Magnetfelder am Ereignishorizont im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
23. April 2021
Wie kommt man den Geschehnissen in unmittelbarer Nähe des
Ereignishorizonts von supermassereichen Schwarzen Löchern noch besser auf die
Spur? Gelingen könnte dies durch die präzise Kartierung von Magnetfeldern in
dieser Region. Eine Methode dafür soll nun mithilfe einer Förderung des
Europäischen Forschungsrats entwickelt und ausprobiert werden.
Magnetfelder im Zentrum aktiver Galaxien.
Oben: polarisierte Strahlung vom Schwarzen Loch
in M87. Mitte: Simulationen der Photosphäre um
das zentrale Schwarze Loch und des Jets in M87.
Unten: Künstlerische Ansicht des Zentrums.
Bild: Eduardo Ros (EHT-Kollaboration 2021;
Nakamura 2020; Tchekhovskoy 2015) [Großansicht] |
In vielen Galaxienzentren befinden sich supermassereiche Schwarze Löcher.
Alle Bemühungen, sie direkt nachzuweisen, leiden darunter, dass uns keine
Information aus deren Inneren direkt erreicht. Nun hat Professor Anton Zensus,
Direktor am Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn und
Gründungsvorsitzender der Event-Horizon-Telescope Kooperation eine
unabhängige Methode vorgeschlagen, um aus den bisher vorhandenen
Erklärungsansätzen jene herauszufiltern, die tragfähig sind. Gleichzeitig kann
es mit dieser Methode gelingen, die energiereichen Plasmaausflüsse oder Jets,
die von vielen Schwarzen Löchern ausgestoßen werden, zu erklären. Das Projekt
wird mit einem ERC Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro gefördert.
Ziel der neuen Methode ist, die Magnetfelder in unmittelbarer Nähe des
Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs, also der Entfernung, ab welcher kein
Licht mehr entweichen kann, präzise zu beobachten. "Diese Region ist von
zentraler Bedeutung, denn sie spiegelt die fundamentale Physik eines Schwarzen
Lochs wider. Erfahren wir mehr über diese Region, werden wir erklären können,
wie die bereits beobachteten Plasmaausflüsse, auch Jets genannt, entstehen",
erklärt Zensus. "Verstehen wir, wie sich Magnetfelder in der unmittelbaren
Umgebung eines Schwarzen Loches verhalten, dann haben wir eine Erklärung dafür
gefunden, wie das Schwarze Loch diese Jets antreibt. Gleichzeitig werden wir
einige alternative Erklärungen von Schwarzen Löchern ausschließen können."
Aktive galaktische Kerne sind die extremsten Energiequellen des Universums.
Oft überstrahlen sie sogar die gesamte Galaxie, in der sie sich befinden. Man
geht davon aus, dass bei der Erzeugung dieser Energien und deren Transport nach
außen rotierende supermassereiche Schwarze Löcher, die sie umgebenden
rotierenden Gasscheiben, relativistische Plasma-Jets sowie Magnetfelder eine
zentrale Rolle spielen. Die Einzelheiten dieses Prozesses sind aber noch
unerforscht.
Relativistische Plasma-Jets wurden durch die Zusammenschaltung von
Radioteleskopen auf der gesamten Erde bereits abgebildet. Der Event-Horizon-Telescope-Kollaboration
(EHT) ist es zudem gelungen, den Schattenriss des mutmaßlichen supermassereichen
Schwarzen Loches in der Galaxie M 87 mit ausreichender Empfindlichkeit und
Auflösung abzubilden, um theoretische Vorhersagen aus der Allgemeinen
Relativitätstheorie zu bestätigen. Um jedoch die Existenz Schwarzer Löcher
endgültig nachzuweisen und ihre physikalischen Eigenschaften zu bestimmen, sind
genaue Informationen über das Magnetfeld in der Nähe des Ereignishorizonts
erforderlich.
Diese Region präzise zu beobachten, ist eine große Herausforderung, die nicht
allein durch Verbesserungen der EHT-Abbildung realisiert werden kann. Deshalb
hat Zensus zusammen mit Forschern und Forscherinnen am Max-Planck-Institut für
Radioastronomie eine neuartige Herangehensweise entwickelt. Ziel seines Projekts
mit dem Kürzel M2FINDERS ist es, technische und radioastronomische Methoden so
weiterzuentwickeln, dass Magnetfelder in der Umgebung von Schwarzen Löchern
präzise kartiert werden können.
In Aktiven Galaktischen Kernen, in denen man Schwarze Löcher vermutet, soll
dabei die Polarisation der beobachtbaren Radiostrahlung bestimmt werden.
Polarisiert heißt Strahlung, die in einer bestimmten Ebene schwingt, so wie eine
Gitarrensaite. Den Effekt der Polarisation nutzen zum Beispiel einige
Sonnenbrillen, um unerwünschte Reflektionen herauszufiltern. Polarisation, die
man in astronomischen Objekten beobachtet, ist fast immer ein sicheres Indiz für
Magnetfelder.
Die durch die mit weiter entwickelten Technologien bestimmten Magnetfelder
sollen mit neuartigen Methoden zur Bildanalyse und Modellierung relativistischer
Strömungen kombiniert werden. Dies wird zu präzisen Informationen über die
Stärke und Struktur des Magnetfelds in der Nähe des Ereignishorizonts führen und
entscheidende, unabhängige Beweise für die Existenz von Schwarzen Löchern und
ihren Ereignishorizonten liefern, welche die EHT-Bildgebung ergänzen sollen.
Mit dem Advanced Grant zeichnet der Europäische Forschungsrat (European
Research Council, ERC) führende Forschende aus, die exzellente Forschung mit
innovativen Ansätzen verbinden. Die hoch dotierte Förderung unterstützt
Projekte, die das Potenzial für einen wissenschaftlichen Durchbruch auf ihrem
Forschungsgebiet besitzen. Nur etwa 10 Prozent aller Projektvorschläge werden
gefördert.
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