Deutscher Umweltsatellit im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
4. April 2022
Am Freitagabend ist EnMAP, der erste in Deutschland gebaute
und entwickelte Hyperspektralsatellit, an Bord einer Falcon-9-Rakete des
US-amerikanischen Raumfahrtkonzerns SpaceX von Cape Canaveral aus ins All
gestartet. EnMAP wird Aufnahmen der Erde in 242 Spektralkanälen machen und der
Forschung damit einen wertvollen und ganz neuen Blick auf unseren Heimatplaneten
ermöglichen.
Am 1. April 2022 um 18:24 Uhr MESZ ist der
deutsche Umweltsatellit EnMAP an Bord einer
Falcon-9-Rakete des US-amerikanischen
Raumfahrtkonzerns SpaceX von Cape Canaveral in
Florida ins All gestartet.
Foto: SpaceX [Großansicht] |
Alles begann 2003 mit einem Wettbewerb im so genannten Nationalen
Raumfahrtprogramm, den die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR ausgeschrieben
hatte. Die Aufgabe lautete, ein neuartiges Hyperspektralinstrument und einen
dazu passenden Satelliten zu designen, zu bauen und beides - Instrument und
Satellit - für seinen mehrjährigen Einsatz unter den harschen Bedingungen des
Weltraums zu testen. Parallel fand sich eine (inter-)nationale Gemeinschaft von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zum einen die Nutzungsbedingungen
und Zielstellungen der ersten deutschen - und auch ersten europäischen
Hyperspektralmission - definierten. Welche Daten unserer Erde wollen wir mit
EnMAP erheben, für welchen Zweck? Randbedingungen, unter denen der besondere
Umweltsatellit - das Kürzel steht für Environmental Mapping and Analysis
Program - geboren wurde.
Am 1. April 2022 hat der etwa kleinwagengroße und eine Tonne schwere EnMAP
nun um 18:24 Uhr MESZ als die größte Nutzlast einer Falcon-9-Rakete des
US-amerikanischen Raumfahrtkonzerns SpaceX vom Cape Canaveral in Florida aus
seine Reise ins All begonnen. EnMAP soll aus 650 Kilometern unsere Erde mit 242
Spektralkanälen aufnehmen. "Deutschland leistet mit dem Start von EnMAP einen
unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz. Seine innovative Hyperspektral-Sensorik
wird uns die Erde wirklich mit anderen Augen sehen lassen. Wir werden Feinheiten
entdecken, die uns bislang verborgen waren. Dank dieser Detailtiefe können wir
Veränderungen unserer Umwelt rechtzeitig erkennen und so unser Klima und unsere
Umwelt noch besser schützen. EnMAP wird uns auf diese Weise dabei helfen, die
globale Landnutzung nachhaltiger zu gestalten, die Folgen des Klimawandels
aufzuzeigen und der fortschreitenden Umweltzerstörung entgegenzuwirken. Mit
EnMAP Leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag für europäische
Raumfahrttechnologie zum Wohle unseres Planeten", sagt Dr. Anna Christmann,
Koordinatorin der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt im
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
"Mit der Technologie der hyperspektralen Fernerkundung lassen sich stoffliche
Zusammensetzungen auf der Erdoberfläche quantifizieren. Die möglichen
Anwendungsbereiche reichen dabei von der Land- und Forstwirtschaft und der
Landnutzung, der Beobachtung von Gewässern, bis hin zur Geologie, urbanen
Nutzung, sowie zu Georisiken und Naturgefahren", erläutert Prof. Dr. Anke
Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. "Satellitendaten liefern
zuverlässige qualitative Informationen zum Beispiel über die Landbedeckung und
deren räumliche Verteilung. Für die quantitativen Informationen hingegen, wie
die Nährstoffversorgung von Ackerpflanzen, die Wasserqualität von Seen oder die
Identifikation von Bodenmineralen, werden spektral hochaufgelöste Daten
benötigt."
