Die Herkunft unseres Wassers
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
12. April 2021
Die Existenz von Wasser auf einem Planeten gilt als
wichtige Voraussetzung für Leben - dies ist insbesondere für das irdische Leben
der Fall. Doch woher stammt dieses Wasser eigentlich? Ein Team von Forscherinnen und
Forschern hat den aktuellen Kenntnisstand dazu jetzt zusammengetragen. Sie
stützen sich dabei vor allem auf Daten des Infrarotteleskops Herschel.
Die Reise des Wassers von interstellaren
Wolken bis hin zu bewohnbaren Welten.
Bild: ESA / ALMA / NASA / L. E. Kristensen [Großansicht] |
Die niederländische Astronomin Ewine van Dishoeck von der Universität Leiden
und dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching hat
zusammen mit einem internationalen Team einen Übersichtsartikel verfasst, der
den Weg des Wassers im interstellaren Raum in bisher nicht bekannter Genauigkeit
nachzeichnet. Die Erkenntnisse basieren im Wesentlichen auf Beobachtungen des
Herschel-Weltraumobservatorium der ESA, das von 2009 bis 2013 im
Einsatz war. Der Artikel fasst die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und liefert
neue Informationen über den Ursprung von Wasser auf neuen, möglicherweise
bewohnbaren Welten.
Wie und wo entsteht Wasser im interstellaren Raum? Wie gelangt es schließlich
auf Planeten wie beispielsweise die Erde? Diese Fragen waren vor zehn Jahren
noch nicht gut verstanden. Ein Grund besteht darin, dass Beobachtungen mit
bodengebundenen Teleskopen durch den Wasserdampf in unserer eigenen Atmosphäre
beeinflusst werden. Im Jahr 2009 startete die ESA das Weltraumteleskop
Herschel, das im fernen Infrarotbereich beobachten konnte und bis 2013 im
Einsatz war.
Eines der Hauptziele von Herschel war die Erforschung von Wasser im
Weltraum. In den letzten Jahren wurden Dutzende von wissenschaftlichen Artikeln
veröffentlicht, die auf Daten von Herschel über Wasser basieren. Nun
wurden diese Ergebnisse zusammengefasst und um neue Erkenntnisse erweitert. Der
neue Übersichtsartikel beschreibt den Weg des Wassers während des gesamten
Sternentstehungsprozesses, einschließlich der Zwischenstadien, die bisher wenig
Beachtung gefunden hatten.
Das meiste Wasser bildet sich als Eis auf winzigen Staubpartikeln in kalten
und dünnen interstellaren Wolken vor der Sternentstehung, wie eine Arbeit, die
von MPE-Direktorin Paola Caselli geleitet wurde, zeigte. Kollabiert eine solche
Wolke zu neuen Sternen und Planeten, bleibt dieses Wasser weitgehend erhalten
und wird schnell in Staubpartikeln, die so groß wie Kieselsteine werden können,
verankert. In der rotierenden Scheibe um den jungen Stern bilden diese
Kieselsteine dann die Bausteine für neue Planeten.
Außerdem haben die Forscher berechnet, dass die meisten neuen Sonnensysteme
mit genügend Wasser geboren werden, um mehrere tausend Ozeane zu füllen. "Es ist
faszinierend zu erkennen, was in einem Glas Wasser steckt, das man trinkt", so
Ewine van Dishoeck. "Die meisten dieser Moleküle entstanden vor mehr als 4,5
Milliarden Jahren in der Wolke, aus der sich unsere Sonne und die Planeten
gebildet haben."
Viele der früheren Herschel-Ergebnisse konzentrierten sich auf
heißen Wasserdampf, der in der Nähe von neu entstehenden Sternen deutlich
sichtbar ist und reichlich produziert wird. Aber dieses heiße Wasser geht durch
starke Ausströmungen des jungen Sterns ins All verloren. Während die Forscher
den Übersichtsartikel verfassten, gewannen sie mehr und mehr Einblick in die
Chemie des kalten Wasserdampfes und des Eises. So konnten sie beispielsweise
zeigen, dass interstellares Eis Schicht für Schicht auf Staubpartikeln wächst.
Diesen Schluss zogen sie aufgrund der schwachen Signale von schwerem Wasser.
Für die Zukunft hoffen die Forscher, mehr Wasser im Universum untersuchen zu
können, vor allem in gerade entstehenden Planetensystemen. Das könnte allerdings
noch eine Weile dauern, da das nächste mit Herschel vergleichbare
Weltraumteleskop frühestens im Jahr 2040 starten soll. "Es gab eine Chance, dass
ein 'Wasserteleskop' um 2030 ins All gehen würde, aber dieses Projekt wurde
gestrichen", so van Dishoeck. "Das ist schade, aber es war ein zusätzlicher
Grund für unser Team, den Übersichtsartikel über Wasser zu schreiben. Auf diese
Weise haben wir ein kollektives Gedächtnis, wenn eine neue Mission ansteht."
Außerdem wird Ende 2021 das James-Webb-Weltraumteleskop gestartet,
mit dem in einer europäisch-amerikanischen Kollaboration gebauten
MIRI-Instrument an Bord. Dieses soll in der Lage sein, warmen Wasserdampf in den
innersten Zonen von Staubscheiben aufzuspüren und somit einen Teil des bisher
unerreichbaren Wassers zu beobachten. Und die ALMA-Teleskope in Chile können vom
Boden aus Wasserdampf im All beobachten. Dazu gehört auch Wasser in fernen
Galaxien, das sich bei im Vergleich zur Erdatmosphäre verschobenen Wellenlängen
beobachten lässt.
Herschel war ein Weltraumteleskop der europäischen Weltraumagentur
ESA, das in Zusammenarbeit mit der NASA gebaut wurde. Seine Instrumente HIFI und
PACS wurden für die Wasserforschung eingesetzt. HIFI wurde von einem Konsortium
von Instituten und Universitätsabteilungen aus ganz Europa, Kanada und den
Vereinigten Staaten unter der Leitung des SRON Netherlands Institute for Space
Research entwickelt und gebaut, mit wichtigen Beiträgen aus Deutschland,
Frankreich und den USA. Das PACS-Instrument wurde von einem Konsortium von
Instituten und Universitäten aus ganz Europa unter der Leitung des
Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Deutschland entwickelt.
Ewine van Dishoeck leitete die Wasserforschung im Rahmen des WISH-Programms (Water
in Star-forming regions with Herschel).
Der Übersichtsartikel ist in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics
erschienen.
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