Nova von RS Ophiuchi in Echtzeit beobachtet
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY astronews.com
11. März 2022
Mit dem Gammastrahlen-Observatorium H.E.S.S. in Namibia ist
es erstmals gelungen, die Nova des Sterns RS Ophiuchi praktisch in Echtzeit zu
beobachten. Dadurch war es auch möglich, den zeitlichen Ablauf der
Beschleunigung von Teilchen auf extrem hohe Energien zu verfolgen. Novae könnten
danach auch für einen Teil der kosmischen Strahlung verantwortlich sein.
Künstlerische Darstellung der RS-Ophiuchi-Nova-Explosion:
Die schnellen Stoßwellenfronten bilden die Form
eines Uhrenglases aus, in der die Gammastrahlung
produziert wird. Sie wird dann von den
H.E.S.S.-Teleskopen (im Vordergrund)
aufgezeichnet.
Bild: DESY / H.E.S.S., Science Communication
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Weiße Zwerge sind ausgebrannte, alte Sterne, die in sich zusammengefallen
sind und sehr kompakte Objekte bilden. Sind sie Teil eines Doppelsternsystems,
können sogenannte Novae entstehen - nämlich dann, wenn ein Weißer Zwerg mit
einem großen Stern in einem System kreist und aufgrund seiner Gravitation
Materie von seinem massereichen Begleiter aufsammelt. Überschreitet die
aufgesammelte Masse eine kritische Grenze, kommt es zu einer thermonuklearen
Explosion auf der Oberfläche des Weißen Zwergs.
Manche Novae treten in regelmäßigen Abständen immer wieder auf. RS Ophiuchi
ist eine solche wiederkehrende Nova; alle 15 bis 20 Jahre gibt es eine Explosion
auf der Sternoberfläche. "Die Sterne, die das System bilden, haben in etwa den
gleichen Abstand wie Erde und Sonne", erklärt Alison Mitchell, Wissenschaftlerin
an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Leiterin des
H.E.S.S.-Nova-Programms. "Als die Nova im August 2021 wieder explodierte,
konnten wir mit den H.E.S.S.-Teleskopen zum ersten Mal eine galaktische
Explosion in sehr hochenergetischer Gammastrahlung beobachten."
Dabei registrierte die Forschungsgruppe, dass die Teilchen auf mehrere
hundertmal höhere Energien beschleunigt wurden als bei zuvor beobachteten Novae.
Außerdem wurde die von der Explosion freigesetzte Energie höchst effizient in
die Beschleunigung von Protonen (Wasserstoffatomkerne) und schwererer Kerne
umgewandelt. Dabei erreichte die Teilchenbeschleunigung die
Maximalgeschwindigkeiten, wie sie in theoretischen Modellen berechnet werden.
"Die Beobachtung, dass in kosmischen Stoßwellen in der Realität das theoretische
Limit der Teilchenbeschleunigung erreicht werden kann, hat enorme Auswirkungen
für die Astrophysik", sagt Ruslan Konno, Doktorand bei DESY in Zeuthen. "Sie
legt nahe, dass der Beschleunigungsprozess genauso effizient bei noch viel
extremeren kosmischen Explosionen – den sogenannten Supernovae – sein könnte."
Bei der Eruption von RS Ophiuchi konnten die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler die Nova in Echtzeit mitverfolgen und so zum ersten Mal die
kosmische Teilchenbeschleunigung wie einen Film beobachten und studieren.
H.E.S.S. konnte höchstenergetische Gammastrahlen noch bis zu einen Monat nach
der Explosion messen. "Diese Art der Beobachtung ist neu und erlaubt in Zukunft
noch genauere Einblicke in die Funktionsweise kosmischer Explosionen", sagt
Dmitry Khangulyan, Theoretiker an der Rikkyo Universität im japanischen Tokyo.
"So könnte es zum Beispiel sein, dass Novae zur allgegenwärtigen kosmischen
Strahlung beitragen und damit die Dynamik ihrer unmittelbaren Umgebung
wesentlich beeinflussen." Bei der sogenannten kosmischen Strahlung handelt es
sich um einen Hagel energiereicher subatomarer Teilchen, der aus allen
Richtungen des Weltalls gleichmäßig kommt, und dessen genaue Ursprünge noch
nicht vollständig geklärt ist.
Das Observatorium H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) in Namibia
besteht aus fünf sogenannten Tscherenkow-Teleskopen, die zur Untersuchung von
Gammastrahlung aus dem Weltraum eingesetzt werden. Im größten Teleskop wurde
eine neue, hochsensible Kamera installiert, eine sogenannte FlashCam, die dem
neusten Stand der Technik entspricht. Solche FlashCams werden derzeit auch für
das Gammastrahlen-Observatorium der nächsten Generation weiterentwickelt, das
Cherenkov Telescope Array (CTA). "Die neue Kamera ist seit Ende 2019 in
Betrieb. Diese Messung zeigt, welches Potenzial in den Kameras der neuesten
Generation steckt", betont Simon Steinmaßl, Doktorand am Max-Planck-Institut für
Kernphysik in Heidelberg, der mit der Analyse der Kameradaten betraut ist.
Die Teleskope wurden schnellstmöglich auf die Nova ausgerichtet, nachdem das
Ereignis von einem Amateurastronomen gemeldet wurde. Auch diese schnelle
Reaktion trug zum Erfolg der Beobachtung bei und ermöglichte umfangreiche
Nachbeobachtungen. "In den nächsten Jahren wird sich durch Forschung mit
CTA-Teleskopen zeigen, ob diese Art von Novae besonders sind", erklärt
H.E.S.S.-Direktor Stefan Wagner, Professor an der Landessternwarte in
Heidelberg. Zudem wissen Beobachtende nun genauer, wonach sie suchen müssen.
Somit ergeben sich eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, die Geschehnisse im
Zusammenhang mit Novae besser zu verstehen und beschreiben, betont Wagner.
"Diese Messung stellt einen weiteren Erfolg in der Gammaastronomie dar und lässt
uns hoffen, noch viele weitere kosmische Explosionen mit H.E.S.S. und
zukünftigen Gammastahlen-Teleskopen zu studieren."
Die die H.E.S.S.-Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Science erschienen ist.
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