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SEDIMENTE
Spuren von Supernovae auf dem Meeresgrund
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf
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25. August 2020

Ein internationales Forschungsteam hat Tiefsee-Sedimentproben, die rund 1000 Kilometer vor der Südwestspitze Australiens genommen wurden, analysiert und so festgestellt, dass die Erde seit mindestens 33.000 Jahren durch eine interstellare Wolke wandert. Woher die Wolke allerdings genau stammt, bleibt weiterhin ungeklärt. Eventuell waren gleich mehrere Supernovae dafür verantwortlich.

Sedimente

Anhand der Ablagerungen des interstellaren Isotops Eisen-60 in Tiefsee-Sedimenten können Forschende mögliche Supernova-Explosionen aufspüren. Bild: HZDR /Juniks / NASA / Goddard / Adler / U.Chicago / Wesleyan [Großansicht]

"Interstellare Wolken könnten Überreste früherer Supernova-Explosionen sein", erklärt Prof. Anton Wallner, der die Forschungsarbeiten an der Australian National University (ANU) in Canberra geleitet hat und nun am Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und der TU Dresden forscht. Bei Untersuchungen von Tiefsee-Sedimenten aus dem Südostindischen Becken waren die Forscherinnen und Forscher auf die Spur eines kontinuierlichen Staubeintrags aus dem interstellaren Raum gestoßen.

Sedimente sind geologische Archive: Sie konservieren die Zusammensetzung ihrer Umgebung über Millionen von Jahren hinweg. Das Hauptaugenmerk der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Wallner galt dem Gehalt der untersuchten Sedimentschichten an einem sehr besonderen Isotop: Eisen-60. In den letzten Tausenden von Jahren hat sich unser Sonnensystem durch eine dichtere Gas- und Staubwolke bewegt, die als lokale interstellare Wolke bekannt ist, aber deren Ursprung unklar bleibt. "Wäre diese Wolke in den letzten Millionen Jahren aus einer Supernova entstanden, würde sie Eisen-60 enthalten – deshalb interessieren wir uns gerade für Sedimente jüngeren Entstehungsdatums, also der Zeit, die der Reise durch die interstellare Wolke entspricht", beschreibt Wallner die Grundidee seines Teams.

Eisen-60 entsteht, wenn massereiche Sterne bei Supernova-Explosionen sterben. Auf der Erde kommt es in natürlicher Form praktisch nicht vor. Eisen-60 selbst ist radioaktiv und nach etwa 15 Millionen Jahren fast vollständig zerfallen und somit nicht mehr nachweisbar. Auf der Erde vorhandenes Eisen-60 muss also deutlich jüngeren Ursprungs als die etwa 4,6 Milliarden Jahre alte Erde sein.

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Die Forschenden nehmen an, dass eine relativ nahe Supernova in den letzten Millionen Jahren das Eisen-60 produziert hat, das dann seinen Weg auf den Meeresboden und in die Sedimentablagerungen fand. Bereits bei früheren Untersuchungen konnte das Team um Wallner Spuren von Eisen-60 in etwa 2,6 Millionen Jahre alten Schichten und einen weiteren Eintrag vor etwa 6 bis 7 Millionen Jahren nachweisen. Ähnliche Ergebnisse lieferte außerdem vor Kurzem eine Gruppe der TU München für antarktischen Schnee. Dies deutet darauf hin, dass die Erde schon in den letzten Jahrmillionen durch Staubwolken reiste, die aus nahegelegenen Supernovae entstanden sind.

In ihrer Arbeit nahmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun die jüngeren Sedimente unter die Lupe. Ihre Methode der Wahl: die Beschleuniger-Massenspektrometrie (Accelerator Mass Spectrometry, AMS). Am DREsden Accelerator Mass Spectrometry (DREAMS)-Labor des HZDR bereiteten Dr. Silke Merchel und Dr. Jenny Feige zunächst die Sedimente chemisch auf. Im Anschluss daran wurde sowohl an DREAMS als auch an der AMS-Anlage VERA der Universität Wien das Alter der Proben bestimmt.

Das Ergebnis: Die untersuchten Sedimente überstreichen die letzten 33.000 Jahre und tragen demnach Informationen über Veränderungen der Umwelt ab dem Jungpleistozän in sich. Die ältesten Proben haben damit ein vergleichbares Alter wie die ältesten bisher gefundenen fossilen Überreste früher menschlicher Bewohner des australischen Kontinents. An der HIAF-Anlage (Heavy Ion Accelerator Facility) der ANU suchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mithilfe eines äußerst empfindlichen Beschleuniger-Massenspektrometers schließlich nach Eisen-60. Nur mit dieser Anlage können sie die milliardenfach häufigeren Atome ähnlicher Masse abtrennen und einzelne Eisen-60 Atome nachweisen.

Tatsächlich enthielten alle untersuchten Sedimente Eisen-60. Die aufgezeigten Konzentrationen sind jedoch extrem niedrig: Insgesamt wies der Teilchendetektor nur neunzehn einzelne Eisen-60-Atome nach. Die Forschenden schätzen, dass in den vergangenen 33.000 Jahren insgesamt nur 60 Gramm Eisen-60 aus dem Sternenstaub verteilt über der gesamten Erde niedergegangen sind. Die beobachtete Verteilung des Eisen-60 im Sediment lässt sich einzelnen Epochen zuordnen und bezeugt die jüngste Reise unseres Sonnensystems durch die lokale interstellare Wolke.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten den Eintrag des Isotops in die Sedimente zeitlich jedoch noch weiter zurückverfolgen, in eine Zeit, als sich unser Sonnensystem außerhalb der aktuellen interstellaren Wolke befand. Die mangelnde Korrelation mit der Dauer des Aufenthalts unseres Sonnensystems in der lokalen interstellaren Wolke wirft Fragen auf: Wenn die Wolke selbst nicht ihren Ursprung in der Eisen-60 erzeugenden Supernova-Explosion hat, woher kam sie dann? Von früheren Supernova-Explosionen? Und warum ist Eisen-60 so gleichmäßig im lokalen interstellaren Raum verteilt?

"In neueren Veröffentlichungen weisen Kolleginnen und Kollegen darauf hin, dass das in Staubpartikeln eingeschlossene Eisen-60 im interstellaren Medium mehrmals reflektiert worden sein könnte, also gewissermaßen 'herumgeschubst' wurde", erklärt Wallner. "Das nachgewiesene Eisen-60 könnte also noch von älteren Supernova-Explosionen stammen, und wir messen eine Art Echo dieser kosmischen Eruptionen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass weitere Messungen von Eisen-60 erforderlich sind, um diesen neuen Fragen nachgehen zu können."

Über die Ergebnisse ihrer Untersuchung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen ist.

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siehe auch
Eisen-60: Halbwertzeit bislang deutlich unterschätzt - 27. August 2009
Supernovae: Spuren in 5.000 Metern Tiefe - 18. November 2004
Links im WWW
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
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