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Durch eine gründliche Untersuchung von Tiefsee-Krustenmaterial hat ein Forschungsteam nun neue Hinweise auf Supernova-Explosionen in relativer Nähe zur Erde entdeckt, die sich innerhalb der vergangenen zehn Millionen Jahre ereignet haben müssen. Sie konnten zudem auch ein Plutonium-Isotop nachweisen, dessen Ursprung noch Rätsel aufgibt.
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Prof. Anton Wallner vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf hat neue Beweise für eine Serie von Supernova-Ereignissen gefunden, die in den letzten zehn Millionen Jahren in relativer Nähe zur Erde stattgefunden haben. Anstatt den Himmel nach Spuren dieser Sternexplosionen zu scannen, haben sie am Meeresboden gesucht – und wurden fündig. Sie fahndeten dabei nach zwei verschiedenen Isotopen, die beide nicht natürlich auf der Erde vorkommen und die ihren Ursprung im explosiven Ende massereicher Sterne haben. Das Team aus Australien, Israel, Japan, der Schweiz und Deutschland hatte zunächst zehn Millionen Jahre altes Tiefsee-Krustenmaterial aus dem Pazifik auf Eisen-60 untersucht. Das radioaktive Isotop ist ein guter Indikator für nahe Supernova-Ereignisse, also gewaltige Explosionen von Sternen, die sich ereignen, wenn ihnen der Brennstoff zur Neige geht und sie anschließend kollabieren. Dabei werden schwerere chemische Elemente wie Silber und Platin gebildet und in die kosmische Nachbarschaft geschleudert. "Während diese Sternenreste durch den interstellaren Raum wandern, gehen davon auch kleine Mengen auf die Erde nieder und reichern sich im Meeresboden an, darunter auch Eisen-60", erklärt Wallner, der die Forschungsarbeiten an der HIAF-Anlage (Heavy Ion Accelerator Facility) der Australian National University (ANU) in Canberra geleitet hat. "Der Anteil des Eisen-60 aus dem Weltraum in der Kruste ist nur ein Millionstel eines Milliardstels der Menge des normalen Eisens, das auf der Erde natürlich vorkommt."
Um die winzigen Mengen an interstellaren Eisen-60-Atomen zu identifizieren, setzten Wallner und sein Team auf extrem empfindliche Nachweismethoden. Dazu haben die Forschenden die Eisen-60-Spuren nach der chemischen Aufarbeitung der ozeanischen Bodenprobe von anderen, irdischen Isotopen getrennt, und zwar mit dem Schwerionenbeschleuniger der ANU, der weltweit einzigen Anlage, die empfindlich genug für diese Art Forschung ist. Das Alter der einzelnen Schichten der Probe vom Meeresgrund ermittelten sie unabhängig davon über ein anderes radioaktives Isotop, mit Beryllium-10, das auch in den Proben zu finden ist. Die kombinierte Datierung ergab zudem, dass sich der Eisen-60-Eintrag eindeutig in zwei Schüben ereignet hatte, einmal in der Spanne vor vier bis einer Million Jahren, ein weiteres Mal vor etwa sieben Millionen Jahren. "Eisen-60 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 2,6 Millionen Jahren und ist nach etwa zehn Millionen Jahren praktisch nicht mehr nachweisbar. Daher wissen wir, dass unsere Eisen-60-Probe innerhalb dieses Zeitfensters entstanden sein muss", resümiert Wallner. Die Geschichte ist an dieser Stelle aber noch nicht zu Ende: Denn überraschenderweise entdeckte das Forschungsteam auch Spuren von Plutonium-244, von dem die Fachwelt annimmt, dass es bei Supernova-Explosionen oder bei der Verschmelzung von Neutronensternen entsteht. "Wir waren begeistert, interstellares Plutonium in unserem Probenmaterial zu entdecken. Es ist das erste Mal, dass Spuren seines Vorhandenseins in geologischen Archiven der Erde – wie etwa unserem Krustenmaterial – so deutlich gefunden wurden", freut sich Wallner. Ähnlich wie Eisen-60 kommt auch Plutonium-244 nicht natürlich auf der Erde vor. Doch mit einer Halbwertszeit von 81 Millionen Jahren zerfällt es viel langsamer als Eisen-60. In einer ausgeklügelten chemischen Probenaufbereitung konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler winzige Spuren von interstellarem Plutonium-244 abtrennen und mit dem VEGA-Beschleuniger der Australian Nuclear Science and Technology Organisation (ANSTO) in Sydney nachweisen. Dieser Erfolg wurde erst durch jüngste technische Verbesserungen des Verfahrens möglich, denn die nachgewiesenen Konzentrationen des Plutonium-244 waren nochmal 10.000-mal niedriger als die des schon extrem seltenen Eisen-60. Mit dem Auffinden einer anderen Form von Plutonium hatten die Forschenden hingegen schon gerechnet. Bei der Analyse des Krustenmaterials stieß das Team gleich in den obersten, jüngsten Schichten auf menschengemachtes Plutonium, das dort ebenfalls eingebaut wurde: ein Zeitzeuge des Kalten Kriegs, als Atomwaffentests für eine globale Verteilung von Plutonium sorgten. Im Mittel erlebt unsere Galaxie alle hundert Jahre ein bis zwei Supernova-Explosionen. Deshalb hatten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler höhere Mengen an Plutonium-244 in der Probe vom Pazifikboden erwartet – wenn das Element bei solchen Ereignissen entsteht. "Es deutet sehr viel darauf hin, dass dieses Plutonium-244 von den gleichen Supernova-Explosionen wie Eisen-60 stammt. Es könnte jedoch auch von einem viel älteren, aber noch spektakuläreren Ereignis wie etwa einer Neutronenstern-Verschmelzung übrig geblieben sein", spekuliert Wallner. Die erste Variante stünde im Widerspruch zu neueren Arbeiten, die nahelegen, dass Plutonium ausschließlich bei solch seltenen Ereignissen entsteht, die mit der Detonation der ineinander stürzenden Neutronensterne enden. Doch um diese Spekulationen aufzuklären, sind weitere Daten erforderlich. Das gilt ebenso für eine Untermauerung von Vorstellungen, die Supernova-Einflüsse auf das Klima und die Evolution der Erde für denkbar halten. Das Team hofft nun, eine deutlich größere Probe des Krustenmaterials untersuchen zu können, um Einblicke in eine noch weiter zurückliegende Zeit zu bekommen – bis ins späte Oligozän, vor rund 25 Millionen Jahren. Dabei soll die Suche auf andere interstellar gebildete Isotope ausgedehnt werden. So wollen die Forschenden mehr über die Ursprünge der schweren Elemente des Periodensystems erfahren. Über ihre Untersuchungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Science erschienen ist.
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