"Mit dem Start von EnMAP schließen wir eine Lücke in der modernen
Erdbeobachtung. Der Weg, den wir dafür gegangen sind, war extrem wichtig für die
Leistungsfähigkeit der deutschen Raumfahrtwissenschaft und -industrie. Die
Mission hat auf vielen Gebieten neue Entwicklungen an der Grenze des technisch
Machbaren erfordert. Am Ende ist ein Satellit dabei herausgekommen, der der
gesamten Menschheit zugutekommt. Denn die EnMAP-Daten können zum Beispiel dazu
beitragen, die Erträge in der Landwirtschaft nachhaltig zu verbessern und damit
die Ernährungssicherheit bei einer steigenden Weltbevölkerung sicherzustellen",
betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter der Deutschen
Raumfahrtagentur im DLR in Bonn, die die EnMAP-Mission im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) führt.
Gestartet ist EnMAP unter der Spitze einer Falcon-9-Rakete zusammen mit 39
weiteren, teilweise sehr kleinen Nutzlasten vom Space Launch Complex 40 auf dem
Gelände der Cape Canaveral Space Force Station in Florida. Die Reise von EnMAP
markiert den 145. Start einer Falcon-9-Rakete, deren erste Stufe nun zum siebten
Mal ins All geflogen ist. Mit der Crew-1 und Crew-2 hat sie bereits zweimal
Astronauten sicher zur Internationalen Raumstation ISS gebracht. Bereits 15
Minuten nach dem Start hatte sich der Satellit von seiner Trägerrakete getrennt.
Um 19:45 Uhr MESZ wurden die ersten Daten ins Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum
nach Oberpfaffenhofen übertragen. Danach wurde damit begonnen, EnMAP in Betrieb
zu nehmen, die Systeme hochzufahren und den Zielorbit einzustellen. Daran
schließt sich eine Phase an, in der das ordnungsgemäße Funktionieren des
Satelliten überprüft wird.
"In dieser Phase wird besonders darauf geachtet, ob die Qualität dieser
ersten Daten unseren Erwartungen entspricht. Sechs Monate nach dem Start geht
die Mission dann in die operationelle Phase über. Dann können
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konkret sagen, welche Gebiete der Erde
sie zu einer bestimmten Jahreszeit durch die 'Augen' von EnMAP kartographiert
bekommen möchten", erklärt Dr. Sebastian Fischer, EnMAP-Gesamtprojektleiter in
der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR. Die Daten werden vom Satelliten
aufgenommen und dann über den DLR-Bodenstationen in Neustrelitz
(Mecklenburg-Vorpommern) und im kanadischen Inuvik während der Überflüge des
Satelliten zur Erde heruntergeladen.
Diese Rohdaten sind für den Nutzer allerdings noch nicht direkt verwendbar.
Sie müssen weiterverarbeitet werden, indem sie mit Lage- und
Positionsbestimmungen versehen werden. Nur so wissen die Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler am Ende auch, wo welcher Pixel am Boden verortet werden
kann. Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) sowie das Institut für
Methodik der Fernerkundung im DLR prozessieren, archivieren und validieren die
Daten, so dass sie am Ende der Wissenschaft weltweit und kostenfrei zur
Verfügung gestellt werden.
Doch wie gewinnt EnMAP eigentlich diese wichtigen Daten? Jedes Material auf
der Erdoberfläche reflektiert das Sonnenlicht in einer für ihn
charakteristischen Art und Weise und hinterlässt so eine sogenannte
Spektralsignatur. Diesen "farbigen Fingerabdruck" kann EnMAP mithilfe seines
Messinstruments erkennen, unterscheiden und abbilden. So steht die Mission unter
dem Motto "Unsere Erde in mehr als allen Farben", weil jedes EnMAP-Bild in ganz
viele kleine Wellenlängenbereiche zerteilt wird - viel mehr, als unsere Augen
wahrnehmen können.
"Jeder einzelne Bereich liefert ein Foto, dass den Wissenschaftlern spezielle
Informationen über den Zustand unserer Erde gibt. So können wir zum Beispiel den
Gesundheitszustand von Pflanzen aus dem All messen und genau verorten. Der Bauer
hat Dank der Satellitenperspektive jeden Winkel seines gesamten Feldes im Blick.
Er kann dann anhand dieser Daten zielgerichtet entscheiden, wie und wo er düngen
und bewässern muss. Das schont nachhaltig Ressourcen und liefert gleichzeitig
mehr Ertrag", erklärt Fischer.
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