir wirklich Glück", freut sich König.
Über die Beobachtungen berichtete das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature erschienen ist.
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