Aus dem Weltraum auf den Acker
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
8. Oktober 2021
Bei einem längeren Aufenthalt im All müssen möglichst alle
verwertbaren Rohstoffe wiederverwendet werden. Dazu zählen auch Überreste, die
auf der Erde normalerweise in der Toilette verschwinden. Sie lassen sich in
wertvollen Dünger verwandeln. Ein entsprechendes Experiment könnte nun auch der
irdischen Landwirtschaft zugutekommen.
Aufbereiteter Flüssigdünger sowie Pellets
aus separierter Rindergülle nach Behandlung mit
dem C.R.O.P.-Verfahren.
Bild: DLR (CC
BY-NC-ND 3.0) [Großansicht] |
Gedacht war die Technologie fürs Weltall: Aus Urin und Abfällen entsteht ein
Dünger – und dieser unterstützt Astronautinnen und Astronauten zum Beispiel beim
Anbau von Tomaten oder Salat. Möglich wird das durch den Biofilter C.R.O.P.
(für: Combined Regenerative Organic food Production), der im Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde. Jetzt bewährt sich C.R.O.P. auf
der Erde bei der biologischen Gülleaufbereitung. Aktuell läuft eine Marktstudie
mit Landwirtinnen und Landwirten. Gleichzeitig wird der Biofilter weiter
angepasst und vergrößert. Im Spätherbst startet der erste Feldversuch im BiG-C.R.O.P.-Projekt.
"Das C.R.O.P.-Verfahren ist eine rein biologische Methode, um
stickstoffhaltige Abwässer zu einer Düngemittellösung aufzubereiten", erklärt
Projektleiter Tim Paulke vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in
Köln. "Das Prinzip eignet sich nicht nur für Urin. Es lässt sich problemlos auch
bei der Behandlung von Wirtschaftsdüngern wie Rindergülle oder Gärprodukten
anwenden." Der Einsatz von Mineraldünger in der konventionellen Landwirtschaft
könnte reduziert werden. Das System verhindert, dass überschüssige
Stickstoffmengen in die Ökosysteme Luft, Wasser oder Boden gelangen.
Der C.R.O.P.-Prozess benötigt keine Chemikalien oder Gefahrstoffe, sondern
nutzt natürliche Stoffwechselvorgänge. Die Anlage besteht aus einem Tank und
einem "Reaktionsraum". Dieser enthält eine Vielzahl von Mikroorganismen.
Bakterien, Pilze und Einzeller bilden ein anpassungsfähiges Ökosystem. Es kann
verschiedene Stoffe von Stickstoff bis Phosphor verarbeiten. "Dabei vermehren
sich genau die Organismen, denen die jeweiligen Stoffe als Nahrungsgrundlage
dienen", sagt Gravitationsbiologe Dr. Jens Hauslage.
Die Idee der Biofilter ist nicht neu – das Institut für Luft- und
Raumfahrtmedizin erforscht seit 2011 Szenarien für bestimmte Lebensräume und
Anwendungen. Auch ein Einsatz in Städten ist denkbar: Das Filtersystem könnte in
Wohngebieten Abwässer reinigen und dabei platzsparend in Häusern untergebracht
werden. Es bereitet außerdem Abwässer auf, die mit Medikamenten belastet sind.
Ursprünglich wurde C.R.O.P. für Missionen im All entwickelt. Astronautinnen
und Astronauten auf Langzeitmissionen brauchen geschlossene
Lebenserhaltungssysteme. Das würde ebenso für Stationen auf dem Mars oder dem
Mond gelten. Atemluft, Wasser und Nahrung müssen dort verfügbar sein und so weit
wie möglich recycelt werden. Mit aufbereiteten Abwässern könnten Forschende zum
Beispiel ein Gewächshaus betreiben.
Die Marktstudie und der Feldversuch stärken den Technologietransfer von der
Raumfahrt in die Landwirtschaft. Interessierte Landwirtinnen und Landwirte
können, sofern die Gegebenheiten vor Ort passen, für einen Zeitraum eine
Pilotanlage auf ihrem Gelände nutzen. So können Gülle oder Gärprodukte aus einer
Biogasanlage vor Ort mit einer C.R.O.P.-Anlage zu einem höherwertigen Dünger
weiterverarbeitet werden. Die Düngemittellösung ist direkt pflanzenverfügbar und
verursacht keine Geruchsbelästigung.
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