Auch die ESA will wieder zur Venus
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA astronews.com
11. Juni 2021
Auch die europäische Weltraumagentur ESA zieht es wieder zu
unserem Nachbarplaneten Venus. Gestern fiel die endgültige Entscheidung für die
Mission EnVision, die damit in die Fußstapfen von Venus Express
treten und unseren sonnennäheren Nachbarn gründlich untersuchen soll. Anfang der
2030er Jahre könnten damit drei Sonden die Venus unter die Lupe nehmen.
Mit der Mission EnVision will auch die ESA
im kommenden Jahrzehnt unseren Nachbarplaneten
Venus erkunden.
Bild: ESA / VR2Planets / DamiaBouic
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Das Science Programme Committee der ESA hat gestern die
Venus-Mission EnVision als fünfte Mittelklasse-Mission des Cosmic-Vision-Plans
der europäischen Weltraumagentur bestätigt. "Vor uns liegt eine ganz neue Ära
der Venus-Erkundung", unterstreicht der ESA-Wissenschaftsdirektor Günther
Hasinger. "Der Planet ist unser nächster Nachbar im Sonnensystem und
unterscheidet sich doch erheblich von der Erde. Gemeinsam mit den neu
angekündigten Venus-Missionen der NASA steht nun ein extrem umfangreiches
wissenschaftliches Programm rund um den mysteriösen Planeten an, das uns auch im
nächsten Jahrzehnt noch einige Zeit beschäftigen wird."
Eine Schlüsselfrage der Planetologie lautet: Warum hat auf unserem direkten
Nachbarn im inneren Sonnensystem ein solch dramatischer Klimawandel
stattgefunden – wo er doch in etwa dieselbe Größe und Zusammensetzung aufweist
wie die Erde? Die Venus ist im Gegensatz zu unserem Heimatplaneten nicht
bewohnbar, hat eine toxische Atmosphäre und ist in dicke Wolken, die großteils
aus Schwefelsäure bestehen, eingehüllt. Welche historischen Entwicklungen haben
dazu geführt, dass sich die Venus heute in diesem Zustand befindet? Und lässt
sich daraus eine Vorhersage für die Erde ableiten? Und noch weitere Fragen
beschäftigt die Venus-Forschung: Ist der Planet beispielsweise noch geologisch
aktiv, hätte einst ein Ozean auf dem Planeten existieren können und hat es dort
vielleicht sogar schon einmal Leben gegeben?
Das innovative Instrumentenpaket von EnVision wird sich genau diesen
großen Fragen widmen. Der Orbiter wird mit einer Reihe europäischer Instrumente
ausgestattet, darunter ein Tiefenmesser zur Untersuchung unterirdischer
Schichten sowie Spektrometern zur Erforschung der Atmosphäre und der Oberfläche.
Die Spektrometer werden Spurengase in der Atmosphäre messen und die
Zusammensetzung der Oberfläche analysieren, vor allem hinsichtlich
Veränderungen, die auf aktiven Vulkanismus hinweisen könnten.
Ein von der NASA bereitgestellter Radar wird Bilder von der
Planetenoberfläche machen und diese kartografieren. Darüber hinaus werden im
Rahmen eines radiowissenschaftlichen Experiments die innere Struktur und das
Gravitationsfeld sowie die Struktur und die Zusammensetzung der Atmosphäre
untersucht. Gemeinsam werden die Instrumente die Interaktion zwischen den
verschiedenen Grenzen des Planeten – vom Inneren über die Oberfläche bis zur
Atmosphäre – bestmöglich charakterisieren und so eine allumfassende Ansicht der
Venus und ihrer Prozesse liefern.
