Zwei Raumsonden vor Venus-Vorüberflug
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
6. August 2021
Viel Verkehr rund um die Venus: In den kommenden Tagen
statten gleich zwei Raumsonden unserem Nachbarplaneten einen Besuch ab: die
Sonnensonde Solar Orbiter der ESA und die japanisch-europäische
Merkurmission BepiColombo. Einige Instrumente der Sonde werden dabei
eingeschaltet sein. Die Forschenden hoffen auf wichtige neue Daten aus der
unmittelbaren Umgebung unseres Nachbarplaneten.
Künstlerische Darstellung des Vorüberflugs
von BepiColombo an der Venus am 10. August 2021.
Bild: ESA / ATG medialab [Großansicht] |
Die Venus ist in den nächsten Tagen ein gefragtes Etappenziel: Auf ihrem Weg
ins innere Sonnensystem statten gleich zwei Weltraummissionen unserem
Nachbarplaneten einen kurzen Besuch ab - der Solar Orbiter und die
Mission BepiColombo. Aus wissenschaftlicher Sicht passieren beide
Missionen die Venus sozusagen im Halbschlaf: Während einige Instrumente zu ihrem
eigenen Schutz ausgeschaltet sind, sammeln solche, die Teilchen und Magnetfelder
in der Umgebung der Venus messen können, wertvolle Daten.
Die ESA-Raumsonde Solar Orbiter erreicht die Venus als Erste. Knapp
8000 Kilometer werden den Sonnenspäher, der sich seit Februar 2020 unserem
Zentralgestirn auf immer engeren Umlaufbahnen nähert, am Montag, 9. August,
gegen 6.42 Uhr MESZ von dem Planeten trennen.
Einen deutlich kleineren Abstand zur Venus gibt die Flugroute der
europäisch-japanischen Doppelsonde BepiColombo vor: Am Dienstag, 10.
August, gegen 15.58 Uhr MESZ wird er nur etwa 550 Kilometer betragen. Für beide
Missionen ist dies bereits die zweite Begegnung mit der Venus. Da einige
Messinstrumente der Sonden leistungsstärker sind als die früherer
Venus-Besucher, bietet auch dieser Vorbeiflug die willkommene Möglichkeit, ganz
genau hinzuschauen. Dass beide Sonden unseren Nachbarplaneten in enger
zeitlicher Abfolge passieren, ist doppelt gut: So sind gleichzeitige Messungen
an zwei verschiedenen Orten in der Umgebung der Venus möglich. Dies kann
beispielsweise helfen zu verstehen, wie sich Teilchen und Magnetfelder dort
ausbreiten.
Anders als die Erde und den Merkur umgibt die Venus kein starkes, stabiles
Magnetfeld. Allerdings induziert der Sonnenwind, der fluktuierende Strom
geladener Teilchen von der Sonne, elektrische Ströme in der Venus-Ionosphäre und
erzeugt so ein schwaches, ebenso fluktuierendes Magnetfeld. Zudem verformt der
Strom aus Sonnenteilchen die Hülle der Venus so, dass sie an der
sonnenabgewandten Seite wie ein Schweif bisweilen viele Millionen Kilometer weit
ins All ragt.
Diesen komplexen Vorgängen wollen Solar Orbiter und BepiColombo
beim Vorbeiflug nachspüren. Dabei taucht die Merkur-Sonde sogar in die untere
Ionosphäre ein; die Instrumente SERENA (Search for Exospheric Refilling and
Emitted Natural Abundance), SIXS (Solar Intensity X-ray and particle
Spectrometer), MPO-MAG (Mercury Planetary Orbiter Magnetometer) und MPPE
(Mercury Plasma Particle Experiment) werden Messungen durchführen.
Die Teilchen und Magnetfelder in der Umgebung der inneren Planeten Merkur,
Venus, Erde und Mars geben Hinweise darauf, warum sie sich seit ihrer Entstehung
so unterschiedlich entwickelt haben. Während unsere Heimat eine wasserreiche
Gashülle umgibt, wurde der Mars zu einem trockenen Wüstenplaneten, der nur Reste
einer Atmosphäre aufweist. Und die Venus versteckt sich unter einer dichten,
giftigen Atmosphäre, die für einen dramatischen Treibhauseffekt sorgt.
Forscherinnen und Forscher interessiert deshalb, durch welche Prozesse Teilchen
aus der unteren Atmosphäre der jeweiligen Planeten in ihre Ionosphäre und von
dort ins Weltall entweichen.
In den Messdaten von MPPE beispielsweise hoffen Forscherinnen und Forscher,
Hinweise auf ungebundene Kohlenstoff-Ionen, sogenannten atomaren Kohlenstoff, zu
finden. Seine Existenz in der Ionosphäre würde darauf hindeuten, dass in der
daruntergelegenen Atmosphäre nicht nur ultraviolettes Licht einzelne Moleküle
spaltet und somit Voraussetzungen für ihr Entweichen ins All schafft, sondern
dass möglicherweise auch heftige Zusammenstöße mit Elektronen am Werk sind.
Bereits 1996 konnte das Weltraumobservatorium SOHO (Solar and Heliospheric
Observatory) atomaren Kohlenstoff aus einer Entfernung von etwa 40 Millionen
Kilometern im damals ungewöhnlich langen Ionenschweif der Venus nachweisen;
seitdem ist dies keiner weiteren Sonde gelungen.
Nicht zuletzt ist der bevorstehende Vorbeiflug für BepiColombo eine
wichtige Generalprobe: Bevor die Sonde Ende 2025 in eine Umlaufbahn um den
Merkur einschwenkt, stehen auf dem Reiseplan noch mehrere Merkur-Vorbeiflüge.
Die geplanten Messungen an der Venus bieten somit die Gelegenheit
sicherzustellen, dass bis dahin alle Messinstrumente in Topform sind.
Die Doppelraumsonde BepiColombo der europäischen und japanischen
Weltraumagenturen ESA und JAXA startete am 20. Oktober 2018 ins All. Sie besteht
aus den beiden Sonden Mercury Planetary Orbiter und Mercury
Magnetospheric Orbiter, die während der Anreise zum Merkur
aufeinandergestapelt fliegen. Die ESA-Sonde Solar Orbiter ist seit 10.
Februar 2020 im Weltraum unterwegs. Sie wird sich in den nächsten Jahren der
Sonne auf Ellipsen immer weiter nähern, bis sie nur noch 42 Millionen Kilometer
von unserem Zentralstern trennen.
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