Blick auf die Nova RS Ophiuchi
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
19. April 2022
Die MAGIC-Teleskope haben die Nova RS Ophiuchi bei extrem
hohen Energien im Gammabereich beobachtet. Die Gammastrahlung geht von Protonen
aus, die in der Stoßwelle nach der Explosion beschleunigt werden. Novae dürften
somit auch eine Quelle für die kosmische Strahlung im Universum sein. Diese
besteht überwiegend aus Protonen, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durchs All
rasen.
Das Doppelstern-System RS Ophiuchi: Vom
Roten Riesen strömt Materie auf den Weißen Zwerg.
Die neu hinzugekommenen Sternhüllen explodieren
etwa alle 15 Jahre in einer hellen Nova.
Bild: superbossa.com Max-Planck-Institut für
Physik [Großansicht] |
Licht an, Licht aus – so könnte man das Verhalten der Nova beschreiben, die
auf den Namen RS Ophiuchi (RS Oph) hört. Alle etwa 15 Jahre kommt es im
Sternbild Schlangenträger zu einer dramatischen Explosion. Geburtsort einer Nova
sind Systeme, in denen zwei sehr unterschiedliche Sterne in einer parasitären
Paarbeziehung leben: Ein Weißer Zwerg, ein kleiner, ausgebrannter und ungeheuer
dichter Stern – ein Teelöffel seiner Materie wiegt ungefähr eine Tonne –
umkreist einen Roten Riesen, einen alten Stern, der bald verglühen wird.
Der sterbende Riesenstern füttert den Weißen Zwerg mit Materie: Er stößt
seine äußere Wasserstoffschicht ab, das Gas strömt auf den nahen Weißen Zwerg.
Dieser Materiefluss hält an, bis der Winzling sich "überfrisst" und zu heiß
wird. Die Temperatur und der Druck in den neu gewonnen Sternhüllen sind dann so
groß, dass sie in einer gigantischen thermonuklearen Explosion weggeschleudert
werden. Der Zwergstern bleibt dabei erhalten und der Kreislauf beginnt von Neuem
– bis sich das Spektakel wiederholt.
Dass bei solchen Explosionen hohe Energien im Spiel sind, war vermutet
worden. Die beiden MAGIC-Teleskope zeichneten nun Gammastrahlen mit dem Wert von
250 Gigaelektronenvolt (GeV) auf, mit die höchsten Energien, die je bei einer
Nova gemessen wurden. Zum Vergleich: Die Strahlung ist hundert Milliarden Mal
energiereicher als das sichtbare Licht. MAGIC beobachtete die Nova nach
Meldungen von Instrumenten, die auf andere Wellenlängen spezialisiert sind. "Der
dramatische Ausbruch der Nova RS-Oph zeigt, dass sich die kurze Reaktionszeit
der MAGIC-Teleskope auszahlt: Sie brauchen höchstens 30 Sekunden, um sich auf
ein neues Ziel auszurichten", sagt David Green, Wissenschaftler am
Max-Planck-Institut für Physik.
Nach der Explosion breiteten sich mehrere Stoßfronten im Sternwind des Roten
Riesen und im interstellaren Medium aus, welches das Doppelstern-System umgibt.
Diese Stoßwellen sind ein natürlicher Teilchenbeschleuniger, also ein riesiges
"Kraftwerk", das Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit bringt. Die
kombinierten Messdaten legen nahe, dass die Gammastrahlen von energiereichen
Protonen, Kernen von Wasserstoffatomen, ausgehen.
"Damit kommen Nova-Ausbrüche auch als Quelle für die kosmische Strahlung
infrage", erklärt Green. "Allerdings spielen sie dabei eher die Rolle von
Lokalmatadoren. Das heißt, sie tragen nur in ihrer unmittelbaren Umgebung zur
kosmischen Strahlung bei. Die Hauptakteure der kosmischen Strahlung sind
Supernova-Überreste. Die Stoßwellen, die von dieser Art Sternexplosion ausgehen,
sind bedeutend heftiger als bei einer Nova."
Um das komplizierte Zusammenspiel von energiereichen Himmelsereignissen und
dem interstellaren Medium in der Milchstraße vollständig zu verstehen, sind
weitere Beobachtungen nötig. Die MAGIC-Kollaboration wird daher auch in Zukunft
Ausschau nach "unruhigen" Objekten in unserer Galaxie – und darüber hinaus –
halten. Über ihre aktuellen Beobachtungen berichtet das Team in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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