EnVision tritt dabei in die Fußstapfen der ESA-Mission Venus
Express (2005-2014), die sich vor allem auf die Erforschung der Atmosphäre
konzentriert hatte, aber auch Daten lieferte, die auf mögliche vulkanische
Hotspots auf der Planetenoberfläche hinwiesen. Außerdem analysiert das
JAXA-Raumfahrzeug Akatsuki die Venus-Atmosphäre seit 2015. EnVision
wird die von der NASA-Sonde Magellan in den 1990er Jahren aufgenommenen
Radaraufnahmen der Planetenoberfläche erheblich verbessern. Damit wird, zusammen
mit den anstehenden NASA-Missionen DAVINCI+ und VERITAS, ein neues Orbiter-Trio
die Venus so umfassend analysieren wie noch nie zuvor.
"EnVision profitiert von der Kollaboration mit der NASA, da so das
europäische und das amerikanische Fachwissen in der Venuswissenschaft und
-technologie miteinander kombiniert wird – zu einer einzigartigen,
ambitionierten Mission", so Hasinger weiter. "EnVision wird darüber
hinaus Europas Rolle bei der wissenschaftlichen Exploration des Sonnensystems
weiter stärken. Unsere wachsende Missionsflotte wird uns, und zukünftigen
Generationen, umwerfende Erkenntnisse über die Funktionsweise unserer planetaren
Nachbarschaft liefern. Dies ist vor allem relevant, da wir immer mehr
einzigartige Exoplaneten-Systeme entdecken."
"Wir freuen uns sehr darauf, zur neuen aufregenden ESA-Mission zur
Erforschung der Venus beizutragen", sagt NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas
Zurbuchen. "EnVision wird dabei von den Stärken der Instrumente, die
von beiden Agenturen entwickelt werden, profitieren. In Kombination mit den
NASA-Discovery-Missionen werden wir der wissenschaftlichen Gemeinde ein
leistungsfähiges, synergetisches Set aus neuen Daten bereitstellen. Mit diesem
werden wir untersuchen können, wie die Venus entstand und wie sich Oberfläche
und Atmosphäre im Zeitverlauf verändert haben."
Nach einem ersten Aufruf für ein Konzept für die fünfte Mittelklassen-Mission
im Jahr 2016 blieben am Ende des Wettbewerbs EnVision und das
Weltraumteleskop Theseus (Transient High-Energy Sky and Early Universe
Surveyor) übrig. Theseus hätte transiente Ereignisse über den gesamten
Himmel hinweg beobachtet und sich dabei besonders auf Gammastrahlen-Ausbrüche
aus den ersten Milliarden Jahren des Universums konzentriert. So sollten
Erkenntnisse über die Lebenszyklen der ersten Sterne gesammelt werden.
Das Senior Science Committee der ESA empfahl letztlich EnVision,
erkannte aber auch an, dass Theseus ein äußerst überzeugendes
wissenschaftliches Unterfangen darstellt, das sehr wichtige Beiträge in diesem
Feld leisten könnte. Der nächste Schritt für EnVision besteht nun
darin, dass die detaillierte "Definitionsphase" beginnt, in der das Design des
Satelliten und der Instrumente finalisiert wird. Nach der Designphase wird ein
europäischer Auftragnehmer aus der Industrie ausgewählt, der EnVision
bauen und testen wird, bevor die Sonde mit einer Ariane-6-Trägerrakete
in den Weltraum startet.
Der frühestmögliche Starttermin für EnVision ist 2031; weitere
Optionen folgen in 2032 und 2033. Der Flug zur Venus dauert etwa 15 Monate. Nach
weiteren 16 Monaten wird die Sonde dann mithilfe von Atmosphärenbremsung ihren
Orbit erreicht haben. Auf der quasi-polaren Umlaufbahn in einer Höhe von 220 bis
540 Kilometern wird EnVision 92 Minuten für eine Venusumkreisung
brauchen.
Solar Orbiter, Euclid, Plato und Ariel wurden
bereits als Mittelklasse-Missionen ausgewählt. Der Solar Orbiter
startete im Februar 2020 ins All; Euclid, Plato und Ariel
werden im Laufe dieses Jahrzehnts losfliegen. Euclid ist ein Weltraumteleskop
zur Erforschung der dunklen Energie und Materie, Plato und Ariel sollen
extrasolare Planeten erforschen.
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